Interview „Das goldene Gaszeitalter“

08.08.2014

Shell ist heute nicht mehr nur für Tankstellen bekannt. Mit Schiefergas, LNG und GTL geht der Konzern neue Wege in die Energiezukunft.

Energy 2.0: Herr Dr. Blauwhoff, wie erleben Sie die Stimmung in der Gasbranche?

Dr. Peter Blauwhoff: Gemischt. Der Gas­boom vor allem in den USA hat den Markt ordentlich durcheinandergewirbelt. Die Branche steht vor großen Herausforderungen: Die Weltbevölkerung wird bis Mitte des Jahrhunderts von jetzt sieben auf neun Milliarden Menschen wachsen, der Wohlstand wird steigen. In der Folge wird sich die Nachfrage nach Energie verdoppeln. Wir müssen hier auf der Angebotsseite Schritt halten. Dafür brauchen wir alle zur Verfügung stehenden Energiequellen – insbesondere Gas und hier eben auch Schiefergas.

Ist der Schiefergas-Boom schon wieder vorbei?

Durch den Erfolg des Schiefergases sind die Gaspreise in den USA deutlich gefallen. Das hat Auswirkungen auf die Bilanzen der engagierten Unternehmen. Einige schrauben dort etwa ihre Förderung herunter. Andererseits lagern weltweit große Mengen Erdgas in unkonventionellen Lagerstätten. Das stellt für viele Länder einen gangbaren Weg dar, ihre Versorgungssicherheit zu verbessern.

Welche Zukunft haben Ihrer Meinung nach Erdgas und Erdöl? Welche Rolle werden sie bei der Energieversorgung in Zukunft spielen?

Die Bedeutung von erneuerbaren Energien wird steigen. Wir gehen davon aus, dass ihr Anteil bis Mitte des Jahrhunderts auf etwa ein Drittel steigen wird – von heute 13 Prozent. Dennoch werden die fossilen Energieträger Erdöl, Erdgas und Kohle auch 2050 noch bei etwa 60 Prozent liegen und damit den Löwenanteil ausmachen. Unter den fossilen ist Erdgas der am schnellsten wachsende Energieträger. Nicht ohne Grund spricht die Internationale Energie Agentur (IEA) daher von einem „golden age of gas“.

Shell hat in Katar die weltgrößte Gasverflüssigungsanlage gebaut. Wie ist der Stand der Technologie?

Die Anlage ist ein wichtiger Baustein in unserer integrierten Gas-Strategie. Wir fördern aus dem „North Field“ täglich 1,6 Milliarden Kubikfuß Erdgas. Ein Teil davon wird in der integrierten GTL-Großanlage (Gas to Liquids) zu täglich 140.000 Barrel flüssiger, hochreiner Kohlenwasserstoffprodukte umgewandelt, darunter synthetischer Diesel und Grundöle. In Deutschland bieten wir GTL Fuel seit 2012 für den ÖPNV und innerstädtischen Flottenverkehr an. Seit kurzem gibt es hier auch unsere Helix-Motorenöle mit PurePlus Technology, also mit Grundöl aus Erdgas, statt wie bisher aus Erdöl.

Was ist der Hintergrund für das Projekt?

Unser Ziel ist es, auch in Zukunft eine sichere, bezahlbare und vor allem nachhaltige Energieversorgung zu gewährleisten. Dabei spielt Erdgas eine wichtige Rolle. Gas ist reichlich vorhanden. Gas ist der kohlenstoffärmste und sauberste fossile Energieträger. Bei der Verbrennung entstehen weniger CO2-Emissionen und Luftschadstoffe. Auch im Verkehrssektor könnte Erdgas daher mit Blick auf Luftreinhaltung und CO2-Emissionen eine wichtige Rolle spielen. Shell fördert heute schon mehr Erdgas als Erdöl.

Von welchen aktuellen Entwicklungen erwarten Sie sich derzeit besonders viel?

Wir sehen in der Nutzung von Liquefied Natural Gas im Transportsektor Potenzial. Wir sind überzeugt davon, dass LNG künftig einen wachsenden Anteil am Kraftstoffmix auch für den Transportsektor haben wird. Denn LNG ist eine sinnvolle Alternative für einen emissionsärmeren und nachhaltigeren Gütertransport.

Das Gespräch führte Sabrina Quente, Energy 2.0. Die Langfassung finden Sie online.

Energy 2.0: Herr Dr. Blauwhoff, wie erleben Sie die Stimmung in der Gasbranche?

Dr. Peter Blauwhoff: Gemischt. Der Gasboom vor allem in den USA hat den Markt ordentlich durcheinandergewirbelt. In Zukunft steht die Branche vor großen Herausforderungen. Die Weltbevölkerung wird bis Mitte des Jahrhunderts von jetzt sieben auf neun Milliarden Menschen wachsen, der Wohlstand wird steigen. In der Folge wird sich die Nachfrage nach Energie verdoppeln. Wir müssen hier auf der Angebotsseite Schritt halten. Dafür brauchen wir alle zur Verfügung stehenden Energiequellen – insbesondere Gas und hier eben auch Schiefergas.

Was macht die Schiefergaswende so revolutionär?

Wir haben es in der Energiebranche mit sehr langen Zyklen zu tun. Normalerweise braucht es rund 30 Jahre, bis sich eine neue Technologie am Markt etabliert hat und rund ein Prozent am globalen Energiemix ausmacht. Die Schiefergaswende in den USA hingegen hat sich innerhalb von nur zehn Jahren abgespielt.

Ist der Schiefergas-Boom schon wieder vorbei?

Durch den Erfolg des Schiefergases sind die Gaspreise in den USA deutlich gefallen. Das hat Auswirkungen auf die Bilanzen der engagierten Unternehmen. Einige schrauben dort etwa ihre Förderung herunter. Andererseits lagern weltweit große Mengen Erdgas in unkonventionellen Lagerstätten. Das stellt für viele Länder einen gangbaren Weg dar, ihre Versorgungssicherheit zu verbessern.

Sie setzen also weiterhin auf Schiefergas?

Ich glaube, dass wir alle Energiequellen brauchen werden, auch unkonventionelles Gas, um mit der rasant steigenden globalen Energienachfrage Schritt halten zu können. Wir müssen aber schauen, wo wir was wirtschaftlich fördern können. Das machen wir im Rahmen von verschiedenen Projekten.

Welche Zukunft haben Ihrer Meinung nach Erdgas und Erdöl? Welche Rolle werden sie bei der Energieversorgung in Zukunft spielen?

Die Bedeutung von erneuerbaren Energien wird steigen. Wir gehen davon aus, dass ihr Anteil bis Mitte des Jahrhunderts auf etwa ein Drittel steigen wird – von heute 13 Prozent. Dennoch werden die fossilen Energieträger Erdöl, Erdgas und Kohle auch 2050 noch bei etwa 60 Prozent liegen und damit den Löwenanteil ausmachen. Unter den fossilen ist Erdgas der am schnellsten wachsende Energieträger. Nicht ohne Grund spricht die Internationale Energie Agentur (IEA) daher von einem „golden age of gas“.

Sie wünschen sich für Deutschland eine Wärmewende. Sind wir auf einem guten Weg oder noch weit davon entfernt?

Die Wärmewende in Deutschland schreitet voran. Der Energieträgermix hat sich in den vergangenen Jahren kräftig gewandelt. Die wichtigsten Veränderungen sind: weniger Heizöl und Kohle, während sich der Brennholzeinsatz verdreifacht hat. Einzige Konstante: Rund die Hälfte der Wärmeversorgung basiert auf Erdgas. Aber die Wärmewende müsste schneller verlaufen. Heute wird nur rund ein Prozent des Wohnungsbestandes pro Jahr energetisch saniert und jährlich werden nur rund drei Prozent der Heizanlagen ausgetauscht. Eine vollständige energetische Sanierung des Wohnungsbestandes würde folglich rund 100 Jahre und die Modernisierung der Heiztechnik rund 33 Jahre dauern. Wir hoffen, dass es der Bundesregierung gelingt, die Heizungsmodernisierung zu beschleunigen.

Shell hat in Katar die weltgrößte Gasverflüssigungsanlage gebaut. Wie ist der Stand der Technologie und rechnet sich das schon?

Die Anlage ist ein wichtiger Baustein in unserer integrierten Gas-Strategie. Wir fördern aus dem „North Field“ täglich 1,6 Milliarden Kubikfuß Erdgas. Ein Teil davon wird in der integrierten GTL (Gas to Liquids) Großanlage zu täglich 140.000 Barrel flüssiger, hochreiner Kohlenwasserstoffprodukte umgewandelt, darunter synthetischer Diesel und Grundöle. In Deutschland bieten wir Shell GTL Fuel seit 2012 für den ÖPNV und innerstädtischen Flottenverkehr an. Seit kurzem gibt es in Deutschland auch unsere Helix-Motorenöle mit PurePlus Technology, also mit Grundöl aus Erdgas, statt wie bisher aus Erdöl.

Was ist der Hintergrund für das Projekt?

Unser Ziel ist es, auch in Zukunft eine sichere, bezahlbare und vor allem nachhaltige Energieversorgung zu gewährleisten. Dabei spielt Erdgas eine wichtige Rolle. Gas ist reichlich vorhanden. Gas ist der kohlenstoffärmste und sauberste fossile Energieträger. Bei der Verbrennung entstehen weniger CO2-Emissionen und weniger Luftschadstoffe. Auch im Verkehrssektor könnte Erdgas daher mit Blick auf Luftreinhaltung und CO2-Emissionen eine wichtige Rolle spielen. Shell fördert heute schon mehr Erdgas als Erdöl.

Von welchen aktuellen Entwicklungen erwarten Sie sich derzeit besonders viel? Wann werden diese marktreif sein?

Wir sehen in der Nutzung von Liquefied Natural Gas im Transportsektor Potenzial. Wir sind überzeugt davon, dass LNG künftig einen wachsenden Anteil am Kraftstoffmix auch für den Transportsektor haben wird. Denn: LNG ist eine sinnvolle Alternative für einen emissionsärmeren und nachhaltigeren Gütertransport. Letztes Jahr etwa haben wir zwei Binnenschiffe gechartert, die mit LNG betrieben werden und Güter auf dem Rhein zwischen Rotterdam und Basel transportieren.

Wo hakt es da noch?

Ein Problem ist die Infrastruktur. Das Gas wird am Ort der Gewinnung auf –160°C gekühlt und dadurch verflüssigt, um es leichter transportieren zu können. Bislang wird es am Bestimmungsort in entsprechenden Terminals wieder in den gasförmigen Zustand gebracht und in der Stromerzeugung oder im industriellen Sektor verwendet. Wenn es als LNG weiterverteilt und in Häfen oder an Tankstellen bereitgehalten werden soll, muss dafür die entsprechende Infrastruktur erst geschaffen werden. Um die Diskussion um den Bau der Infrastruktur in Deutschland voranzutreiben ist Shell kürzlich der „Maritimen LNG Plattform“ beigetreten.

Das Gespräch führte Sabrina Quente, Energy 2.0.

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