Analogschaltungen bringen zahlreiche Herausforderungen mit sich. Geeignete SPICE-basierte Plattformen zur präzisen Simulation der Leistungsfähigkeit eines Schaltkreises helfen Chipentwicklern jedoch verlässlich dabei, die Schaltungen trotz manch unerwarteter Eigenschaften gut zu handhaben. Für Bauteile aus der Leistungselektronik waren solche Plattformen lange Zeit nicht gut genug, was zu fehleranfälligen und unnötig ineffizienten Design-Flows führte. Bisher basierten die SPICE-Modelle solcher Bauteile auf einfachen Teilschaltungen oder komplexen nicht-physikalischen Modellen. Die bisherigen Modelle für Siliziumkarbid-MOSFETs (SiC) sind da keine Ausnahme: Die einfachen Subcircuit-Modelle sind zu unvollständig, um alle relevanten Bauteileigenschaften abzudecken, insbesondere das Schalt- und Wärmeverhalten. Zudem treten Konvergenzprobleme auf, die Modelle sind nicht auf andere Simulationsplattformen übertragbar und die Skalierbarkeit des Chip-Floorplans ist nicht ersichtlich.
ON Semiconductor hat nun ein neuartiges, skalierbares SPICE-Modell für SiC-Leistungs-MOSFETs entwickelt. Das Modell verfolgt einen völlig neuen Ansatz in der diskreten Modellierung – mit großen Vorteilen für das Schaltungs- und Systemdesign. Vor einer detaillierten Erläuterung des Modells ist es jedoch ratsam, die Wirkungsweise von SiC-MOSFETs genauer zu beleuchten.
Vorteile der großen Bandlücke
Seit den 1990er Jahren bis heute waren Silizium-IGBTs die erste Wahl, wenn schnelle und zuverlässige Schalter von
1 bis 6 kV in der Leistungselektronik benötigt wurden. Der Grund dafür ist deren ausgezeichnete Mischung aus niedrigen Leitungs- und Schaltverlusten, einem positiven Temperaturkoeffizienten, hoher Eingangsimpedanz und großen sicheren Betriebsbereichen. Mit der Einführung von SiC-MOSFETs mit großer Bandlücke (WBG; Wide Band Gap) wird sich die Marktlage aber drastisch verändern, da diese Bauteile die Leitungs- und Schaltverluste bei typischen Betriebsbedingungen um fast eine Größenordnung verringern. SiC hat eine dreifach so breite Bandlücke wie Silizium und ermöglicht deshalb höhere elektrische Felder, niedrigere Leckströme bei erhöhter Temperatur und eine bessere Wärmeleitfähigkeit. Da SiC-MOSFETs unipolare Bauelemente sind, benötigen sie keinen Deaktivierungsstrom und lassen sich mit viel höheren Anstiegsgeschwindigkeiten schalten. Dabei sind Schaltfrequenzen von mehr als 100 kHz möglich. Dank der integrierten, nahezu sperrverzögerungsfreien Body-Diode erübrigt sich in den meisten Anwendungen eine externe Freilaufdiode, und Schaltverluste werden reduziert.
Neuer SPICE-Ansatz
Beim herkömmlichen diskreten Entwicklungsansatz werden Bauelemente zunächst in zeitaufwendigen FEM-TCAD-Simulationen entworfen. Ist das Bauteildesign abgeschlossen und für gut befunden, wird das SPICE-Modell extrahiert oder mittels Kurven-Fit an die gemessenen Eigenschaften angepasst. Anschließend steht es für die Anwendungssimulation zur Verfügung. Ein physikalisches SPICE-Modell, das auf Prozessparameter- und Layout-Störeinflüsse reagiert, verfolgt hingegen einen anderen Ansatz: Hier wird die Simulation als entscheidendes Kriterium für den Entwicklungsprozess angesehen. Dieses Vorgehen ist weitaus effektiver als herkömmliche Entwicklungsansätze und verkürzt die Zykluszeiten, indem es die Lücken zwischen TCAD, Schaltungsentwurf und Fertigung überbrückt. Schaltungsentwickler können neue Technologien in einem frühen Entwicklungsstadium per Simulation anstatt durch Fertigungsiterationen bewerten. Anschließend lassen sich die Bausteine auf der Basis realistischer Anwendungssimulationen optimieren, um möglichst hohe Leistungsmerkmale auf Systemebene zu erzielen.
ON Semiconductors neues skalierbares SPICE-Modell für SiC-Leistungs-MOSFETs verfolgt genau diesen Ansatz. Das Modell basiert auf Prozess- und Layoutparametern und ermöglicht Designoptimierungen durch eine direkte Verbindung zwischen SPICE, Anwendungsdesign und Prozesstechnologie. Für jeden Bereich des Bausteins – zum Beispiel den Kanal, den JFET oder die Epitaxie – gibt es einen physikalischen Ansatz.
Skalierbares SPICE-Modell
Beispielsweise wird der Kanal durch das bekannte BSIM3v3-Modell beschrieben, das alle relevanten Attribute enthält. Insbesondere werden die Übergänge durch Unterschwellenbereiche, schwache und starke Inversion genau erfasst. Die Region zwischen den p-Wannen erzeugt einen nichtlinearen Effekt, der oft als JFET-Effekt bezeichnet wird. Auch dieser Effekt wird durch die physikalischen Gleichungen, die dem Modell zugrunde liegen, abgebildet.
Die entscheidenden CGD- beziehungsweise CRSS-Kapazitäten des SiC-MOSFETs werden durch einen robusten, verhaltensunabhängigen MOS-Kondensator erfasst, der von Prozess- und Layoutparametern wie der Gateoxiddicke, dem Abstand der p-Wanne und der Dotierung abhängt. Da die Dotierung in der JFET-Region häufig so ausgelegt ist, dass sie nichtlineare Effekte bei der Kapazität und dem Strom ausgleicht, weist die gemessene Kapazität mehrere Übergangsbereiche auf, die sowohl von der Dotierung als auch von der Geometrie abhängen.
SiC-MOSFETs schalten schnell und mit lediglich geringen Verlusten. Das Modell kann die damit einhergehenden Ein- und Ausschalttransienten mit hoher Präzision erfassen. Um die gewünschte Skalierbarkeit erzielen zu können, enthält das Modell physikalische Komponenten für alle parasitären Kapazitäten und Widerstände, die in den Ecken des Chips, an den Gate-Kontaktschienen und am Gate-Pad entstehen.
Der neue Modellierungsansatz für SiC-Leistungs-MOSFETs liefert präzise Ergebnisse für alle realen Betriebsbedingungen auf Baustein- und Systemebene. Die Modellierung von Strom-Nichtlinearitäten und des Wärmeverhaltens ermöglicht eine zuverlässige Vorhersage statischer Verluste im System. Darüber hinaus lassen sich kritische Ladungen und Kapazitäten wie CRSS über den gesamten Bias-Bereich hinweg genau erfassen, was eine präzise dynamische Schaltkreissimulation ermöglicht. Durch die skalierbare Modellierung des Baustein-Layouts und der Prozessstreuwerte können Entwickler zuvor erkannte, aber nicht zugängliche Bauteiloptimierungen in der Simulation freischalten.
Das robuste SPICE-Modell ist kompatibel mit den meisten branchenüblichen Simulationsplattformen und unterstützt zahlreiche Kundenanwendungen. Ähnliche Modelle sind für alle Leistungselek-
tronikbauteile von ON Semiconductor erhältlich.