Wirkstoff-Herstellung aus einem Guss Flow-Reaktor revolutioniert Medikamentenfertigung

Da die Flow-Methode problemlos skalierbar ist, lassen sich große Mengen Wirkstoff in einem relativ kleinen Maßstab produzieren.

28.07.2017

Reaktorkessel adé: Mit der Flow-Methode lassen sich Wirkstoffe im Mikroreaktor wesentlich nachhaltiger und mit weniger Aufwand produzieren.

Die Herstellung von Wirktstoffen für Medikamente und andere komplexe Substanzen ist derzeit noch sehr aufwändig. Oft muss jedes Zwischenprodukt getrennt voneinander in großen Reaktorkesseln erzeugt werden. Chemiker der Universität Bielefeld arbeiten zusammen mit internationalen Projektpartnern an einer Alternative: der Flow-Methode. Sie kombiniert die Herstellungsstufen und läuft beispielsweise in Mikroreaktoren ab, so dass sich die gewünschte Substanz ohne Unterbrechungen produzieren lässt.

Mit grüner Chemie Aufwand und Ressourcen sparen

Professor Dr. Harald Gröger vom Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) und Lehrstuhl für Organische Chemie Ider Universität Bielefeld leitet das deutsche Teilprojekt von ONE-FLOW. Der Bielefelder Wissenschaftler gilt als Vertreter der „Grünen Chemie“, in der es um umweltschonende chemische Reaktionen geht.

„Die bisher übliche Reaktorkessel-Technik ist wegen ihrer vielen Produktionsschritte besonders zeitintensiv. Zusätzlich hat sie den Nachteil, dass durch die Aufarbeitung von Zwischenstufen viele Abfallstoffe entstehen. Die Technik nutzt die Ausgangsstoffe somit nicht effizient“, sagt Gröger.

Nach jedem Produktionsschritt wird typischerweise das Zwischenprodukt aufgereinigt. Dafür können erhebliche Mengen an Lösungsmittel erforderlich sein, die nach der Aufarbeitung als Abfall anfallen. „Hier lässt sich der Ressourcenbedarf reduzieren und Abfall einsparen, was die Produktion sowohl wirtschaftlich attraktiver als auch nachhaltiger macht“, sagt der Chemiker und Biotechnologe.

Domino-Effekt in der Chemie nutzen

Für die Flow-Technik lassen sich Gröger und seine Kollegen von der Natur inspirieren. In biologischen Zellen laufen chemische Vorgänge gleichzeitig und als „Dominoreaktionen“ ab – und das fortwährend. Die Bedingungen in Zellen bleiben die ganze Zeit gleich: der Druck, die Temperatur und das Lösungsmittel (Wasser).

In den Zellen sorgen Enzyme dafür, dass die Reaktionen angestoßen und abgeschlossen werden. Diese Prinzipien aus Zellen wollen die Forscher auf die Produktion in Mikroreaktoren übertragen.

Große Ausbeute im kleinen Maßstab

Die Herstellung der gewünschten Substanzen braucht im Flow-Verfahren deutlich weniger Energie und Platz als beim konventionellen Verfahren. Als Mikroreaktoren verwenden die Forscher hauptsächlich Durchfluss-Reaktoren mit sogenannten Strömungsrohren, deren Durchmesser deutlich unter einem Millimeter liegt.

„Das Besondere ist, dass wir auch im kleinen Maßstab große Stoffmengen produzieren können. Dadurch können wir ohne großen Aufwand im jeweilig gewünschten Maßstab Substanzen herstellen“, sagt Gröger. „Wenn wir die Menge vergrößern wollen, setzen wir einfach zusätzliche Mikroreaktoren ein. Die Probleme bei der Maßstabsvergrößerung entfallen also.“

Reaktionen steuern sich selbst dank Katalysatoren

Damit mehrere Reaktionen in dem miniaturisierten Strömungsrohr gleichzeitig ablaufen können, dürfen diese sich nicht gegenseitig stören. „Wir entwickeln Methoden, die gewährleisten, dass jede Reaktion abgeschirmt ist“, sagt Gröger.

Um Reaktionen anzustoßen, nutzen die Chemiker Katalysatoren. Yasunobu Yamashita beschäftigt sich im Projekt zum Beispiel damit, wie diese Teilchen unter den jeweiligen Reaktionsbedingungen ihre optimale Aktivität entfalten. Grögers Forschungsgruppe ist spezialisiert auf die Kombination von Bio- und Chemokatalysatoren.

Biokatalysatoren finden sich als Enzyme in der Natur. Chemokatalysatoren sind künstlich entwickelt. „Mit der Kombination aus Chemo- und Biokatalyse im Flow-Reaktor wollen wir effizient pharmazeutisch relevante Produkte bei Raumtemperatur und damit nachhaltiger und gezielter erzeugen“, sagt Gröger.

Bildergalerie

  • Prof. Dr. Harald Gröger arbeitet im Projekt One-Flow an einem Herstellungsverfahren für chemische Substanzen durch Kombination von Bio- und Chemokatalyse in Flow-Reaktoren.

    Prof. Dr. Harald Gröger arbeitet im Projekt One-Flow an einem Herstellungsverfahren für chemische Substanzen durch Kombination von Bio- und Chemokatalyse in Flow-Reaktoren.

    Bild: Universität Bielefeld

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