Investition in ein neues Spritzgusswerkzeug Weniger Material, Energie und CO2

Phoenix Contact Deutschland GmbH

Keine Verschwendung, stattdessen die möglichst sparsame sowie zielgerichtete Nutzung nicht nachwachsender Ressourcen wie Plastikgranulat ist das Ziel.

08.05.2024

Welche Potenziale hat das Spritzgießen im Hinblick auf einen sparsameren Umgang mit Kunststoffgranulat und Energie? Und welche Potenziale bieten insbesondere die Werkzeuge, die aufgrund ihrer Langlebigkeit bereits ein beachtliches Alter aufweisen? Denn sie stammen schließlich aus einer Zeit, in der die Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit in der breiten Öffentlichkeit noch kaum im Bewusstsein waren.

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Antworten auf diese Fragen hat Phoenix Contact bei der exemplarischen Umstellung eines Werkzeugs für Auswerfhebel für Relaismodule gefunden. Weniger Müll, weniger Material, weniger Energie, weniger CO2-Ausstoß: Die Kosten von rund 100.000 Euro für den Bau des neuen Werkzeugs waren schnell wieder eingefahren. Der Return on Investment (ROI) betrug dabei unter ein Jahr. Es lohnt sich also, gerade bei älteren Werkzeugen genau hinzuschauen.

Relaismodule bestehen bei Phoenix Contact aus einem Leistungskontaktrelais mit einem Relaissockel samt Auswerfer in Hebelform. Die Komponenten gehören in der Elektroindustrie und im Schaltschrankbau zur etablierten Technik – und das seit Jahrzehnten. Die Produktionsmengen sind entsprechend hoch. Da es sich bei Relais um sogenannte Dauerläufer handelt, kommen die Produktionsmittel lange zum Einsatz. Ein Beleg dafür stellt das Spritzgusswerkzeug für die orangefarbigen Auswerfer zum Trennen des Relais vom Sockel dar, als dessen Baujahr 1996 angegeben ist. Die Einheit tut somit seit knapp 40 Jahren ihren Dienst. Wäre es ein Auto, würde das Spritzgusswerkzeug zu den Oldtimern mit H-Kennzeichen zählen. Dass Phoenix Contact jetzt für dieses Bauteil ein neues Werkzeug in Auftrag gegeben hat, findet seinen Grund nicht in einer mangelnden Fertigungsqualität, sondern in Aspekten der Nachhaltigkeit – hier speziell zum Schutz knapper Ressourcen.

Rohstoffknappheit als maßgeblicher Auslöser

Keine Verschwendung, stattdessen die möglichst sparsame sowie zielgerichtete Nutzung nicht nachwachsender Ressourcen. Ein solch nachhaltiges Handeln rechnet sich auch wirtschaftlich, wie das Beispiel des Spritzgusswerkzeugs für die Auswerfer zeigt. Moderne Werkzeuge schlagen nicht selten mit einem hohen fünfstelligen Betrag zu Buche. Wie bereits erwähnt, kostet das neue Werkzeug für die Auswerfer etwa 100.000 Euro. Diese hohe Investitionssumme macht es nachvollziehbar, einmal gebaute Werkzeuge so lange wie möglich zu verwenden – sogar, wenn diese schon längst außerhalb steuerlicher Abschreibungszeiten liegen.

Diese Aussage trifft ebenfalls auf das Mitte der 1990er Jahre in Betrieb gegangene Werkzeug für die Auswerfer zu. Doch warum neu erstellen, wenn die vorhandene Einheit gemäß dem Prinzip „never change a running system“ weiterhin gut läuft? Abgesehen vom Klimaschutz und der Nachhaltigkeit gehört die aktuelle Rohstoffknappheit zu den maßgeblichen Auslösern, an dieser Stelle Geld in die Hand zu nehmen. Die Entscheidung lässt sich mit wenigen Zahlen belegen. Vor dem Werkzeugwechsel hat der Standort von Phoenix Contact in Bad Pyrmont pro Jahr rund 21 t Granulat für die Hebel verbraucht. Beim Kunststoff handelt es sich um ein durchgefärbtes Polyamidgranulat, das aufgrund der erforderlichen mechanischen Festigkeit glasfaserarmiert ist. Glasfasern geben Halt und sind wirksam gegenüber Biegekräften. Diese Eigenschaft macht es aber unmöglich, Angüsse als Recyclat wieder in den Produktionskreislauf zu überführen.

Nicht recycelbarer Anguss entfällt

Worin besteht also der maßgebliche Unterschied vom alten zum neuen Werkzeug? Das neue Sechzehnfach-Werkzeug verzichtet auf sämtliche Angusskanäle und arbeitet prinzipiell mit einem sogenannten Heißkanalsystem. Feine Düsen spritzen den flüssigen Kunststoff direkt in die Form, während diese präzise schließt, um zu entlüften. Sichtbares Zeichen für den Spritzguss mit Heißkanälen ist eine kleine Vertiefung an den gefertigten Teilen – Kalotte genannt. „Sie resultiert aus der Tatsache, dass dort die Düse im Werkzeug platziert ist“, erklärt Marco Schröder, Teamleiter in der Bauteilefertigung bei Phoenix Contact in Bad Pyrmont.

Beim Auswerfer befindet sich die Einbuchtung in einem Bereich, der nach der Montage nicht sichtbar im Inneren der Relaisklemme liegt. Was sich zunächst simpel anhört, zog wegen der Designänderung ein anspruchsvolles Genehmigungsverfahren nach sich. Die Arbeit und der Aufwand für die komplette Neukonstruktion des Werkzeugs hat sich trotzdem gelohnt – und zwar mit einem Return on Investment (ROI) unter einem Jahr.

Beim alten Achtfach-Werkzeug wogen die eigentlichen Teile lediglich 6,8 g – folglich gerundet 0,8 g pro Auswerfer. Das Schussgewicht pro Zyklus betrug jedoch zusätzliche 7,5 g. Der nicht mehr nutzbare Abfall belief sich somit auf eine größere Menge als der Kunststoff für die acht Auswerfer. Hier findet sich der maßgebliche Grund für die schnelle Amortisation durch eingesparte Ressourcen. Die Investitionssumme war – wie erwähnt – bereits nach einem Jahr nur durch Granulatreduzierungen wieder eingefahren. Schröder: „Der Wegfall des Angusses beläuft sich jährlich auf etwa elf t Material – was rund 100.000 Euro im Einkauf entspricht. Die Gesamteinsparungen durch das neue Werkzeug liegen noch etwas höher bei 150.000 Euro.“

Maschinenstörungen reduzieren sich deutlich

Ein weiterer Vorteil der Umstellung ergibt sich aus der CO2-Bilanz. Mit dem neu konzipierten Werkzeug verbessern sich die CO2-Emissionen auf der Berechnungsgrundlage von Datenbankwerten um 70 bis 75 t pro Jahr. Als verlängerte Werkbank von Phoenix Contact profitiert das Unternehmen Hadi-Plast ebenso vom neuen Werkzeug. „Bei uns haben sich die Angüsse ständig verklemmt und zu Türmen aufgestaut. Die Maschinenstörungen behindern den Arbeitsfluss“, blickt Inhaber Dr. Karsten Anger zurück. Dass die doppelte Anzahl an Teilen pro Takt auch Produktionsfläche und -zeit spart, erweist sich ebenfalls als Pluspunkt bei der Bewertung dieser Maßnahme.

Rohstoffmangel, Klimaschutz und vor allem nachhaltiges Handeln aus innerer Überzeugung: Der erste Impuls, ein neues Werkzeug zu entwickeln und eine bis dato problemlos laufende Einheit zu ersetzen, kam aus den genannten Gründen von Hadi-Plast. Selbst wenn das Unternehmen aus Hövelhof bei Paderborn in seiner Rolle zunächst als Lieferant zu bezeichnen ist: Die Zusammenarbeit beider Unternehmen hat schnell zu einer echten Partnerschaft geführt. Dazu zählt, gemeinsam Prozessverbesserungen zu erzielen sowie nachhaltiger und ressourcenschonender herzustellen. „Wir verstehen uns als Systemlieferant, der einen Prozess sehr gut beherrscht und damit mehr leistet kann als ein reiner Lohnfertiger“, betont Anger.

Alle Prozesse auf Effizienz ausgelegt

Allein vier Millionen Euro habe sein Unternehmen 2022 in neue Maschinen investiert und sich damit zu einem Vorzeigebetrieb in Sachen Spritzguss entwickelt, so Anger. Zu dieser Einstufung gehört auch, wie Hadi-Plast mit seiner Energie und den eingesetzten Ressourcen umgeht. „Bei uns ist alles auf hohe Effizienz ausgelegt. Wir wollen den Wirkungsgrad steigern und folglich Verluste effektiv begrenzen.“ Als Beispiel nennt der Geschäftsführer die Nutzung der Abwärme aus der Produktion zur Beheizung des Bürogebäudes. „Wir benötigen am Standort kein Gas mehr und erzeugen sogar mehr Wärme als erforderlich.“

Seine Motivation, mehr für den Klimaschutz zu tun, holt sich Anger aus der Zukunft seiner vier Kinder. „Meine Familie bezieht schon viele Jahre Ökostrom. Das ist mir persönlich wichtig. Ich möchte nichts auf dem Rücken der Zukunft kaputt machen. Hier ist ein Gleichgewicht gefragt.“ Die enge und verlässliche Partnerschaft zu Phoenix Contact betrachtet Anger als stabile Basis, die für langfristige Strategien notwendig ist. Und genau diesen Aspekt schätzt Schröder ebenfalls, da Hadi-Plast seine Kompetenz in das Projekt des neuen Spritzgusswerkzeugs eingebracht hat.

Bildergalerie

  • Kein Abfall, keine Störungen: Aufgrund des neuen Werkzeugs konnte Hadi-Plast den Produktionsablauf verbessern.

    Kein Abfall, keine Störungen: Aufgrund des neuen Werkzeugs konnte Hadi-Plast den Produktionsablauf verbessern.

    Bild: Phoenix Contact

  • Die Auswerfer für die Relais-Module wiegen unter einem Gramm.

    Die Auswerfer für die Relais-Module wiegen unter einem Gramm.

    Bild: Phoenix Contact

  • Von 8 auf 16: Mit dem neuen Werkzeug verdoppelt sich die Produktivität bei einer Halbierung der benötigten Granulatmenge

    Von 8 auf 16: Mit dem neuen Werkzeug verdoppelt sich die Produktivität bei einer Halbierung der benötigten Granulatmenge

    Bild: Phoenix Contact

  • Es lohnt sich eng zusammenzuarbeiten: Marco Schröder (links) und Dr. Karsten Angerer freuen sich über den nachhaltigen Erfolg des Umstellungsprojekts

    Es lohnt sich eng zusammenzuarbeiten: Marco Schröder (links) und Dr. Karsten Angerer freuen sich über den nachhaltigen Erfolg des Umstellungsprojekts

    Bild: Phoenix Contact

  • Thorsten Sienk

    Thorsten Sienk

    Bild: Phoenix Contact

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