Angeblich geschützte Wälder werden abgeholzt, selbst Gaskraftwerke ausgebaut. Als Reaktion auf die Correctiv-Recherche, welche die falschen Werbeversprechen von Gasversorgern aufdeckte, stellen erste Energieunternehmen ihr Angebot ein.
Falsche Gas-Versprechen aufgedeckt
Mit Gas heizen und gleichzeitig das Klima retten: So lautet das Versprechen vieler deutscher Energieversorger an Verbraucherinnen und Verbraucher. Ein Versprechen, das nicht aufgeht.
Das zeigt eine Auswertung der Kompensationsaktivitäten und CO2-Gutschriften von über 100 deutschen Gasversorgern und kommunalen Stadtwerken durch Correctiv für einen Zeitraum von 2011 bis 2024.
Das Ergebnis: 116 Gasversorger haben CO2-Gutschriften aus Klimaschutzprojekten genutzt, die laut wissenschaftlicher Einschätzung nicht plausibel nachweisen können, dass Emissionen tatsächlich reduziert oder eingespart wurden. Betroffen sind damit zwei Drittel von insgesamt 16 Millionen ausgewerteten Gutschriften.
10 Millionen Tonnen klimaschädliches CO2
Eng begleitet wurde die Auswertung von Wissenschaftlerinnen und Experten, darunter das New Climate Institute, die Berkeley University, das Öko-Institut und die Deutsche Umwelthilfe (DUH).
Anders als von den Gasversorgern behauptet wurden mit sehr großer Wahrscheinlichkeit rund 10 Millionen Tonnen klimaschädliches CO2 nicht eingespart oder reduziert. Vermutlich liegt die Zahl dieser „Phantom-Gutschriften“, wie die Biologin und Kompensationsexpertin Jutta Kill sagt, weitaus höher.
Denn auf dem Markt gebe es „kaum ein Kompensationsprojekt, das plausibel nachweisen kann, dass CO2-Emissionen dauerhaft reduziert oder eingespart wurden“, so Kill. Ähnlich äußern sich auch weitere Expertinnen und Experten gegenüber Correctiv.
Vorsätzliche Täuschung der Kunden
„Eine Täuschung, die vor allem dazu dient, eine sterbende Branche am Leben zu halten“, sagt Monique Goyens, Direktorin des Europäischen Verbraucherverbands (BEUC) in Brüssel, gegenüber Correctiv.
„Anstatt das Geschäftsmodell zu ändern, lassen die Gasversorger ihre Kundinnen und Kunden in dem Glauben, sie täten etwas Gutes.“ Dadurch werde ein wirklich nachhaltiger Lebensstil verhindert. „Das ist inakzeptabel.“
Nach Correctiv-Anfrage ziehen die ersten Unternehmen Konsequenzen. Mit den Rechercheergebnissen konfrontiert, kündigt der Energieriese Rhein Energie an, das Ökogas-Angebot zu pausieren, bis „konkrete Projektüberprüfungsverfahren“ vorliegen.
Gasversorger rudern jetzt zurück
Sechs weitere Gasversorger haben die Klimaneutralitätsversprechen nach Correctiv-Anfrage kommentarlos von ihrer Webseite entfernt. Darunter die Stadtwerke Rheine, Neumarkt in der Oberpfalz und Rietberg-Langenberg.
Verbraucherinnen und Verbraucher können in einer Datenbank von Correctiv nachschauen, ob ihr Gasversorger in den vergangenen Jahren ebenfalls fragwürdige CO2-Gutschriften genutzt hat. Die ganze Recherche finden Sie hier.