Halb-Heusler-Abwärmeverstromung Abgase für das Plus an Energie

Bild: iStock, ThomasVogel
17.08.2018

Rußt und stinkt – diese Eigenschaften nennen die meisten, wenn es um die Gase aus dem Auspuff eines Fahrzeuges geht. Dass man hieraus jedoch Energie gewinnen kann, hat nun ein Unternehmen geschafft.

Nach dem Dieselabgas-Skandal beschäftigen sich die Menschen noch mehr damit, was beim Fahrzeug hinten her­auskommt. Meist wird hier auf die Inhaltsstoffe des Gases geschaut und weniger auf den energetischen Nutzen. Anders agiert eine Firma aus Dillenburg. Isabellenhütte Heusler – seit 1827 in Familienbesitz – hat nun einen kleinen Helfer entwickelt, der aus stinkigem Abgas elektrische Energie aus Abwärme erzeugt und damit die Bordelektronik unterstützt.

Pilotlinie umgesetzt

Zusammen mit mehreren Partnerunternehmen ist es der Isabellenhütte gelungen, die vor 15 Jahren von Wissenschaftlern neu entdeckte Klasse thermoelektrischen Materials, das sogenannte Halb-Heusler-Material, zur Marktreife zu führen. Ziel dieser Kooperation war und ist es, die gesamte Wertschöpfung – von der Entwicklung, über die Produktion bis zur konkreten Anwendung – abzubilden. Das aktuelle EU-Projekt Integral konzentriert sich nun auf den Aufbau von drei Pilotproduktionen. Ziel der aufgebauten Pilotlinien ist es, thermoelektrisches Material in großen Mengen herzustellen. Bereits zur Projekt-Halbzeit im Mai 2018 gelang es der Isabellenhütte mit ihrer Produktionslinie, den kompletten Produktionsablauf für Materialchargen von 10 kg erfolgreich darzustellen.

Dazu wurde am Unternehmenssitz in Dillenburg, Hessen, eine 150 m2 große Produktionshalle errichtet. Insgesamt arbeiten an dieser Thematik bei der Isabellenhütte derzeit sechs Wissenschaftler und Techniker. Aktuell werden dort je Produktionslauf 10 kg an thermoelektrischem Halb-Heusler-Material erschmolzen und zu Funktionsbauteilen weiterverarbeitet. Bis zum Projektende, im Dezember 2019, soll diese Menge auf 50 kg gesteigert werden. Mit der Anlage ist ein theoretisches Produktionsvolumen von bis zu 500 kg je Produktionslauf möglich. Das ist eine Jahresproduktion von 25 Tonnen.

Damit steht die thermoelektrische Abwärmeverstromung auf Halb-Heusler-Basis kurz vor der Marktreife. Die Technologie wurde und wird bereits in den Abgassträngen von PKWs und LKWs unter realistischen Alltagsbedingungen getestet und erprobt. Mit 60 bis 70 Gramm Halb-Heusler-Material erzielt ein in einem Fahrzeug verbauter thermoelektrischer Generator (TEG) aus der Abwärme einen Wirkungsgrad von bis zu 5 Prozent. Diese Energie wird in Elektrizität umgewandelt und in das Bordnetz eingespeist. Der Effekt: Eine Senkung des Treibstoffverbrauches und damit die Reduzierung des CO2-Austoßes je Fahrzeug um bis zu 4 Prozent.

Umweltpolitisch relevant und wettbewerbsfähig

Die Relevanz dieser Technologie liegt auf der Hand. Den KFZ-Herstellern stehen in Zukunft strenge Umweltauflagen bevor. Aus diesem Grund ist jedes eingesparte Gramm CO2 von Bedeutung. Und auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist die Halb-Heusler-Abwärmeverstromung wettbewerbsfähig. Mit den im Rahmen des EU-Projektes realisierten Produktionsverfahren ist es grundsätzlich möglich, das vom Markt geforderte Kostenziel von 0,50 EUR/Watt unter Großserienbedingungen zu erreichen. Ein thermoelektrischer Generator auf Halb-Heusler-Basis, der beispielsweise 400 Watt an elektrischer Energie erzeugt, würde etwa 200 Euro kosten.

Einsatz in Hochtemperaturanwendungen

Auf Grund guter Materialeigenschaften eignen sich Halb-Heusler-Werkstoffe für Hochtemperaturanwendungen wie den Verbrennungsmotor. Dort entstehen Abgastemperaturen zwischen 400 und 600 °C. Mit dem Ziel der Emissions­senkung empfiehlt sich die Rekuperation auf Halb-Heusler-Basis deshalb auch für dauerhaft betriebene Hochtemperaturanwendungen in der Energie-, Metall- oder Chemieindustrie. Und sie ist auch für den Endverbraucher attraktiv, denn sie ist ebenfalls in Kaminöfen oder Heizungsanlagen einsetzbar.

Bildergalerie

  • Die Pilotproduktion schafft es Materialchargen von 10 kg erfolgreich darzustellen.

    Die Pilotproduktion schafft es Materialchargen von 10 kg erfolgreich darzustellen.

    Bild: Isabellenhütte

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