Ohne Motoren, Pumpen und Stehlager läuft einfach nichts in der Produktion: Kein Förderband, keine Werkzeugmaschine, keine Mühlen, kein Mischer, kein Extruder, kein Lüfter… die Liste lässt sich beliebig erweitern. Elektrische Antriebsstränge finden sich unzählbar in jedem Fertigungsbetrieb. Dabei sind die industriellen Motoren und Pumpen echte Arbeitspferde, durchschnittlich verrichten sie ihre Arbeit 10 bis 20 Jahre im Dauerbetrieb.
Das alleine macht die Digitalisierung der Antriebstechnik schon schwer genug. Denn Vernetzung, Industrial Ethernet und das Sammeln und Auswerten von Betriebsdaten stand damals noch nicht wirklich auf der Agenda von Maschinenbauern und Anlagenbetreibern. Entsprechend aufwendig gestaltet sich eine nachträgliche Digitalisierung alter Antriebstechnik. Genau aus dem Grund werden die meisten Antriebe nicht überwacht und rein reaktiv gewartet, denn ein komplexes Retrofitting in einer heterogenen Landschaft macht wirtschaftlich meist keinen Sinn.
Digitalisierung der Antriebe spart Geld
Die Vorteile der Digitalisierung der Antriebstechnik sind aber eindeutig: Stillstandzeiten lassen sich damit dramatisch reduzieren. Gleichzeitig wird die Lebensdauer der Motoren und Pumpen durch den Betrieb in der idealen Lastkurve verlängert und der Energieverbrauch lässt sich so senken. Anlagenbetreiber können die Ergebnisse der analytischen Zustandsüberwachung, wie die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Motors, in ihre Wartungsplanung effektiv einbinden.
Denn durch die Auswertung der Daten, wie die Verläufe der Vibrationen oder Temperatur, lassen sich über Cloud-Dienste Vorhersagen mit hoher Wahrscheinlichkeit treffen, wann ein Motor ausfällt. Instandhalter haben dann die Möglichkeit, proaktiv statt reaktiv zu handeln und beispielsweise Produktionspausen oder Umrüstvorgänge von Maschinen für einen anstehenden Motorentausch zu nutzen.
Werden von vielen Motoren oder Pumpen deren Daten über längere Zeiträume gesammelt und mit weiteren Produktionsdaten korreliert, so ermöglicht diese Big Data Analytics eine anlagenweite Optimierung des Betriebs und des Energieverbrauchs. Desweiteren können Maschinenbauer durch die Digitalisierung der verbauten Antriebe zusätzliche Geschäftsmodelle generieren. Beispielsweise ist so eine proaktive und zustandsbasierte Wartung als Dienstleistung für die Kunden möglich.
Wildwuchs an Lösungen
In den meisten Fällen bleibt die ordnungsgemäße Wartung von elektrischen Antriebssträngen aber eine Kosten- und Expertise-Herausforderung: Diagnoseausrüstung muss günstig, schnell im Einsatz und simpel in der Benutzung sein – so zumindest der Wunsch. Zugleich fehlen einheitlich durchgesetzte Industriestandards zu Kommunikationsprotokollen, Software-Architekturen und -Schnittstellen. Das macht aus der digitalen Instandhaltung einen Wildwuchs, der schwer zu handhaben ist. Gleichzeitig werden von Anbietern von Automatisierungslösungen sowie IIoT-Dienstleistern natürlich viele Lösungen für eine „einfache, effektive und schnelle“ Digitalisierung von Antrieben, Maschinen und ganzen Anlagen versprochen.
Doch worauf kommt es ganz pragmatisch bei der Digitalisierung von Antrieben an? Es geht zuallererst darum, die Daten eines Motors oder einer Pumpe zu sammeln. Und die Daten sind ja schon vorhanden, sie müssen nur abgegriffen werden. Jedes Gerät produziert Schwingungen und erzeugt einen Temperaturverlauf, egal ob es sich um einen 20 Jahre alten Niederstrommotor oder ein aktuelles Modell handelt. Doch wie kommt man am einfachsten an diese Daten? Moderne Antriebslösungen wie beispielsweise ABB Ability Condition Monitoring für den Antriebsstrang liefern die relevanten Daten bereits direkt über den Frequenzumrichter. Hier wird auf moderne Kommunikationsstandards wie Industrial Ethernet gesetzt, so dass Anwender über ihr Produktionsnetzwerk einen einfachen und direkten Zugriff auf die Daten haben.
Für Neuanschaffungen oder bei einem Generationswechsel einer Maschine lohnt auf jeden Fall moderne Antriebstechnik. Doch in der Praxis muss die Digitalisierung bei einer Vielzahl von Antrieben verschiedener Hersteller und Generationen sowie bei der vorhandenen Infrastruktur funktionieren.
Smarte Sensoren als ideale Lösung
Als ideale Lösung für die Digitalisierung beliebiger Antriebe erweisen sich intelligente Sensoren, mit denen sich die Daten unabhängig von der vorhandenen Infrastruktur sammeln und analysieren lassen. Diese Sensoren werden beispielsweise direkt am Motor befestigt, um den Gesundheitszustand permanent zu überwachen. Ein sogenannter „Smart Sensor“ ist für den Motor wie ein Fitnessarmband, das seine Daten für die weitere Analyse beispielsweise in der Cloud zur Verfügung stellt. Mit einer intelligent gelösten Sensortechnologie lassen sich einfach, günstig und schnell die Vorteile der Digitalisierung von Antrieben nutzen.
Aber wie bei jeder Lösung müssen sich Anwender fragen, eignet sich die smarte Sensorlösung für die eigene Umgebung und lassen sich damit auch künftige Anforderungen realisieren. Denn die Auswahl verfügbarer „Smart Sensor Lösungen“ wird zunehmend unübersichtlich. Idealerweise „funken“ smarte Sensoren in die Cloud und das Wartungspersonal erhält über Apps und Webportale eine optimale Informationsbasis, sodass Ausfälle vermieden und Wartungsmaßnahmen effizient gestaltet werden können.
Auswahlkriterien für Smart Sensor Lösung
Wie lassen sich kostengünstig und bequem Motoren überwachen? Und wie begibt man sich gleichzeitig nicht in eine Sackgasse und achtet auf einen ganzheitlichen Blick bei der Digitalisierung der Antriebe? Werden folgende Auswahlkriterien beachtet, dann sind Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer Antriebe mit einer Smart Sensor Lösung auf der sicheren Seite:
1. Einfache Installation
Eine Smart Sensor Lösung muss sich auf allen gängigen Motortypen und -gehäusen einfach montieren lassen - egal ob Gusseisen, Aluminium, gerippter Rahmen oder TEFC (Totally Enclosed, Fan-Cooled). Meist erstreckt sich die statistische Masse der wartungsrelevanten Motoren in den Bereichen 160-450 IEC sowie 140-449 NEMA. Die Montage des Smart Sensors darf nur wenige Minuten dauern, bauliche Anpassungen sind ebenso wenig notwendig wie eine externe Stromversorgung und somit eine Verkabelung. Der Aufwand muss minimal sein - auch bei Pumpen und Stehlagern. Der Tausch des Sensors darf ebenfalls nur wenige Handgriffen erfordern, damit Anwender problemlos auf eine aktuellere Variante mit neuen Funktionen setzen können.
2. Schnelle Inbetriebnahme
Neben der einfachen, mechanischen Installation muss auch die Inbetriebnahme ohne Fachkenntnisse oder Spezialequipment möglich sein. Hierfür eignet sich idealerweise das Smartphone mit einer App des Sensor-Herstellers. Nach einer Kontoerstellung und der Verbindung mit dem Smart Sensor sind nur noch die Motor- oder Pumpenstammdaten vom Typenschild einzugeben. Die Lösung für die Zustandsüberwachung des Antriebs darf keine weiteren komplexen oder aufwendigen Schritte erfordern und muss dem Anwender sofort Diagnoseinformationen anzeigen. Erkennt der Sensor ein Problem, gibt er eine Warnung aus. Der User kann dann über eine App auf dem Smartphone oder über ein Webportal die Trenddaten einsehen und weitere Informationen über das Betriebsprofil des Antriebs erhalten.
3. Autarke Architektur und sicherer Betrieb
Die Smart Sensor Lösung für Antriebe muss autark arbeiten können. Darum sollte ein Produkt ausgewählt werden, das auf eine eigene Sensor-Gateway-Kommunikation setzt und einfach per USB-Modem ins Netz funken kann, ohne das Produktionsnetzwerk zu tangieren. Denn jeder Eingriff in eingespielte Systeme und Abläufe kann Probleme verursachen und öffnet potenzielle Sicherheitslücken. Idealerweise kommuniziert ein Smart Sensor verschlüsselt über Bluetooth mit einem Smartphone, Tablet oder einem separaten Gateway. Über diese Geräte erfolgt dann wiederum eine verschlüsselte Kommunikation mit der Cloud für die Analyse der Daten. Unterstützt der Smart Sensor Bluetooth Low Energy, so garantiert das auch eine lange Batterielebensdauer. Ein Tausch der Batterien sollte nur alle 3 bis 5 Jahre notwendig sein, damit der Sensor möglichst lange ohne Wartung seinen Dienst verrichten kann – länger sind smarte Sensorlösungen durch die technologische Weiterentwicklung auch selten im Einsatz.
4. Herstellerunabhängigkeit
Die wenigsten Maschinenbauer oder Produktionsbetriebe nutzen Antriebstechnik nur von einem Hersteller. Entsprechend muss eine Smart Sensor Lösung herstellerunabhängig arbeiten. Dabei gilt es darauf zu achten, dass die Sensorlösung nicht auf die Motoren, Pumpen oder Lager des Sensorherstellers optimiert ist und bei Konkurrenzprodukten nur eine eingeschränkte Analysefunktionalität liefert.
5. Vollständigkeit
Der Vorteil einer Smart Sensor Lösung ist der schnelle, unkomplizierte und günstige Einstieg in die Zustandsüberwachung. Allerdings darf die Sensorlösung nicht nur in einem eigenen geschlossenen Ökosystem funktionieren, sondern muss sich auch in ein ganzheitliches Digitalisierungskonzept einbinden lassen. Wird beispielsweise für Neuinstallationen von Antrieben als Lösung ABB Ability Condition Monitoring für den Antriebsstrang verwendet, so sammeln bereits die Frequenzumrichter Motordaten für die Zustandsüberwachung. Ideal ist dann, wenn die Datenqualität durch den Smart Sensor zusätzlich unterstützt werden kann und eine gemeinsame Cloud-Plattform für die Datenanalyse dient. Außerdem können durch die Kombination von intelligenten Sensoren und moderner Antriebstechnik nicht nur Teilaggregate, sondern komplette Antriebsstränge überwacht werden. Für einen ganzheitlichen Ansatz der Zustandsüberwachung bietet die Smart Sensor Lösung von ABB alle Voraussetzungen. Und weil je nach Branche und Anwendung neben Motoren auch Pumpen und Lager im Einsatz sind, bietet der Hersteller den Smart Sensor auch für diese Komponenten an. Dadurch lassen sich ganzheitlich weitere produktionskritische Elemente überwachen.
6. Ampelsystem
Neben der Darstellung der zeitlichen Verläufe der Parameter des Motors oder der Pumpe muss ein Smart Sensor für den Anwender den Gesundheitszustand über ein Ampelsystem graphisch darstellen. Rot steht für ein kritisches Problem, das sofort behoben werden muss; Gelb zeigt an, dass ein Problem besteht, aber es ausreicht, die Wartung erst im Rahmen der nächsten geplanten Abschaltung durchzuführen; und Grün bedeutet, dass alles in Ordnung ist und der Motor normal läuft. Natürlich sind die Einflüsse auf die Antriebsstränge komplex und sehr unterschiedlich, aber die Instandhaltung erhält ein Raster zur Orientierung, was sich in der Masse planerisch sehr bemerkbar macht.
7. Kostengünstig
Im Kleinen alles komplett kennenlernen, im Großen ausbauen ohne Risiko – so ist das ideale Szenario bei Digitalisierungsprojekten. Dieser Ansatz muss auch für Smart Sensor Lösungen gelten. Mit einer geringen Investition von wenigen hundert Euro für einen Smart Sensor soll der User schnell und ohne Schulungsaufwand das gesamte System verstehen und anwenden können.
8. Skalierbarkeit
Neben einem günstigen Einstieg müssen Unternehmen mit der Smart Sensor Lösung von einer Testinstallation auf eine beliebig hohe Anzahl an Messstellen bei Motoren, Pumpen oder Lagern problemlos skalieren können. Die entsprechende Cloud-Plattform muss für die Visualisierung und Big-Data-Analyse einer hohen Anzahl von Datenströmen ausgelegt sein.
9. Offenheit
Fertige Apps und Dashboards auf Webportalen sind für kleine und mittelständische Unternehmen ideal, weil sie dann keinen eigenen Entwicklungsaufwand haben. Größere Kunden mit gewachsenen und eigenen Systemen (ERP, MES, Leittechnik, Cloud-Plattform) benötigen aber offene Schnittstellen der digitalen Antriebslösungen. Darum muss auch eine Smart Sensor Lösung eine API für den Datenaustausch zu Drittsystemen anbieten.
Erfahren Sie mehr über die Smart Sensor Lösung von ABB im Webinar „In wenigen Schritten zum digitalisierten Antrieb“ am 26. Februar.