ARM-Prozessoren gelten als energiesparende Alternative zu anderen CPU-Architekturen. Bislang haben sie sich jedoch nur auf den Märkten für Smartphones und Embedded-Anwendungen durchgesetzt. Der Chiphersteller Socionext hat nun die Markteinführung einer neuen Multicore-CPU auf Basis des 64-Bit-Prozessorkerns ARM-Cortex-A53 angekündigt, die den ARM-Low-Power-Prozessoren neue Anwendungsgebiete erschließen soll.
Der Multikernprozessor SC2A11 verfügt über 24 Kerne, drei Cache-Levels und diverse Schnittstellen. Untergebracht ist er in einem 30 x 30 mm kleinen BGA-Gehäuse. Das Design des SC2A11 beruht auf der Annahme, wonach viele kleine Kerne wenigen großen Kernen überlegen sind. Dieser Überlegung liegt die Beobachtung zugrunde, dass Systeme mit großen, leistungsstarken Kernen auf Virtualisierung zurückgreifen müssen, um einem Kern mehrere kleinere Prozesse zuteilen zu können. Da der SC2A11 hingegen über viele kleine Kerne verfügt, kann das Betriebssystem ihnen direkt Prozesse zuteilen, ohne auf Virtualisierung angewiesen zu sein. Das setzt Hardware- und Software-Ressourcen frei, während zugleich der Energieverbrauch des Systems sinkt. Mit Socionext DDT (Direct Data Transaction) hat der Chiphersteller außerdem eine Inter-CPU-Kommunikationstechnologie entwickelt, bei der SC2A11-Prozessoren über PCIe-Schnittstellen miteinander kommunizieren. Implementiert ist die Technik mittels eines weiteren Chips, dem SC2A20. Dieser fungiert als PCIe-Hub, der bis zu acht CPUs miteinander verbinden kann. In herkömmlichen Multiprozessorsystemen sind CPUs dagegen über Ethernet oder proprietäre Bussysteme miteinander vernetzt, was meist mit hohem Stromverbrauch verbunden ist.
Bis zu 64 CPUs miteinander verknüpfbar
Neben dem geringeren Energieverbrauch erleichtert DDT auch das Skalieren von Systemen. Ein SC2A11 mit 24 Prozessorkernen mag zum Beispiel für ein Basissystem genügen. Wird allerdings mehr Leistung benötigt, lassen sich mit Hilfe eines zweiten Layer über SC2A20-PCIe-Hubs sogar bis zu 64 CPUs miteinander verbinden.
Socionext bietet um den SC2A11 ein Hardware- und Software-Ökosystem an: Die Processor Extension Card (PEC) enthält den SC2A11 Prozessor, externen Speicher, einen Taktgenerator und eMMC. Für Basissysteme mit 24 Kernen gibt es eine Adapterkarte mit Einschub für eine PEC. Die Karte enthält die Stromversorgung und dient als PEC-Interface-Terminator. Mit Hilfe von SBB-Karten (System Bridge Boards) können Anwender größere Mehrprozessorsysteme aufbauen. An einer SBB lassen sich bis zu 8 PECs anschließen; somit werden Systeme mit 192 Kernen möglich. Die Konstruktion noch größerer Systeme ist über ein TOR-Board (Top of Rack) realisierbar. Acht SBB-Karten mit je acht PECs können zu einem sehr leistungsfähigen System mit 1536 Kernen verbunden werden. Für Anwendungen, die hohe Zuverlässigkeit erfordern, ist die SBB-Karte zusätzlich als Systemmanager einsetzbar. Über einen dedizierten, ausschließlich der Systemverwaltung dienenden Ethernet-Bus ist somit die Fehlererkennung und Zustandsüberwachung jedes einzelnen Kerns auf allen CPUs möglich.
Ein Leistungsvergleich zeigt, dass der Energiebedarf des SC2A11 – gemessen bei gleicher Rechenleistung (DMIPS) – bei rund einem Drittel des Verbrauchs anderer Prozessoren liegt. Entsprechend erbringt der SC2A11 – gemessen bei identischem Energieverbrauch – ungefähr die dreifache Rechenleistung. Der reduzierte Energiebedarf erhöht die Umweltverträglichkeit der Endprodukte und senkt die Systemkosten, weil zum Beispiel auch die Anforderungen an die Kühlung weniger komplex sind.
Integrierter Schutz dank Secure Ethernet Processor
Systemsicherheit ist im Zeitalter des Internet of Things ein ebenso wichtiges Thema. Mit der zunehmenden Vernetzung der Systeme gewinnen Risikofaktoren wie unberechtigter Zugang und Hacking immer mehr an Gewicht. Aus diesem Grund verfügt der SC2A11 über eine Reihe integrierter Sicherheitsfunktionen. Er unterstützt die OPAL-Architektur, mit der Mechanismen wie Secure Boot und Encrypted Boot mit Trustzone-Technologie möglich sind. Darüber hinaus besitzt jeder SC2A11 einen Secure Ethernet Processor (SEP). Hierbei handelt es sich um einen dedizierter Prozessorkern, der für die sichereKommunikation in Ethernet-basierten Netzwerken sorgt und zugleich die CPU entlastet.
Aufgrund seiner Eigenschaften bietet sich der SC2A11 auch für Einsatzgebiete an, in denen ARM-Prozessoren bislang nicht verwendet worden sind. Zum Beispiel ist der Multikernprozessor für das Media Processing geeignet. Socionext hat für den SC2A11 einen flexiblen, softwarebasierten Video-Decoder konzipiert. Zusammen mit dem Video-Encoder-Chip MB86M30 wurde ein x-to-HEVC Transcoder entwickelt, der alle gängigen Videoformate akzeptiert und in den aktuellen HEVC-Standard konvertiert. Das modular aufgebaute System ermöglicht die Parallelisierung, das heißt die gleichzeitige Bereitstellung vieler HEVC-Streams. Darüber hinaus eignet sich der SC2A11 für eine Vielzahl von Anwendungen - von der industriellen Automatisierung bis zur medizinischen Bildgebung.