Performance zwischen Maschinen und Cloud Was kann die Intelligent Edge?

Da für schnelle Entscheidungsprozesse an der Maschine jede Sekunde zählt, setzen Smart-Factory-Konzepte auf Edge und Fog Computing als Ergänzung zur Cloud.

Bild: iStock, gremlin
12.02.2020

Für schnelle Entscheidungsprozesse an der Maschine zählt jede Sekunde, doch die Auswertung, Analyse und Übertragung von immer mehr Daten in die Cloud und das Zurückspielen an deren Entstehungsort, dauern aktuell oft zu lange. Moderne Smart-Factory-Konzepte setzen deshalb auf Edge und Fog Computing als Ergänzung zur Cloud. Aber wie funktioniert das eigentlich genau?

Eine Public-Cloud-Lösung bedingt eine ständige Online-Verbindung und hohe Bandbreiten. Selbst eine Private Cloud im eigenen Rechenzentrum hat dieses Manko. Aktuelle Cloud-Konzepte, insbesondere wenn es um die Steuerung von Maschinen geht, sehen deshalb vor, nicht alle Daten in eine weit entfernte Cloud zu transportieren, sie dort zu verarbeiten und dann die ermittelten Parameter wieder zurückzuspielen.

Stattdessen sollen die Daten dort verarbeitet werden, wo sie benötigt werden und erst später - und nicht im vollen Umfang - in die Cloud wandern. Am Edge, dem Rande des Netzwerks, also am Übergang zu den Maschinen, sind dafür die sogenannten Edge-Computer im Einsatz. Sie verfügen mittlerweile über so viel Prozessor-Power und Speicherkapazität, dass sie für standardisierte, schnelle Auswertungen von Maschinendaten geeignet sind.

Intelligent Edge bedeutet nah am Prozess

Die Rechenleistung von der Edge bis zur Cloud ist skalierbar, wodurch die Aufgaben einzelner Prozesse exakt an die Gegebenheiten angepasst werden können. Im ersten Schritt werden auf Hochleistungsservern Aufgaben trainiert, die noch zeitunkritisch erfolgen können. Das trainierte Modell kann dann im Realprozess auf Abruf sofort – nahe am Prozess und in der Edge – angewendet werden.

Zukünftig sollen möglichst viele Rohdaten von Sensoren und Maschinen in der sogenannten ‚Intelligent Edge‘ statt in der Cloud verarbeitet werden, denn so können Daten nah am Entstehungsort und vor dem Übergang ins Netz, anhand trainierter Modelle gefiltert, verarbeitet und analysiert werden.

Dadurch wird die Regelschleife schnell und effizient, direkt am Prozess gehalten. Die benötigte Skalierbarkeit wird durch neue Technologien, wie die ‚Containerisierung‘ von komplexen Funktionen oder die Schaffung von digitalen Zwillingen erreicht. Dadurch werden auch die sogenannten ‚Software Defined Machines‘ möglich, die sogar das Ausgliedern leistungsfähiger Tools wie Edge Analytics, KI oder Machine Learning ermöglichen.

Worauf es bei Edge-Computing ankommt

Die für Edge-Computing benötigte Flexibilität wird durch Embedded-Computing-Lösungen erreicht, die zum Beispiel auf den weltweit standardisierten Formfaktor-Spezifikationen SMARC 2.0 (Smart Mobility Architecture) und COM Express basieren. Ein Beispiel für eine kostengünstige Lösung mit garantierter Latenz und Quality-of-Service zur Steuerung von Industrie 4.0-Architekturen ist das Kontron SMARC-sAL28 Modul mit bis zu fünf TSN-fähigen 1GB-Ethernet-Ports.

Wo On-Premise der Aufbau einer Private Cloud gewünscht ist, kommen Industrial Server zum Einsatz. Diese sind dann mit den Edge Devices – oder für höhere Rechenleistung mit sogenannten Fog Computern – verbunden und speichern die gesammelten Daten in der lokalen Cloud. Zudem übernehmen sie übergeordnete Sicherungsaufgaben oder die Datenaufbereitung für die Public Cloud.

Für diese Aufgaben werden Industrierechner-Plattformen mit einer hohen Modularität und flexiblen Storage-Möglichkeiten benötigt, die auf den aktuellsten Intel-Core- und Server-Class-Intel-Xeon-Prozessoren basieren. Der kompakte Zinc-Cube-SKD-Embedded-Server und die Kiss-Familie von Kontron wurden beispielsweise speziell für rechenintensive Anwendungen – wie KI oder Machine Learning – konzipiert.

Bei Edge-Computern ist es außerdem wichtig, unterschiedliche Sensoren oder SPS-Geräte anbinden zu können, um von diesen Informationen für moderne Anwendungen zur Datenanalyse und Prozessoptimierung zu gewinnen. Die Kontron KBox-Serie umfasst ein breites Portfolio an Edge-und Fog-Computern, die mit klassischen Feldbus-Interfaces oder TSN-Netzwerk-Schnittstellen ideale Gateways im Industrieumfeld darstellen.

Neue Herausforderungen für Systemintegratoren

Diese zunehmende Vernetzung industrieller Computersysteme stellt Systemintegratoren natürlich vor neue Aufgaben und Herausforderungen. S&T Technologies hat zu diesem Zweck das IoT Software Framework SUSiEtec entwickelt, das als ‚Klebstoff‘ die sichere Verbindung der Geräte untereinander und mit der Cloud herstellt.

SUSiEtec fügt die IoT-Infrastruktur – vom Sensor beziehungsweise Aktor über den Edge Computer und die Embedded Cloud, bis zur Private oder Public Cloud – wie Puzzleteile zusammen und verbindet diese zu einem Gesamtpaket. Ergänzend verfügt SUSiEtec über die Fähigkeit zur Integration von Machine Learning, um auf Basis vorliegender Daten eigene Entscheidungen vorschlagen zu können – echte KI also?

Durch die Unterstützung von offenen Standards, wie OPC UA und TSN lassen sich auch Schnittstellenprobleme mittelfristig beheben. Die Boards, Gateways, Module und Systeme von IoT-Anwendungen sollten mit TPM-2.0-Bausteinen und speziellen Sicherheitstechnologien vor Raubkopien, Reverse Engineering und unerlaubte Änderungen geschützt werden. Neben TPM-Chips verfügen die Edge-Produkte von Kontron über die CodeMeter-Technologie von Wibu-Systems. Durch die dadurch sichergestellte ‚Trusted Hardware‘ können Standardtechnologien mit sicheren Betriebssystemen implementiert werden.

SUSiEtec arbeitet nahtlos mit Microsoft-IoT-Edge zusammen, was die Nutzung von Microsoft Azure als Public-Cloud-Lösung erlaubt. Mit diesem System wird noch einmal eine deutliche Beschleunigung der Reaktionszeiten in Prozessen ermöglicht. Microsofts Azure-IoT-Edge-Services stellt die nahtlose Skalierbarkeit der Rechenleistung zwischen Computing-Ressourcen in der Intelligent Edge, in der Embedded Cloud, im On-Premise-Rechenzentrum oder in der Public Cloud sicher.

All diese sind technisch gesehen Container, in denen Software-Funktionen abgebildet werden und die sich dann zwischen Cloud und Edge-Geräten verschieben lassen. So kann flexibel – in Abhängigkeit vom gewünschten Sicherheits- und Leistungsniveau – entschieden werden, wo die Datenaufbereitung und -analyse erfolgen soll.

Neue mögliche Geschäftsmodelle

Die Aufgabenbereiche für Edge-Computer erweitern sich kontinuierlich durch neue Technologien für Hardware und Software sowie Connectivity. Maschinen werden zukünftig mit ihrem vollen Funktionsumfang in der Software implementiert sein. Der nutzbare Funktionsumfang lässt sich dann je nach Art und Lizenz über die Software sehr einfach freischalten – natürlich ergeben sich daraus völlig neue und spannende Geschäftsmodelle für Unternehmen!

Daten erfassen, intelligent verarbeiten, Prozesse effizient optimieren und übergeordnete Informationsplattformen zur Verfügung stellen: Für moderne Smart Factories sind Hybrid-Cloud-Architekturen bestehend aus einer eigenen On-Premise-Architektur mit Edge- und Fog-Computern sowie der Nutzung einer Public Cloud oftmals die ideale Kombination.

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