Ineffizient und schwer werden Windräder, wenn man ihre Achse um 90 Grad kippt – so eine alte Faustregel. Der Blick über Windparks scheint das zu bestätigen: Dort dominieren die Windkraftanlagen mit horizontal ausgerichteter Rotorachse. Doch derzeit gibt es spannende Aktivitäten mit vertikalen Designs. Hier zwei aktuelle Beispiele.
Helixrotoren für Kleinwindkraft
Im Gegensatz zu konventionellen vertikalen Savonius-Rotoren, die meist ein relativ hohes Eigengewicht und einen recht niedrigen Wirkungsgrad haben und daher erst bei einer „steife Brise“ lohnende Stromproduktion bringen, ging die LuvSide aus Grünwald bei München in der Rotor-Entwicklung ganz neue Wege.
Der Rotor folgt zwar der klassischen Vertikal-Idee, verfügt aber über markante Vorflügel, die dank intelligenter Strömungsführung störende Verwirbelungen vermeiden und so die Schwachpunkte in Sachen Effizienz beseitigen sollen. Die Doppel-Helixform habe darüber hinaus in komplexen 3D-Strömungsanalysen aus der Luft- und Raumfahrttechnik eine Leistungssteigerung von mehr als 25 Prozent gegenüber herkömmlichen Savonius-Geometrien nachgewiesen.
Um den Gewichtsnachteil der Vertikalbauweise ausgleichen zu können, setzt LuvSide bei der Materialauswahl auf Ultra-Leichtbau mit faserverstärktem Hochleistungskunststoff, was Vorteile im Anlaufverhalten des Rotors bei schwachen Winden schaffe und dennoch eine Langlebigkeit von mehr als 20 Jahren garantiere.
Dritte Verbesserung ist nach Angaben des Herstellers eine speziell für diesen Windflügel maßgeschneiderte Leistungselektronik, die präzise auf den Niederdrehzahl-Generator aus deutscher Fertigung abgestimmt ist. Dieser wird direkt in den Fuß integriert, um einen direkten Kraftschluss vom Windrad zum Generator herzustellen und die Anzahl der Bauteile zu reduzieren. Die Steuerungselektronik regelt das optimale Zusammenspiel von Windkraft, Drehzahl und Stromabnahme.
Derzeit ist LuvSide mit seinen Anlagen mit einer Nennleistung von 1 kW (max. Leistung 1,5 kW) noch in der Prototyp-Phase; weitere Anlagen mit Nennleistungen von 3 und 6 kW sind in Vorbereitung. Aktuell werde nach weiteeren geeigneten Standorten für Referenzanalgen gesucht, die ausreichend Wind bieten.
„Da LuvSide im Gegensatz zu horizontalen Kleinwindkraftanlagen nur durch den reinen Windwiderstand die Welle antreibt, sind völlig neue Installationen am Haus, in Gewerbegebieten und an hohen Gebäuden möglich, die für die sogenannte Dreiflügler bisher ausgeschlossen waren“, erläutert Geschäftsführer Rolf Hoffmann. „Meine Überzeugung ist es, das LuvSide durch seine Leistungsdaten, dem nahezu geräuschlosen Betrieb und sein Design in kurzer Zeit zu einem beliebten Begleiter in einer immer bewusster lebenden Gesellschaft wird.“
Ein Projekt in der mittleren Leistungsklasse
„Vertical Sky Experience“ nennt die Agile Wind Power in der Schweiz ein Projekt, für das derzeit eine Finanzierungsrunde läuft. Die Erstanlage wird jedoch bereits einen Rotor mit 32 m Durchmesser haben, die Anlage insgesamt 80 m hoch sein und eine Nennleistung von 0,54 MW aufweisen (siehe Bildergalerie).
Die Vertical-Sky-Anlagen zeichnen sich laut Hersteller dadurch aus, dass der maximale Leistungsbeiwert (cp) in einem außergewöhnlich breiten Band von Windgeschwindigkeiten sehr hoch ist. Dies ermögliche an verschiedensten Standorten eine optimale Nutzung der Windkraft.
Ein großer Vorteil sei zudem, dass die Anlagen bereits bei einer geringen Windgeschwindigkeit selber starten und wechselnde Windrichtungen den Betrieb nicht einschränken. (kk)