Soll eine Applikation mithilfe eines bestimmten Moduls realisiert werden, sind zunächst elementare Fragen zu beantworten: Welcher Prozessor und welcher Modultyp sollen es sein? Stehen die benötigten Schnittstellen zur Verfügung? Diese und ähnlich technische Fragen lassen sich meistens mittels der Spezifikationen von der Herstellerwebsite klären. Nach dieser Pflicht kommt dann jedoch die Kür. Bevor Sie eine langfristige Bindung an einen Anbieter eingehen, sollten Sie noch weitere Punkte abklopfen, die im Bewerbungsgespräch eher unter Soft-Skills laufen würden.
Erfahrung des Herstellers?
So ist zunächst einmal wichtig wie viel Erfahrung der Hersteller mit dem gewünschten Prozessor und Chipsatz hat. Denn so spannend „lerning by doing“ sein mag, die Lernphase des Zulieferers sollte man lieber nicht allzu hautnah miterleben. Außerdem ist eine lange Erfahrung mit einer Plattform meistens auch Synonym für eine gute Beziehung zu deren Hersteller und die wiederum für zuverlässige Informationen, schnelle und bevorzugte Belieferung und viele weitere Vorteile. Achten Sie ruhig auch auf Mitgliedschaft Ihres künftigen Geschäftspartners in Partnerprogrammen des Chip-Herstellers. Auch über Erfahrungen des Anbieters in ähnlichen Applikationsumfeldern wie dem Ihren sollten Sie sich informieren. Hat er solche, sind ihm mögliche Herausforderungen und Probleme wahrscheinlich oft schon bekannt und sie lassen sich schon im Vorfeld vermeiden oder wenigstens schnell lösen.
Größe der Anbieterfirma?
Ebenfalls nicht unwichtig ist die Unternehmensgröße des Modulanbieters. Hier geht es nicht um die reine Mitarbeiterzahl oder die Größe der Produktionsstätte, aber um Werte, die sich teilweise hiervon ableiten: Zunächst einmal ist interessant, ob der Anbieter selbst fertigt beziehungsweise fertigen kann. Ist dies der Fall, kann er tendenziell schneller und flexibler auf Ihre Wünsche reagieren. Allerdings ist in diesem Fall auch wichtig, über welche Kapazitäten und technischen Voraussetzungen die Firma verfügt. Arbeitet Ihr Partner bei Ihren Aufträgen von Anfang an am Anschlag wird er zukünftig womöglich an seine Grenzen stoßen. Puffer sind auch sinnvoll, damit beispielsweise der zeitweise Ausfall einer Fertigungslinie nicht direkt den gesamten Zeitplan kippt. Auch für künftige Herausforderungen sollte ein Lieferant technologisch gewappnet sein. Bei einem selbst fertigenden Modulanbieter kann es durchaus sinnvoll sein, die Fertigungslinien zu besichtigen oder sich zumindest detailliert über die dortigen Voraussetzungen informieren zu lassen.
Design- und Entwicklungs-Know-how
Neben der Fertigungstiefe ist ein weiteres wichtiges Unterscheidungskriterium, wie tief der einzelne Anbieter in Design und Entwicklung involviert ist. Entwicklungs-Know-how, das über das Modul selbst hinausgeht, ist von großem Vorteil. Hat man zum Beispiel schon Erfahrungen bei der Entwicklung von Starterkits gemacht, können die in die Planung des Applikationsboardes einfließen. Schauen Sie sich daher genau an, wie viel Vorarbeit in Eval-Board oder Starterkit stecken. Auch die Softwareentwicklung sollte Thema bei der Anbieterwahl sein. Stehen BSPs oder andere Treiber zur Verfügung? Verfügt mein Partner über eigene Softwareentwickler? Sowohl im Bereich Hardware als auch bei der Software können sich Lieferumfang und möglicher Support meilenweit unterscheiden.
Testverfahren und Traceability
Fertigende Modulanbieter sind für die Fertigungsqualität weitgehend selbst verantwortlich. Treten Probleme auf, ist deren Ursache im eigenen Hause oft schneller gefunden. Wobei dies nicht im Umkehrschluss heißt, dass die Zusammenarbeit eines Modulanbieters mit einem Fertigungsdienstleister nicht auch gut funktionieren und in bestimmten Fällen auch von Vorteil sein kann. Ob selbst hergestellt oder vom Dienstleister gefertigt: Adäquate Testverfahren mit ausreichender Testtiefe sollte ein Hersteller auf jedem Fall zur Verfügung haben. Bei Applikationen wie zum Beispiel Automotive, Aviation, Bahn- oder Medizintechnik müssen die jeweils erforderlichen Testverfahren ohnehin nachweisbar sein. Denn tritt später ein Fehler auf, der mit dem Modul im Zusammenhang steht, muss überprüfbar sein, wer, wann, wo und wie die Tests durchgeführt hat und wo, wann und wie das Modul gefertigt wurde. Diese Traceability bietet ein Hersteller im Idealfall bis auf Bauteilebene an. Ist all dies datenbanktechnisch erfasst und verfügbar, ist der nächste wichtige Schritt ein logischer.
Liefersicherheit und Obsoleszenz
Denn wenn alle bekannt sind, lassen sich diejenigen wesentliche Bauteile identifizieren, deren endender Lebenszyklus die Liefersicherheit für ein Modul begrenzt. Idealerweise setzt Ihr Anbieter bereits beim Design auf Obsoleszenzverfahren und vermeidet Bauteile mit knapper Lieferbarkeitsspanne. Nur so lässt sich die Langzeitverfügbarkeit garantieren. Rein auf dem Produktzyklus des Prozessors basierende Prognosen sind beliebt, in der Praxis aber wenig tauglich. Ebenso wenig sollten Sie sich auf Versprechen einlassen, Standardmodule ließen sich in jeder Applikation problemlos durch den jeweiligen Nachfolger ersetzen. Dieser Glaube hat sich schon häufig als Trugschluss herausgestellt.
Fazit
Lassen Sie sich bei der Entscheidung für einen Anbieter nicht vom einfachen Verhältnis Leistungsdaten zu Modulpreis leiten. Es gibt weitere immens wichtige Faktoren, die zu ignorieren sich in Bälde rächen kann. Umgekehrt kann die richtige Wahl des Geschäftspartners eine langfristige Beziehung entstehen lassen, bei der zusätzliche Dienstleistungen und reger Erfahrungsaustausch wichtige Benefits sind.