Kommentar Die Macht von Industrie-4.0-Standards

Heinrich Munz co-gründete nach dem Elektronik-Studium 1985 LP Elektronik, welche sich mit der Verbindung von IT-Mainstream (PCs und Netzwerke) mit industrieller Automatisierung beschäftigte. 1996 wurde LP Elektronik von Kuka übernommen und Munz folgte dem Ruf des Mutterunternehmens, für das er heute als Lead Architect Industry 4.0 tätig ist.

Bild: Kuka
30.10.2019

Warum es ohne Standardisierung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der semantischen Selbstbeschreibung von Maschinen keine Industrie 4.0 und somit auch keine künstliche Intelligenz darin geben wird.

Heinrich Munz war mit diesem Beitrag im A&D-Kompendium 2019/2020 als einer von 100 Machern der Automation vertreten.

Damit die Verheißungen von Industrie 4.0 wie beispielsweise Asset Management, Condition Monitoring, Predictive Maintenance und Machine Learning erfolgreich werden können, bedarf es einer leistungsfähigen und herstellerübergreifen Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) zur sogenannten Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M).

Auch die viel zitierten neuen Geschäftsmodelle, welche durch Industrie 4.0 möglich werden sollen, basieren letztendlich auf Gerätedaten und -diensten der cyber-physischen Systeme. Die M2M-Kommunikation findet zwischen Komponenten, Geräten und Maschinen unterschiedlicher Hersteller untereinander oder von diesen zu IT-Systemen wie beispielsweise SCADA, MES, ERP, Edge und Cloud statt.

Wie an die Metadaten kommen?

Um aus der Datenkommunikation von zunächst wertlosen Einsen und Nullen wertvolle Informationen machen zu können, müssen die jeweiligen Kommunikationsempfänger die Bedeutung der empfangenen Daten kennen – die so genannte Semantik.

Diese Beschreibungen von Daten sind selbst ebenfalls wiederum Daten, sogenannte Metadaten, welche die zugrunde liegenden Daten näher beschreiben, wie zum Beispiel Name der Information, physikalische Einheit, Wertebereich und Zeitstempel.

Es gibt viele Wege, wie die Kommunikationsempfänger an diese Metadaten zwecks korrekter Interpretation der Nachrichten gelangen können. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, dass der Empfänger implizit die Semantik der Daten kennt – beispielsweise aus dem Handbuch des Kommunikationspartners – und indem diese vom Systemintegrator fest kodiert beziehungsweise konfiguriert wird.

Bei der Vielzahl der unterschiedlichen Geräte und somit möglichen Kommunikationsbeziehungen ist dies jedoch ein sehr mühsamer und fehleranfälliger Weg. Die IT zeigt uns bereits seit vielen Jahren, wie dieses Problem gelöst werden kann: Selbstauskunftsfähigkeit von Softwarekomponenten, beispielsweise Reflection bei Hochsprachen, Interface Definition Languages (IDL), JSON, Markup Languages wie HTML oder XML.

Auch Informationsübertragung wird wichtiger

Neben den reinen Übertragungsprotokollen spielt also auch die standardisierte Informationsmodellierung und -übertragung eine wichtige Rolle für zukünftige Automatisierungsnetzwerke. Seit der SPS-Messe 2018 besteht kein Zweifel mehr daran, dass OPC UA dieser Standard ist.

Auf der OPC-Foundation-Pressekonferenz haben sich dort über 20 der weltweit führenden Automatisierungsanbieter im Rahmen der Field-Level-Communication-(FLC)-Initiative der OPC Foundation aktiv inklusive finanziellem Engagement zu OPC UA und TSN bekannt.

Joint Working Groups und Verbände standardisieren

Aber es gibt auch weitere Standardisierungsaktivitäten rund um OPC UA, meist in Form von Joint Working Groups mit anderen Verbänden: Der VDMA erstellt in mehr als 15 herstellerübergreifenden Arbeitsgruppen sogenannte OPC UA Companion Specifications mit den semantischen Selbstbeschreibungen für bestimmte Maschinentypen wie Roboter, Werkzeug-, Spritzguss- und andere Maschinen.

Im ZVEI wird an der Spezifikation der Verwaltungsschale (Asset Administration Shell, AAS) gearbeitet, was eine Art Obermenge von Companion Specifications darstellt und die gesamten Lebensphasen der Assets abdecken soll.

Die Profibus- und Profinet Nutzergruppe arbeitet an der Übertragung des funktional sicheren Protokolls Profisafe nach OPC UA und eine andere Arbeitsgruppe mit DIN und Bitkom standardisieren im Rahmen der DINSpec 92222 (cloud-)hersteller­übergreifend die Details, um OPC UA basierte Daten von den Assets über mehrere Clouds hinweg zu routen. Getestet werden können all die theoretisch erarbeiteten OPC UA Spezifikationen in permanent aufgebauten Testbeds, welche vom Labs Network Industrie 4.0 Verein organisiert werden (LNI 4.0).

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel