In einem Forschungsprojekt unterstützt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE das Monitoring des Verwaltungsgebäudes. Vor dem Hintergrund steigender fluktuierender Stromeinspeisung wurden auch Konzepte für einen netzdienlichen Betrieb erarbeitet. Am 20. November 2019 stellten die Projektpartner Fraunhofer ISE, Badenova, DS-Plan und Stadt Freiburg Ergebnisse des Projekts vor. In dem Workshop wurden auch Herausforderungen an zukünftige Versorgungsnetze diskutiert.
Energiegewinnung des Nullenergiegebäudes
Das 2017 nach dreijähriger Bauzeit fertiggestellte Rathaus im Stühlinger bietet Platz für 840 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit einer Nettogrundfläche von 22.650 m2 ist das neue Verwaltungsgebäude das europaweit größte Gebäude mit der Zielsetzung Nullenergiegebäude. Für die Energiegewinnung am Gebäude wird die gesamte Gebäudehülle genutzt: Photovoltaik (PV) ist unter anderem in die Fassade integriert, auf dem Dach befinden sich zusätzlich PV-Module und Hybridkollektoren (photovoltaisch-thermische Kollektoren – PVT) zur gleichzeitigen Bereitstellung von elektrischem Strom und Wärme, unter anderem für die Kantine.
Die Heizung basiert auf zwei Grundwasser-Wärmepumpen, gekühlt wird über einen Grundwasser-Wärmetauscher. Heizung und Kühlung erfolgen energieeffizient über Flächensysteme, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung bilden das Belüftungskonzept. „Für Gebäude dieser Größenordnung ist eine ausgeglichene – oder positive – Jahresenergiebilanz eine Herausforderung, da ein Gebäude je größer desto kompakter ist. Daher sinkt relativ zur Nutzfläche die zur lokalen Energiegewinnung über Photovoltaik verfügbare Hüllfläche. Das Rathaus im Stühlinger zeigt, dass dies trotzdem gelingen kann“, sagt Dr. Peter Engelmann, der das Projekt am Fraunhofer ISE leitet.
In dem vierjährigen Forschungsprojekt „Rathaus Freiburg – Netzdienliches Netto-Nullenergie Bürogebäude“, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wurde, hat das Fraunhofer ISE zusammen mit den Projektpartnern Stadt Freiburg, Badenova und DS-Plan Werkzeuge zur Planung und Erfolgskontrolle des Plusenergiegebäudes eingesetzt und weiterentwickelt. Während der Betriebsführung werden die dynamischen Lastprofile von Bedarf und Erzeugung optimiert. Im ersten vollen Betriebsjahr 2018 wurde das Energieziel fast erreicht.
Gebäude als dezentrale Kraftwerke
Durch den Ausbau dezentraler erneuerbarer Energiesysteme nimmt der Anteil der fluktuierenden Energie aus Solar- und Windkraftanlagen zu, gleichzeitig erfolgt eine zunehmende Elektrifizierung der Bereiche Wärmeversorgung (über Wärmepumpen) und Mobilität (Elektrofahrzeuge), was erhöhte Anforderungen an die Stabilität der Stromnetze stellt. Gebäude mit eigener Stromerzeugung speisen als dezentrale Kraftwerke überschüssigen Strom ein, können ihren Strombezug zur Wärme- und Kältebereitstellung aber auch an die Bedürfnisse der Netze anpassen und damit in Zukunft aktiv eine netzdienliche Rolle spielen.
In verschiedenen Forschungsprojekten untersuchen und entwickeln sowohl das Fraunhofer ISE als auch die badenova Betriebs- und Regelstrategien, die neben Anforderungen aus der Bedarfsdeckung im Gebäude (maximale Effizienz, Komfort) sowohl die Herausforderungen eines auf erneuerbaren Energien basierenden Energiesystems beinhalten (maximale Flexibilität) als auch die Stabilität und Qualität der Versorgungsnetze berücksichtigen. Führungsgrößen für diese Flexibilität können ökologischer Art sein (aktuelle Zusammensetzung der Stromerzeugung), ökonomische Anreize (dynamische Preise) oder die Vermeidung von Netz-Engpässen.