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Thermisches Management von Embedded Systemen Die Temperatur kontrollieren

Die Eigenschaften von Halbleitern ändern sich durch Temperaturerhöhung. Genaues thermisches Management spielt daher eine besonders wichtige Rolle.

05.11.2019

Mit Fortschreiten der Industrie 4.0, nimmt die Zahl der Embedded Systeme und Industriecomputer (IPC) stetig zu. Diese Rechner kommen in der Automobilindustrie, Bahn-, Medizin- und der Luft- und Raumfahrtechnik zum Einsatz. Neben den klassischen Aufgaben der Steuerung bilden Sie nicht nur die Grundlage bei der Vernetzung der Systeme, sondern dienen als Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Diese Computer müssen oft unter erschwerten Bedingungen zuverlässig und störungsfrei laufen. Hierbei spielt das thermische Management mittels Gehäuse eine besonders wichtige Rolle.

Durch die Temperaturerhöhung ändern sich die Eigenschaften von Halbleitern. Nicht nur die Funktion der Systeme wird beeinträchtigt sondern auch die Lebensdauer der Elektronik. Denn durch eine Erhöhung der Bauteiltemperatur um etwa 10 Kelvin wird die Lebensdauer der Elektronik halbiert. Statistisch gesehen bedeutet das für ein Gerät, welches im kühlen Sibirien womöglich Jahrzehnte lang treue Dienste leistet, ein kurzer Auftritt in der heißen Sahara-Wüste.

Um genau diesen fatalen Temperaturanstieg und damit verbundene Systemausfälle zu vermeiden, ist es wichtig, das System von Anfang an thermisch richtig zu bewerten und auszulegen. Für den Systementwickler bedeutet dies vor der Hardwareauslegung, eine genaue Evaluierung des zukünftigen Einsatzortes der Elektronik.

Denn die Bedingungen am Einsatzort bestimmen die Anforderungen an das Gehäuse. Das Gehäuse ist die schützende Hülle der Elektronik, die gegen vielfältige Gefahren wie Wasser, Staub und mechanische Belastung standhält und auch für einen thermischen Ausgleich sorgt.

Thermische Verlustleistung

Prozessoren (CPUs) nehmen elektrische Energie auf und geben diese in Form von Wärme ab. Die thermische Verlustleistung von CPUs wird Thermal-Design-Power (TDP) genannt und kann wenige Watt bis hin zu mehreren 100 Watt betragen. In der Regel konzentriert sich die Verlustenergie auf eine etwa einen Quadratzentimeter große Fläche.

Heutige CPUs verfügen über eine Schutzschaltung, die bei kritischer Temperaturerhöhung abschaltet. Wäre dieser Schutzmechanismus nicht gegeben, würden viele CPUs ohne Kühlung binnen Sekunden zerstört werden.

Der Rth-Wert

Auf welche Weise ein System gekühlt werden muss, lässt sich durch eine überschlägige Berechnung des Rth-Wertes grob ermitteln. Der Rth-Wert eines Kühlkörpers gibt den thermischen Widerstand an und ist abhängig vom Material, Abmaßen, der Oberflächenbeschaffenheit des Kühlkörpers und der Art der Konvektion.

Dieser setzt sich aus der Temperaturdifferenz zwischen der maximalen Bauteil- und der Umgebungstemperatur, sowie der abzuführenden Verlustleistung zusammen. Die Einheit wird in Kelvin/Watt (K/W) angegeben und gibt Ausschluss darüber, wie viel Kelvin Temperaturdifferenz nötig sind, um 1 Watt Wärmeleistung abzuführen. Anhand einer dedizierten Formel kann der Rth-Wert leicht und problemlos errechnet werden.

Kühlkörper- und Gehäusehersteller geben in Form von Diagrammen an, welchen Wärmewiderstand ihre Produkte haben. Anhand des errechneten Wärmewiderstandes lässt sich eine Aussage darüber treffen, ob eher eine aktive oder eine passive Entwärmung für das Gesamtsystem notwendig ist.

Aktive Entwärmung

Liegt der ermittelte Rth-Wert unter 0,5 K/W wird eine Entwärmung durch eine freie beziehungsweise natürliche Konvektion schwierig. Bei einer aktiven Entwärmung durch eine erzwungene Konvektion werden mittels technischer Hilfsmittel, Gase oder Flüssigkeiten zum Strömen gebracht. Hierdurch steigt die Effektivität eines Kühlkörpers um das Vielfache. Das Kühlmedium durchströmt das System und nimmt deutlich mehr Wärme auf als bei einer passiven Entwärmung gleicher Dimensionierung.

Die Gefahr der Entstehung von Hot­spots ist durch die erzwungene Konvektion wesentlich geringer. Für die Luftkühlung kommen in der Regel mit Kühlkörpern kombinierte Axial- oder Radiallüfter zum Einsatz. Bei einer Flüssigkeitskühlung übernimmt eine Umwälzpumpe die Aufgabe der Kühlmittelzirkulation.

Als Kühlmittel kommt oft destilliertes Wasser mit Korrosionsinhibitoren zum Einsatz. Durch die aktive Kühlung sind Systeme empfindlicher gegenüber Schmutz und Wasser. Pumpen und Lüfter verursachen Geräusche und bedürfen einer zusätzlichen Überwachung vor unerwünschten Stillständen.

Passive Entwärmung

Bei einer passiven Entwärmung wird die Wärme vom Kühlkörper über die freie Konvektion an die Umgebungsluft abgegeben. Ein passiv entwärmter Computer besteht meist aus einem Wärmeableitgehäuse, welches über einen integrierten Kühlkörper verfügt. Der Kühlkörper spreizt die aufgenommene Wärme und vergrößert durch die Rippengeometrie die wärmeabgebende Oberfläche.

Passiv gekühlte Systeme sind geräuschlos und können durch die fehlenden Lüftungsöffnungen höhere Gehäuseschutzklassen erreichen. Wenn sich die Umgebungsparameter ändern können passiv entwärmte Systeme schnell an die thermischen Grenzen gelangen.

Der richtige Wärmepfad

Wärmeenergie wird vom warmen Körper an Körper mit niedrigerer Temperatur übertragen. Hierfür gibt es drei Arten der Wärmeübertragung. Die Wärmeströmung, auch Konvektion genannt, Wärmestrahlung und die Wärmeleitung. In der Regel treten alle drei Formen der Wärmeübertragung gleichzeitig auf.

So auch bei der Entwärmung von Embedded Systemen oder IPC. Die Primäre Aufgabe besteht darin, die Wärme an der Quelle abzugreifen und über den direkten Weg, also über die Strecke mit dem geringsten Widerstand, an die Umgebung abzugeben. Bei Embedded Systemen oder IPCs gibt es folgende Möglichkeiten:

Der direkte Weg zum Kühlkörper: Bei dieser kostengünstigen Variante wird zum Beispiel die CPU oder eine andere Wärmequelle wie die GPU, direkt mit dem Kühlkörper verbunden. Die Wärme gelangt auf dem kürzesten Weg zum Kühlkörper. Bei dieser Variante besteht die Gefahr, dass bei einer zu kleinen Wärmeeintragsfläche die Wärme von zum Beispiel der CPU nicht ausreichend schnell auf den Kühlkörper übertragen und verteilt wird (Wärmestau).

Wärmespreizung über Heatspreader: Bei dieser Variante kommt ein Wärmespreizblech, ein sogenannter Heatspreader zum Einsatz, der zwischen Kühlkörper und Wärmequelle gelegt wird. Moderne CPUs werden mit verklebten oder verlöteten Heatspreadern (Integrated Head Spreader, IHS) angeboten. Heat­spreader sind Platten zur Wärmespreizung, die oft aus Metallen mit einem hohen Wärmeleitwert, wie etwa Kupfer (λ = 380 (W/(m*K)), bestehen. Heatspreader sind hervorragend geeignet, um Wärme schnell aufzunehmen und diese großflächig auf den Kühlkörper zu verteilen.

Heatpipes als Transportmittel: Ist Wärmespreizung mittels Heatspreader nicht ausreichend, oder soll die Wärme über eine längere Strecke bewegt werden, kommen sogenannte Heatpipes zum Einsatz. Heatpipes sind Wärmeleitrohre, die für den Wärmetransport die Verdunstungswärme von beispielsweise Wasser nutzen. Die im geschlossenen Rohr unter Druck stehende Flüssigkeit verdunstet durch Wärmezufuhr und kondensiert am anderen Ende durch die Wärmeabgabe an einem Kühlkörper. Heatpipes werden mit Heatspreadern und Kühlkörpern kombiniert. Im Vergleich zu Kupferteilen gleicher Geometrie, lassen sich 100 bis 1000-fach größere Wärmemengen transportieren.

Thermal Interface Materials

„Thermal Interface Materials“ (TIM) oder auch im deutschen Wärmeleitmaterialien genannt, sind Füllmaterialien, die der verbesserten Wärmeübertragung zwischen zwei Wärmeleitenden Komponenten dienen. Jede zu makellos glatt wirkende Fläche, weist eine herstellungsbedingte Rauigkeit auf. Werden zwei Flächen, zum Beispiel CPU und Kühlkörper aufeinandergelegt, entstehen Lufteinschlüsse.

Da Luft mit einem Wärmeleitwert von 0,02 (W/(m*K)), ein über 10000-fach schlechterer Wärmeleiter als Aluminium (220 W/(m*K)) ist, wird die Wärme nur sehr schlecht übertragen. Durch den Einsatz von Wärmeleitmaterialien wird die isolierende Luft größtenteils verdrängt und eine großflächige Kontaktierung gewährleistet.

Simulation senkt Kosten

Um die Laufzeit von Industriecomputern oder auch Embedded Systemen zu verlängern beziehungsweise die Lebenszeit zu maximieren, sind thermische Simulationen unabdingbar. Mithilfe einer Wärmesimulation werden das Gehäusekonzept und die CPU auf die Einsatzumgebung angepasst und optimiert.

Dabei wird zunächst geschaut, ob eine freie Konvektion oder eine erzwungene Konvektion nötig ist, um die Bauelemente im Gehäuse zu Entwärmen. Bei der freien Konvektion werden die Wärmeübergänge der einzelnen Bauteile durch die thermische Simulation dargestellt und gegebenenfalls in der Simulation optimiert.

Zusätzlich zu den Wärmeübergängen wird bei der erzwungenen Konvektion beziehungsweise aktive Kühlung auch die Luftführung beziehungsweise das Strömungsverhalten im ganzen Gehäuse simuliert, um einem Wärmestau und damit einen Ausfall des Systems zu vermeiden. Somit werden durch thermische Simulationen sowohl Kosten in der Entwicklungsphase als auch während des gesamten Produktlebenszyklus eingespart.

Bildergalerie

  • Wärmediagramm eines Wärmeableitgehäuses, Verlauf des Rth-Wertes mit zunehmender Gehäuseprofillänge.

    Wärmediagramm eines Wärmeableitgehäuses, Verlauf des Rth-Wertes mit zunehmender Gehäuseprofillänge.

  • Darstellung zur Entwärmung von einem Prozessor mit Integreated Heat Spreader (IHS) und Wärmeleitmaterial (TIM).

    Darstellung zur Entwärmung von einem Prozessor mit Integreated Heat Spreader (IHS) und Wärmeleitmaterial (TIM).

  • Thermische Simulation eines Gehäuseprofils mit Elektronik.

    Thermische Simulation eines Gehäuseprofils mit Elektronik.

  • Ersatz.

    Ersatz.

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