Verfahrenstechnik Aus Alt mach Neu

19.09.2013

Wenn eine Kälteanlage noch mit H-FCKW-haltigem Kältemittel arbeitet oder in die Jahre gekommen ist und daher in puncto Energieeffizienz nicht mehr überzeugt, gibt es als Alternative zur Neuanschaffung die Möglichkeit einer Modernisierung. Sie erfordert ein geringeres Investment als der Kauf einer komplett neuen Anlage. Der folgende Beitrag zeigt, was machbar ist, worauf es ankommt und wo ein Retrofit an Grenzen stößt.

Aktuell gibt es zwei Gründe, aus denen sich viele Unternehmen in der Prozess- und Verfahrenstechnik veranlasst sehen, eine Neuanschaffung ihrer Kälteanlagen zu prüfen. Der erste Grund wird von der Gesetzgebung getrieben und betrifft Anlagen, die mit dem Kältemittel R 22 (Freon) befüllt sind. Dieses H-FCKW-haltige Kältemittel weist ein erheblich höheres Ozonabbaupotenzial auf als die heute für Neuanlagen verwendeten Mittel wie R 134a. Deshalb hat die EU in ihrer Verordnung 2037/2000 über "Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen" entschieden, dass R 22 sukzessive vom Markt genommen wird. Ab 2015 sind keine Eingriffe mehr in Kältekreisläufe mit R 22 erlaubt, man darf also auch keine größeren Reparaturen mehr durchführen. Zudem ist zu erwarten, dass sich R 22 deutlich verteuert, weil nur noch Recyclingmaterial in den Handel gelangen darf.

Umstellung auf andere Kältemittel

Diese Regelung betrifft eine Vielzahl von Betreibern, denn man geht davon aus, dass rund ein Drittel aller vorhandenen industriellen Kälteanlagen mit R 22 befüllt ist. Darum stellt sich die Frage, ob man diese Anlagen auf ein neueres Kältemittel umstellen kann. Wenn die Anlagen ansonsten noch intakt sind, ist das meistens möglich, sofern man gegebenenfalls auch die Dichtungen im System sowie Expansionsventile und Öle austauscht.

Bei dieser Gelegenheit sollte der Anwender auf jeden Fall prüfen, ob der Retrofit mit einer energetischen Optimierung verbunden werden kann. Hier ist bei älteren Anlagen sehr häufig Handlungsbedarf gegeben. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Noch vor wenigen Jahren stand der Energieverbrauch einer Anlage nicht im Zentrum des Interesses. Zudem waren die technischen Möglichkeiten der Energieeinsparung noch nicht so ausgeprägt, und die Planer rechneten oft Sicherheitszuschläge ein, die eine Überdimensionierung der Anlagen zur Folge hatten. Außerdem war die Steuerungstechnik, die einen bedarfsgerechten Betrieb der Kältetechnik erlaubt, noch nicht so fortgeschritten.

Eine Maßnahme, die sich mit geringem Aufwand realisieren lässt, ist der Austausch von Pumpenantrieben durch drehzahlgeregelte Elektromotoren, die im Schwach- bzw. Teillastbetrieb weniger Energie verbrauchen. Diese Investition rechnet sich oft innerhalb kurzer Zeit. Auf diese Weise kann man schon bis zu 30 Prozent der Verdichterantriebsenergie einsparen. Sinnvoll ist in vielen Fällen auch die Installation eines zusätzlichen Freikühlers, der in der Übergangszeit und in der kalten Jahreszeit die Kühlung übernimmt. Entsprechend reduziert sich dann die Laufzeit der Verdichter und somit auch der Energiebedarf.

Gleitende Kondensationstemperaturregelung

Dasselbe gilt für die von L&R entwickelte Kondensationstemperaturregelung Vari-Kon, die ebenfalls den Verdichter entlastet. Auf diese Weise lassen sich bis zu 40 Prozent der Verdichterantriebsenergie einsparen.

Prozesswärme zum Nulltarif

Wichtig ist beim Retrofit auch, über die eigentlichen Kälteanlagen hinauszuschauen und die temperaturgeführten Prozesse des gesamten Betriebs zu betrachten. An anderen Stellen der Produktion wird nämlich häufig Wärme benötigt. Für deren Erzeugung kann die von den Kälteanlagen aufgenommene Energie genutzt werden. Der Anwender erhält dann Prozesswärme zum Nulltarif, und er kann beispielsweise den Heizöl- oder Erdgasverbrauch senken. Alternativ lässt sich die (Ab-) Wärme natürlich auch für die Beheizung von Hallen und Büros oder zur Warmwassererzeugung verwenden.

Derartige Maßnahmen, die Energie sparen und den CO2-Ausstoß reduzieren, werden gefördert. Bei einer Energieeinsparung von mindestens 35 Prozent durch den Einsatz energieeffizienter Komponenten kann der Anwender - wenn alle Voraussetzungen stimmen - vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) je nach Anlagenausführung 15 bis 25 Prozent der Nettoinvestitionssumme als Fördermittel erhalten. So oder so lohnt sich die Prüfung, ob und wo Energieeinsparungen möglich sind. Denn in vielen Betrieben der Prozesstechnik gehört die Kälteanlage zu den größten Einzelverbrauchern an Energie, und je nach Anlage und Anwendung kann man durch einen gut geplanten Retrofit bis zu 50 Prozent Energieeinsparungen realisieren. Der Return on invest erfolgt dann in den meisten Fällen in einem überschaubaren Zeitraum.

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