Treiberschaltung und Stromversorgung von IGBTs und MOSFETs Wie die Spannung sicher zum Gate kommt

HY-LINE Technology GmbH MITSUBISHI ELECTRIC EUROPE B.V (Factory Automation)

Bild: iStock, Evgeny Gromov
04.10.2018

IGBTs und MOSFETs sind leicht anzusteuern, weil sie spannungsgesteuerte Bauelemente sind. Doch es gibt einige spezielle Anforderungen an die Treiberschaltung und deren Stromversorgung. Je nach Leistungsklasse sind unterschiedliche Lösungen sinnvoll.

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MOSFETs und IGBTs scheinen ideale Leistungsschalter zu sein: Sie werden über ein Gate und nur mit Spannung gesteuert, also extrem leistungsarm. Um die Verluste gering zu halten, sind jedoch kurze Schaltzeiten notwendig. Entsprechend schnell muss die Gate-Kapazität umgeladen werden. Hierzu sind dann einige Ampere an Strom erforderlich – also ist doch wieder Leistung gefragt. An diesem Gedankengang wird deutlich, dass solch ein Leistungsschalter nur theoretisch direkt aus einer CMOS-Prozessorschaltung heraus gesteuert werden kann. In der Praxis würde er viel zu langsam umschalten und dabei infolge der hohen Schaltverluste zerstört. Zudem bestünde die Gefahr einer Rückwirkung: Transienten würden die Prozessorlogik stören oder gar beschädigen. Entsprechend sind spezielle MOSFET- und IGBT-Treiber notwendig.

IGBTs schalten sauberer ab und bleiben auch zuverlässiger abgeschaltet, wenn hierzu nicht nur die positive Einschaltsteuerspannung abgeschaltet und das Gate kurzgeschlossen, sondern zusätzlich eine negative Sperrspannung angelegt wird. Das erfordert allerdings eine bipolare Spannungsversorgung. Dadurch steigt die Anzahl der benötigten Bauteile. Eine elegante Alternative sind SCALE-Treiber mit stark integrierten ASICs. Da solche Treiber die bipolare Spannung intern erzeugen, ist nur eine unipolare Spannungsversorgung notwendig. Zudem enthalten sie ausgedehnte Sicherheitsschaltungen, die bei einem Überstrom oder Kurzschluss eine Entsättigung beziehungsweise Überlastung des Leistungshalbleiters verhindern und Fehlschaltungen, etwa das gleichzeitige Einschalten beider Zweige einer Halbbrücke, vermeiden.

IGBTs sauberer abschalten

Ein weiteres prinzipielles Problem besteht darin, dass IGBT- und MOSFET-Gegentaktbrücken nicht mit Komplementärhalbleitern arbeiten, wie man es von bipolaren Transistorendstufen kennt. Sie werden nicht um einen gemeinsamen Nullpunkt herum ausgesteuert, sondern mit einer niedrigen Spannung zwischen Gate und Source beziehungsweise Emitter. Während das auf der Low Side, wo alle Source- und Emitter-Anschlüsse auf einem gemeinsamen Bezugspunkt enden, problemlos funktioniert, ist die Sache auf der High Side komplizierter: Hier gibt es bei einer Drehstrombrücke für jeden IGBT oder MOSFET einen anderen, mit hohen Transienten auf einem hohen Spannungspegel schwankenden Bezugspunkt!

Direkt aus einer vorhandenen Niedervolt-Versorgungsspannung können die Treiber der High-Side-Leistungshalbleiter also nicht betrieben werden. Zudem ist für ihre Ansteuerung eine kapazitätsarme galvanische Trennung notwendig. Die einzelnen Versorgungsspannungen können auch nicht aus einfachen Netzteilen oder DC/DC-Wandlern gewonnen werden – vielmehr verlangen die Transienten nach speziellen Lösungen, um Fehlzündungen der Leistungshalbleiter oder Beschädigungen der Stromversorgung auszuschließen. Aber welche Lösungen kommen für derartige Aufgaben in Frage? Und welche Bauteile sollte man sinnvollerweise einsetzen?

Eine an der Bergischen Universität Wuppertal verfasste Dissertation mit dem Titel „Ansteuerung von Hochvolt-IGBTs über optimierte Gatestromprofile“ zeigt die zunächst naheliegende Lösung mit jeweils sechs eigenen Treiberstufen, DC/DC-Wandlern und galvanischen Isolatoren (in der entsprechenden Abbildung als Optokoppler symbolisiert) – letztere sogar doppelt, falls ein Rückkanal zum Abschalten bei Überlast oder Kurzschluss benötigt wird. Die Schaltung funktioniert zwar, ist aber ziemlich aufwendig. Geht es nicht günstiger?

Ja, geht es! In der unteren Hälfte der Brücke (Low Side) ist die Situation relativ unkompliziert. Zwar liegt hier der Steuerungspegel nahe an der negativen Versorgungsspannung, doch der Pegel ist statisch und alle drei Zweige lassen sich mit einer geringen Spannung steuern. In der Praxis kommt man mit einer einzigen Spannungsversorgung für alle drei Zweige aus – inklusive der drei Steuerschaltungen, die sogar auf eine galvanische Trennung verzichten können, wenn die negative Versorgungsspannung als gemeinsamer Masse-Bezugspunkt verwendet wird. Auf der High Side gibt es dagegen keinen gemeinsamen Bezugspunkt: Die Emitter sitzen auf den drei unterschiedlichen und schnell wechselnden Potentialen L1, L2 und L3 – und damit auch die Steuerspannung. Immerhin: Jetzt werden nur maximal vier und nicht mehr sechs Spannungsversorgungen benötigt.

Für die Versorgung der Low Side sind Standard-DC/DC-Wandlermodule normalerweise ausreichend. Bei der Versorgung der High Side gibt es damit jedoch Probleme: Die schnell wechselnden Potentiale führen über die Kapazität zwischen dem Ein- und Ausgang des DC/DC-Wandlers zu Fehlsteuerungen – mit der Gefahr, dass der Leistungsschalter wie auch der Wandler beschädigt werden. Spezielle DC/DC-Wandler aus dem Hause Phi-Con, die an die Bedürfnisse der Gate-Ansteuerung auf der High Side angepasst sind, schaffen Abhilfe: Sie sind transientenfest und kapazitätsarm, isolieren selbst 300 VAC sicher und liefern auf Wunsch auch die negative Spannung zum schnellen Sperren des IGBTs.

Wandler auf der High Side

Schaltungen, wie sie beispielsweise in intelligenten Power Modulen (Intelligent Power Modul, IPM) genutzt werden, lassen sich auf ähnliche Weise auch außerhalb eines Moduls mit einer diskreten Treiberschaltung bestehend aus Optokopplern, Steuerlogik und DC/DC-Wandlern aufbauen. Notwendig ist dabei eine galvanische Trennung sowohl für die Signale, etwa mit Optokopplern realisiert, als auch für die Versorgung, beispielsweise durch einen DC/DC-Wandler. Problematisch sind dabei der hohe Aufwand, die geringe Geschwindigkeit und das Altern der Optokoppler, das in den einzelnen Zweigen unterschiedlich schnell verlaufen kann. Zudem ist es in der Praxis mit der reinen Ansteuerung – dem klassischen „Treiben“ von der Steuerung zum Leistungsschalter – nicht getan: Um Überlast- und Defektzustände zu erkennen, ist auch eine Rückmeldung in die Gegenrichtung erforderlich – und damit im Normalfall eine weitere galvanisch zu trennende Übertragungsstrecke mit einem zweiten Satz isolierender Koppler. Eine Alternative hierfür sind Datenkoppler nach dem GMR-Prinzip.

Eine andere Variante sind Steuerschaltungen, die das Potential entsprechend verschieben, um eine geeignete Steuerspannungsversorgung zu erzeugen (Level-Shift). Integrierte Lösungen wie die DIP-IPM-Bausteine von Mitsubishi arbeiten nach diesem Prinzip: Eine Versorgungsspannung von 15 V reicht für die Ansteuerung aus, die galvanische Trennung wird auf die Seite des Mensch-Maschine-Interface verlegt. Die Bausteine selbst liegen auf Netzpotential. Dabei ist jedoch zu beachten, dass rein kapazitiv arbeitende Level-Shifter leistungsmäßig begrenzt sind und, dass ihre Verdrahtung sehr kompakt sein muss, damit keine Probleme mit Streukapazitäten entstehen. Mit der DIP-IPM+-Serie lassen sich Inverter bis zu 5,5 kW realisieren – bei höheren Leistungen stößt die Schaltung an ihre Grenzen. Ist zudem keine Schutzbeschaltung wie in den DIP-IPMs vorgesehen, können negative Transienten gefährlich für die Leistungsschalter werden.

Übertrager für Signale und Strom

Die klassische galvanische Trennungsmethode ist der Übertrager als induktives Bauelement, beispielsweise die TI-Serie der Impulsübertrager von Sirio oder die Treiber- und Zündtransformatoren von Rö-Lo. Der Vorteil des Übertragers: Neben Signalen kann auch die notwendige Steuerleistung übertragen werden – eine separate Stromversorgung ist nicht erforderlich. Bei Thyristoren wird auf diese Weise die gesamte Zündenergie über Trenntransformatoren mit einer hohen Isolationsspannung (3 bis 7 kV) geführt. Wegen der geringen Bandbreite von Übertragern ist diese Methode jedoch auf kurze Zündimpulse und Frequenzen unter
30 kHz beschränkt. Für IGBTs und MOSFETs, die spannungs- und nicht – wie der Thyristor – stromgesteuert schalten, ist sie mit zusätzlicher Beschaltung und der genannten Einschränkung bei der Taktfrequenz nutzbar.

Eine interessante Lösung für den Leistungsbereich von 5,5 bis 110 kW (400 kW
mit Booster-Stufe), Taktfrequenzen bis
250 kHz und Schaltspannungen bis 1.700 V
ist der SCALE-iDriver von Power Integrations. Er schließt dort an, wo die DIP-IPM-Lösungen aufhören, und nutzt dafür ebenfalls hoch integrierte Technologie. Nur die IGBT-Module sind wegen der höheren Leistung nicht mehr integriert.

Im IC selbst werden die Signale über ein eigenes Protokoll galvanisch getrennt bidirektional übertragen – also sowohl vom Treiber zum IGBT-Modul als auch vom IGBT-Modul zurück zum Treiber. So lassen sich die Module perfekt gegen fehlerhafte Betriebsbedingungen schützen. Entsprechende Verfahren, die einen Überstrom oder Kurzschluss erkennen, sind bereits integriert. Lediglich zur Spannungsversorgung ist noch ein externer Übertrager erforderlich. Die Regelung der Versorgungsspannungen erfolgt wiederum auf dem Chip selbst. Referenzdesigns ermöglichen einen schnellen Aufbau von kompletten IGBT-Treibern.

Treiber für 6.500 V und 4.000 A

Noch mehr Leistung mit IGBT-
Schaltspannungen bis 6.500 V und Schaltströmen bis über 4.000 A ist mit den
SCALE2+-Core-Drivern von Power Integrations möglich. Diese Treiber setzen ebenfalls auf hoch integrierte ASICs – nun getrennt für die Steuer- und die Leistungsseite – und lassen sich als komplette Baugruppe mittels Übertrager leicht an jedes gängige IGBT-Modul anpassen. Möglich sind ebenfalls Master-Slave-Treiber und Steuerwege, die über Lichtwellenleiter absolut sicher galvanisch getrennt sind. Außerdem gibt es für diese „Härtefälle“ bis 6.500 V spannungs- und transientenfeste DC/DC-Wandler von Power
Integrations.

Die galvanisch getrennte bidirektionale Signal- und Leistungsübertragung werden bei vermeintlich einfachen, diskreten Lösungsansätzen oft zum Kostenfresser und Qualitätsengpass. Bei allen vorgestellten Treiberbausteinen lassen sie sich hingegen zuverlässig und dennoch kostengünstig umsetzen.

Bildergalerie

  • Ein Brückenzweig in einer dreiphasigen IGBT-Leistungsendstufe mit jeweils separaten DC/DC-Wandlern und Isolatoren funktioniert, ist aber sehr aufwändig.

    Ein Brückenzweig in einer dreiphasigen IGBT-Leistungsendstufe mit jeweils separaten DC/DC-Wandlern und Isolatoren funktioniert, ist aber sehr aufwändig.

    Bild: Hy-Line

  • Blockschaltbild eines IGBT-Treibers, wie er beispielsweise in intelligenten Power Modulen genutzt wird.

    Blockschaltbild eines IGBT-Treibers, wie er beispielsweise in intelligenten Power Modulen genutzt wird.

    Bild: Hy-Line

  • Die SCALE2+-Core-Driver von Power Integrations eignen sich für IGBT-Schaltspannungen bis 6.500 V und Schaltströme von über 4.000 A.

    Die SCALE2+-Core-Driver von Power Integrations eignen sich für IGBT-Schaltspannungen bis 6.500 V und Schaltströme von über 4.000 A.

    Bild: Hy-Line

  • Impulsübertrager können neben Signalen auch die notwendige Steuerleistung in IGBT- und MOSFET-Schaltungen übertragen. Eine separate Stromversorgung ist nicht erforderlich.

    Impulsübertrager können neben Signalen auch die notwendige Steuerleistung in IGBT- und MOSFET-Schaltungen übertragen. Eine separate Stromversorgung ist nicht erforderlich.

    Bild: Hy-Line

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