Solarzellen aus Silicium dominieren heute den globalen Photovoltaikmarkt mit einem Anteil von rund 90 Prozent. Forschung und Industrie arbeiten sich mit neuen technologischen Entwicklungsschritten an die theoretische Wirkungsgradgrenze des Halbleitermaterials Silicium heran. Gleichzeitig gehen sie neue Wege, um eine neue Generation von noch effizienteren Solarzellen zu entwickeln.
Die jetzt erzielte hohe Umwandlungseffizienz einer Mehrfachsolarzelle aus Silicium erreichten die Forscher durch 0,002 mm dünne Halbleiterschichten – weniger als ein Zwanzigstel der Dicke eines Haars – aus III-V-Verbindungshalbleitern, die auf eine Siliciumsolarzelle aufgebracht werden. Das sichtbare Licht wird effizient in einer ersten Solarzelle aus Gallium-Indium-Phosphid absorbiert, das nahe Infrarotlicht in Galliumarsenid und längerwelliges Licht schließlich in Silicium.
Noch höhere Wirkungsgrade erwartet
So können die Wirkungsgrade heutiger Silicium-Solarzellen signifikant gesteigert werden. „Die Photovoltaik ist eine der wichtigsten Säulen für die Energiewende“, sagt Dr. Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE. „Die Kosten sind inzwischen so weit gesunken, dass die Photovoltaik eine wirtschaftliche Alternative zu konventionellen Energien darstellt. Aber diese Entwicklung ist noch lange nicht am Ende, und das neue Ergebnis zeigt, wie wir durch höhere Wirkungsgrade den Materialverbrauch reduzieren und damit nicht nur die Kosten noch weiter optimieren, sondern Solarstrom auch ressourcenschonend herstellen können.“
Bereits im November 2016 hatten die Freiburger Solarforscher mit ihrem Industriepartner EVG einen Wirkungsgrad von 30,2 Prozent demonstriert und diesen im März 2017 auf 31,3 Prozent erhöht. Nun konnten sie die Lichtabsorption und die Ladungstrennung im Silicium noch einmal deutlich verbessern und damit einen neuen Rekordwert von 33,3 Prozent erzielen. Die Rekordzelle mit dem neuen Ansatz gleicht von außen einer herkömmlichen Solarzelle mit zwei Kontakten und kann somit leicht in Photovoltaik-Module integriert werden. Die Technologie hat auch die Jury der GreenTec Awards 2018 überzeugt: Sie wählte diese Entwicklung unter die Top Drei in der Kategorie Energie.
Die Technologie der Zelle
Beim Konzept der Mehrfachsolarzellen übertrugen die Forscher 1,9 μm dünne III-V-Halbleiterschichten auf Silicium. Die Verbindung gelang ihnen mittels eines aus der Mikroelektronik bekannten Verfahrens, dem direkten Waferbonden. Die Oberflächen wurden in einer EVG580-Combond-Kammer im Hochvakuum mit Hilfe eines Ionenstrahls deoxidiert und anschließend unter Druck miteinander verpresst. Es entsteht eine Einheit, indem die Atome der III-V-Oberfläche Bindungen mit dem Silicium eingehen. Der Solarzelle sieht man die komplexe innere Struktur nicht an, sie besitzt wie herkömmliche Siliciumsolarzellen einen einfachen Vorder- und Rückseitenkontakt und kann wie diese in PV-Module integriert werden.
Die Mehrfachsolarzelle auf Siliciumbasis weist eine Abfolge von übereinander gestapelten Teilzellen aus Gallium-Indium-Phosphid (GaInP), Gallium-Arsenid (GaAs) und Silicium (Si) auf, die intern durch sogenannte Tunneldioden verschaltet sind. Die oberste Zelle aus GaInP absorbiert Strahlung zwischen 300 und 670 nm, die GaAs-Zelle zwischen 500 und 890 nm und die Si-Zelle zwischen 650 und 1180 nm. Die III-V-Schichten wurden zunächst auf einem GaAs-Substrat epitaktisch abgeschieden und dann auf eine speziell angepasste Siliciumsolarzellenstruktur gebondet. Hierbei wurden auf der Vorder- und Rückseite des Siliciums tunneloxid-passivierte Kontakte (TOPCon) aufgebracht. Anschließend wurde das GaAs-Substrat entfernt, ein nanostrukturierter Rückseitenkontakt zur Weglängenverlängerung des Lichts aufgebracht sowie ein Vorderseitenkontaktgitter und eine Antireflexbeschichtung.
Auf dem Weg zu einer industriellen Fertigung der III-V/Si-Mehrfachsolarzelle müssen die Kosten der III-V-Epitaxie und der Verbindungstechnologie mit Silicium weiter gesenkt werden. Hier liegen große Herausforderungen, die die Freiburger Fraunhofer-Forscher in zukünftigen Entwicklungsvorhaben in ihrem neu entstehenden Zentrum für höchsteffiziente Solarzellen lösen wollen. Dort sollen sowohl III-V- als auch Siliciumtechnik der nächsten Generation entwickelt werden. Zielsetzung ist es, in Zukunft höchsteffiziente Solarmodule mit mehr als 30 Prozent Wirkungsgrad zu ermöglichen.