Ich habe vor kurzem als CEO die Leitung unseres Familienunternehmens übernommen. In einem ganz besonderen Jahr noch dazu: Die Firma Mayr Antriebstechnik besteht seit 1897. 125 Jahre sind ein stolzes Jubiläum und natürlich Anlass, zufrieden auf die Vergangenheit und das Erreichte zu blicken. Das Innehalten dient aber mindestens genauso dazu, den Blick in die Zukunft zu richten und zu überlegen, mit welchen Erfolgsrezepten wir die nächsten Jahrzehnte angehen wollen.
Kurz zusammengefasst: Bewährt haben sich über die Jahre immer Markt- und Kundennähe. Das steckt so zu sagen in der DNA der Firma. Schon mein Ur-Ur-Großvater, aber auch die weiteren Generationen hatten ein gutes Gespür dafür, was gerade gebraucht wird. Es ist uns bisher immer gelungen, Veränderungen frühzeitig zu erkennen, Chancen zu sehen und natürlich auch zu nutzen. Dazu ist rigorose Offenheit in alle Richtungen nötig, um auch die unvermeidlichen Risiken nicht zu übersehen. Die Vergangenheit ist sicherlich wichtig, aber man darf nicht allzu sehr an ihr hängen. Manchmal ist es nämlich besser, bestimmte Entwicklungen rechtzeitig wieder aufzugeben, bevor man sich die Zähne daran ausbeißt. Auch wenn die Idee zunächst noch so gut aussieht und den eigenen Idealen entspricht.
Anders gesagt: Nicht Idealismus, sondern Pragmatismus ist die Voraussetzung für Stabilität und zukünftigen Erfolg. Das zieht sich auch durch die Geschichte der Firma Mayr. In allen Krisen kam und kommt uns zugute, dass wir sehr breit aufgestellt sind und viele Branchen und Märkte beliefern. Dadurch wirkt sich ein Rückgang an einer Stelle nicht so gravierend aus. Schnelle Reaktionen und Entscheidungsfreude haben sich auch immer wieder als Erfolgsfaktor erwiesen. Wir passen uns permanent an geänderte Bedingungen an und reagieren kurzfristig. Das ist sicher nicht immer einfach, hat sich aber auch in vorhergehenden Krisen bewährt. Bereits Anfang der 1990er Jahre hat das Unternehmen eine für die damalige Zeit revolutionäre Vereinbarung mit dem Betriebsrat und den Mitarbeitern getroffen. Die schwere Krise damals im Maschinenbau haben wir damit unbeschadet und ohne Entlassungen überstanden und konnten nach der Krise voll durchstarten. So auch nach der Wirtschaftskrise 2008/2009. Und auch jetzt, trotz Corona und dem Krieg in der Ukraine, sind wir zuversichtlich, dass wir die aktuelle Situation gemeinsam gut meistern.
Wichtig für den künftigen Erfolg sind aber auch bestimmte Werte und Kernelemente, die sich bei uns über die Jahrzehnte herausgebildet haben. Wir agieren beispielsweise seit langen nach dem Prinzip „lokale Fertigung für lokale Märkte“. Lokales Management ist in der jeweiligen Kultur zu Hause und kennt die Gegebenheiten, dadurch führen die Verantwortung und das Verständnis für die Situation vor Ort zu den richtigen Entscheidungen. Gepaart mit einer klaren strategischen Ausrichtung und Vision sind wir dadurch in der Lage, in kurzer Zeit auf sich ändernde Randbedingungen zu reagieren.
Planung ist wichtig, aber wir können nicht alles voraussehen. Manche Entwicklungen haben wir einfach beim Schopf gepackt - ein Beispiel ist der Schritt hin zu den Sicherheitskupplungen und Sicherheitsbremsen in den 1960er Jahren. Damit sind wir gewachsen. Oder aber die Entwicklung hin zu Industrie 4.0 mit vernetzten Produktionsumgebungen, die wir schon früh aufgegriffen haben. Inzwischen ergänzen digitale Komponenten unsere überwiegend mechanischen Produkte. Den Kopf in den Sand zu stecken bringt auch bei ungewohnten Trends wenig, deswegen nehmen wir die Impulse unserer Kunden auf und entwickeln entsprechende Lösungen. Von dem stabilen Fundament aus, das wir uns in 125 Jahren geschaffen haben, blicke ich sehr optimistisch in die Zukunft und freue mich darauf, sie gemeinsam mit der Mayr-Familie zu gestalten.