Winzig klein ist sie, meist kaum größer als ein Cent-Stück. In ihrem Gewand aus Kunststoff und Metall wirkt sie beinahe unscheinbar und doch verbirgt sich hinter der Fassade ein großes Talent, dem in der Elektrotechnik große Aufgaben zuteil werden: Hier sorgt sie für eine gute Verbindung und den richtigen Anschluss. Die Rede ist von der Federklemme.
Durch sie hat sich das Unternehmen Wago bereits vor über 50 Jahren einen Namen gemacht. Alleine bei der elektrischen Verbindungstechnik ist es allerdings nicht geblieben: In der Automatisierungstechnik bietet das Unternehmen seit 1995 modulare, feldbusunabhängige Steuerungssysteme. Aufbauend auf diesen Erfahrungen mischt man seit nunmehr sieben Jahren in der Energiebranche mit. Die Herausforderungen, die die Energiewende und das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit sich bringen, haben diesen Kurs bestätigt.
Getrieben durch rechtliche Rahmenbedingungen bietet Wago seine Lösungen vor allem für Ortsnetzstationen, virtuelle Kraftwerke und Erneuerbare-Energien-Anlagen, erklärt Manuel Schmidt (siehe Interview auf Seite 14), bei Wago zuständig für Market-Management Energie: „Wir sind in der Tat seit vielen Jahren in der Energiebranche tätig. Dort hat sich in der jüngeren Vergangenheit ein neues Geschäftsfeld entwickelt, das sich vor allem auf den Ausbau der Erneuerbaren zurückführen lässt.“
Anschluss für Erneuerbare
So sieht beispielsweise die Novelle des EEG für 2012 vor, dass alle Anlagen, die seit 2012 gebaut werden, eine Abschalteinrichtung besitzen müssen. Damit sollen Netzversorger in der Lage sein, ihre Anlagen abzuregeln oder abzuschalten. Hierzu gehören kleine Anlagen mit Leistungen unter 30 Kilowatt, mittelgroße Anlagen zwischen 30 und 100 kW und große Anlagen, die mehr als 100 kW leisten. Ein Eingriff in die Leistung der Anlagen ist immer dann nötig, wenn die Netzstabilität durch die diskontinuierliche Einspeisung aus erneuerbaren Quellen gefährdet ist. Diese Leistungsregelung, etwa von Photovoltaik-Anlagen, erfolgt dann entweder stufenlos über die sogenannte Cos-Phi-Regelung, um Blindleistung zu kompensieren, oder in den vier Stufen 0, 30, 60 und 100 Prozent. Beides ist mit Wago-Technik möglich.
Der Gesetzgeber schreibt außerdem vor, dass große Anlagen über 100 kW fernwirktechnisch eingebunden werden müssen. Das erfordert jedoch von den Anlagenbetreibern auch, dass sie in der Lage sind, dem Netzbetreiber eine Ist-Einspeiseleistung zu übergeben. „Dies wird der Leittechnik des Energieversorgers vorrangig über Fernwirkprotokolle mitgeteilt. Der Trend geht dabei weg von proprietären Protokollen und hin zu offenen Fernwirkprotokollen“, erläutert Schmidt. In ausgewählten Steuerungen des Wago-I/O-Systems sind die gängigen Fernwirkprotokolle IEC 60870, IEC 61850, IEC 61400 und Modbus bereits implementiert, um diese Aufgabe zu bewältigen.
Dabei gebe man sich aber mit der fernwirktechnischen Anbindung allein nicht zufrieden: „Der Mehrwert, den Wago bietet, ist unter anderem eine Cos-Phi-Vergleichsmessung am Einspeisepunkt oder die Einbindung des Blindleistungsrichtungs-Unterspannungsschutzes.“
Mehrwert gibt es aber auch für Betreiber von Anlagen, deren Leistung kleiner als 100 kW ist: „Mit integrierten Ein- und Ausgängen sowie einem integrierten GSM-Modem ist unser Fernwirkmodul To-Pass Compact eine Alternative zur Rundsteuertechnik“, erklärt Manuel Schmidt. Die kostengünstigen Kompaktgeräte lassen sich per Software-Baustein fernwirktechnisch zur Leistungsreduzierung im Leitsystem einbinden. Im Gegensatz zur Rundsteuertechnik ist es damit jetzt schon möglich, Ist-Werte und somit als Fernwirkvariable auch die Ist-Einspeiseleistung zu übergeben. Das sei zwar für kleinere Anlagen noch kein Muss. Wenn das EEG dies aber in Zukunft fordert, ist kein Umbau mehr nötig.
Kommunikation für virtuelle Kraftwerke
Klar ist: Um das Netz trotz dezentraler Einspeisung stabil zu halten, müssen alle gemeinsam anpacken. Die Idee ist deshalb, Erzeuger in virtuellen Kraftwerken zu organisieren. Wago hat mit dem PFC200 Anfang 2013 eine neue Steuerungsgeneration vorgestellt, die sich auch für diese Aufgabe eignet. Der Controller unterstützt die Verschlüsselungsverfahren IPsec und OpenVPN direkt aus der Steuerungseinheit heraus.
Für die Kommunikation mit Steuerungssystemen stehen zwei Ethernet-Anschlüsse und je nach PFC200-Variante weitere Schnittstellen wie CAN und Profibus parat. Genau wie bei der Federklemme zeigt sich die Größe auch hier in der Kompaktheit.
Gedanklich ist das Unternehmen aus Minden schon weiter: In Zukunft wird im Zusammenhang mit virtuellen Kraftwerken auch die Speicherung von Energie eine immer größere Rolle spielen. „Hier hat es in letzter Zeit bedeutende Neu- und Weiterentwicklungen gegeben“, bemerkt Schmidt. „Speichertechnologien tragen ebenfalls zur Netzstabilisierung bei.“
Mit dem Wago-Automatisierungssystem Serie 750 als vernetzende Monitoring- und Steuerungseinheit könne man mit Hilfe verschiedener Kommunikationsprotokolle Erzeugung und Verbrauch in ein Verhältnis bringen und auftretende Schwankungen durch Speicher abfangen.
Intelligenz für Ortsnetzstationen
Ebenfalls Zukunftsthema, aber heute schon relevant, sind Ortsnetzstationen, die bei Wago ebenfalls auf der Agenda stehen. Denn erneuerbare Energie allein - oder im Verbund - macht noch keine Energiewende. Auch das Verteilnetz steht vor großen Herausforderungen. Damit Ortsnetzstationen das Netz im Griff behalten, müssen sie mit zusätzlichen „intelligenten“ Geräten versehen werden.
Dabei spielen vor allem der begrenzte Platz und die Frage nach der Wirtschaftlichkeit eine Rolle. Auch darauf hat Wago eine Antwort in Form von speziellen Busklemmen. Die 3-Phasenleistungsmessklemmen etwa ermöglichen ein detailliertes Netzmonitoring, angefangen bei der Berechnung von Wirk-, Schein-, und Blindleistung über die Frequenz bis hin zur Ermittlung der Energieflussrichtung, Oberwellenanalyse und weiteren wichtige Kennzahlen. Das I/O-System erlaubt darüber hinaus die Integration verschiedener Geräte wie Kurzschlussanzeiger oder Netzanalysegeräte.
Die Akteure rücken zusammen
Alle drei Applikationen sind mit einer einzigen Steuerung abgreifbar. Einen Mehrwert für Kunden bietet das Produkt, mit dem für Wago alles anfing: Die Federklemme. Das Unternehmen hat aber das „Big Picture“ im Blick und versteht sich als Lösungsanbieter, der komplett montierte hardwaretechnisch verdrahtete Boxen mit Visualisierungsoberfläche liefert. Der Kunde soll auf diese Weise möglichst wenig Aufwand haben. In jedem Fall fühlt man sich bei Wago auf die Energiewende vorbereitet: „Unser Automatisierungssystem ist nicht zuletzt wegen seiner Flexibilität und wegen seines modularen Aufbaus bereits heute bestens für die neuen Anforderungen ausgelegt“, resümiert Schmidt.
Wo auch immer die Entwicklung hingeht, die Wurzeln werden immer dieselben bleiben und so wird auch in Zukunft die Größe im Detail stecken.