Mit der Energie ist es wie mit dem Wetter: Vorhersagen gibt es zwar, aber die sind oft ungenau. Vor allem die vielen regenerativen Energiequellen verschärfen dieses Problem – sind sie doch vom Wetter abhängig. Da ist es für Netzbetreiber natürlich schwer, die Stabilität ihrer Versorgung zu gewährleisten. „Die dezentralen Energieanlagen erzeugen die Probleme im Netz, und der Leidtragende ist der Versorger“, sagt Daniel Wiese, Market Manager Smart Grids beim Mindener Automatisierungsunternehmen Wago.
Spannungsbandschwankungen über die Grenzen der Norm (DIN EN 50160), sich ständig ändernde Energieflüsse und Veränderungen im Verhältnis von Wirk- und Blindleistung sind an der Tagesordnung. Da hilft nur eine kontinuierliche Überwachung und Regelung der Netze.
Heute wird der Großteil der 650.000 Ortsnetzstationen in Deutschland aber gar nicht überwacht. Somit herrscht ein hoher Bedarf. Denn wenn es Ausfälle oder Störungen gibt, ist der Versorger in der Nachweispflicht.
„Noch sind wir in Deutschland sehr verwöhnt. Stromausfälle gibt es kaum“, so Wiese. Aber mit voranschreitender Energiewende und dem Abschalten der Atomkraftwerke müssen wir uns stärker auf dezentrale Energieerzeuger verlassen. „Bis dahin sollten wir die Schwankungen im Griff haben.“
Eine Monitoring-Lösung erfasst, was im Netz passiert, und es können flexibel Gegenmaßnahmen ergriffen werden, wie zum Beispiel das Niederspannungsnetz über einen Ortsnetztransformator zu regeln. Auf Grundlage der Daten lassen sich auch Vorhersagen treffen, die das Stromnetz stabiler machen sollen.
Ortsnetzstationen mit Monitoringlösungen auszustatten bedeutet zwar erst mal eine Investition für den Versorger, im Gegenzug kann er genauer planen und Energie bedarfsgerecht einsetzen, was sich später rechnet. Wenn man aber bedenkt, dass manche Netzbetreiber nicht nur eine, sondern mehrere 10.000 Stationen in ihrem Gebiet haben, darf die Technik nicht den Kostenrahmen sprengen. Allerdings ist eine Modernisierung auch nicht in allen Ortsnetzstationen dringlich. Schätzungen von Energieversorgern zufolge sollen rund 20 Prozent mit „intelligenter“ Steuerungstechnik ausgestattet werden.
Bei ihrer Anlagenoptimierung möchte Wago die Versorger unterstützen. Das Unternehmen sieht sich dabei als Lösungsanbieter für das ganze System – von der Erfassung des Stromes, über verschiedene Wandlertypen und die detaillierte Auswertung mittels Automatisierungstechnik (Wirk-, Blind- und Scheinleistung, Cos phi, Frequenz, Energieflussrichtung, Oberwellenanalyse) bis hin zur „intelligenten“ Steuerung. Mit dieser werden dann bestimmte Werte vordefiniert, wie Mittel- oder Grenzwerte, und daraus weitere Aktionen programmiert. Ein integrierter Datenspeicher schreibt die Werte mit und sie werden bei Bedarf über CSV-Files oder direkt in Datenbanken ausgegeben. Der Zugriff darauf kann auch von extern erfolgen.
Da es sich bei den Energienetzen um kritische Infrastrukturen handelt, muss aber nicht nur die Automatisierungstechnik fehlerfrei funktionieren, auch die Kommunikation, zum Beispiel zu einer übergeordneten Leittechnik, muss geschützt sein. Orientierung im Versorgungssektor bietet das BDEW-Whitepaper als Basis für die Sicherheit von Komponenten [1]. Dieses Dokument nutzt auch Wago als Grundlage, um die neue Steuerungsgeneration PFC200 BDEW-Whitepaper-konform zu ertüchtigen.
Leistungsfähige Messtechnik für Energienetze
In einem von Wago begleiteten Smart-Grid-Pilotprojekt mit 60 Gebäuden, 125 Wohnungen und 7 EEG-Anlagen wird momentan untersucht, ob sich mit dieser Technik tatsächlich aufwendige Netzbauarbeiten einsparen lassen. Bisherige Pilotprojekte zeigen, dass der Ausbau der dezentralen Intelligenz eine Alternative zum konventionellen Netzausbau sein könnte, da wirklich kritische Netzbelastungen nur wenige Stunden im Jahr vorherrschen.
In der ersten Projektphase wurde das Stromnetz des Pilotgebiets mit Technik zur Messung von Verbräuchen und Einspeisungen ausgerüstet. Zum Einsatz kommen Ethernet-Controller mit 3-Phasen-Leistungsmessklemme und Stromwandler. So werden im Pilotgebiet die drei Phasen überwacht, Messwerte erfasst und an die Netzleitstelle übertragen sowie in einer Datenbank gespeichert. Zusätzlich wird das Gebiet von der Netzleitstelle per Webinterface in Echtzeit eingesehen.
Außer dem Zustand des Netzes könnten die Messdaten die Basis für weitere Szenarien liefern, etwa das gleichzeitige Laden und Entladen von Elektrofahrzeugen. Im Rahmen des Projekts sollen Auswirkungen künftiger Anwendungen wie die Nutzung für Elektromobilität, Smart-Home-Anwendungen oder örtliche Speichereinrichtungen bewertet werden.
Weitere Informationen
[1] BDEW-Whitepaper „Anforderungen an sichere Steuerungs- und Telekommunikationssysteme“, Version 1.0 Berlin, 10. Juni 2008; www.bdew.de/internet.nsf/id/232E01B4E0C52139C1257A5D00429968/$file/2008-06-10_Whitepaper_Sichere%20Steuerungs-_Telekommunikationssysteme.pdf