Eine bidirektionale Verbindung zum ROS-Framework aufbauen FTS auf der Überholspur

Phoenix Contact Deutschland GmbH

Phoenix Contact nutzt seine Produktionsbereiche, um das Optimierungspotenzial durch fahrerlose Transportsysteme zur Materialversorgung der Maschinen und Anlagen zu erproben.

Bild: Phoenix Contact
13.06.2024

Zur Steigerung der Produktivität werden in der Intralogistik unter anderem fahrerlose Transportsysteme (FTS) und autonome mobile Roboter (AMR) eingesetzt. Bei deren Integration in das Intralogistiknetzwerk spielt die Art der Navigation eine große Rolle, denn sie beeinflusst sowohl die Zuverlässigkeit als auch die Flexibilität der Applikation. Die einfache Anbindung an das Robot Operating System und seine (Navigations-)Funktionalitäten unterstützten bei der Umsetzung der Navigation.

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FTS und AMR, im Folgenden als fahrerlose Transportsysteme (FTS) zusammengefasst, benötigen verschiedene Informationen, damit sie durch eine Umgebung navigieren können. Dazu zählen zum Beispiel die aktuelle Position des Fahrzeugs zu einem Referenzpunkt - beispielsweise einem Nullpunkt im Raum oder einer Ebene -, das zu erreichende Ziel und die Fähigkeit, die Fortbewegung des Fahrzeugs nachzuverfolgen. Darüber hinaus muss die Kinematik des Fahrzeugs der Navigation in geeigneter Form übergeben werden. Das kinematische Modell beschreibt, wie sich ein FTS fortbewegen kann. Ein konkretes Beispiel stellt der Differentialantrieb als weitverbreitetes Modell für FTS dar. Dabei werden zwei unabhängig voneinander angetriebene Räder auf einer Achse sowie mehrere Stützrollen genutzt. Durch das Vorgeben von Geschwindigkeiten lassen sich unterschiedliche Lenkwinkel einstellen. Zum Beispiel dreht sich das FTS bei gleicher Radgeschwindigkeit in entgegengesetzte Richtungen auf der Stelle.

Das Schätzen respektive Nachverfolgen der Pose - der Kombination aus Position und Orientierung des FTS - wird als Odometrie bezeichnet. Dies kann etwa durch das Zählen der Inkremente eines Drehgebers realisiert werden. Auf Basis dieses Werts lässt sich mittels des Reifendurchmessers ein Rückschluss auf die zurückgelegte Wegstrecke treffen. Da die Odometrie anfällig für Fehler ist - beispielsweise durch Traktionsverlust der Reifen -, wird zusätzlich eine Lokalisation benötigt, die diesen Fehler korrigiert. Die Kombination von Lokalisations- und Navigationsart ist ausschlaggebend dafür, welche Ausprägung eine Karte oder die abstrakte Repräsentation der Umgebung und dementsprechend eine Route haben. Schlussendlich lässt sich aus der Summe dieser Informationen eine zu verfolgende Route bestimmen.

Kombinationen aus Lokalisation und Navigation

Nachfolgend werden vier Kombinationen aus Lokalisation und Navigation beleuchtet. Jede davon kann der Anwender durch eine Verknüpfung verschiedener Technologien verwirklichen. Die Auswahl der verwendeten Technologien wirkt sich unter anderem auf die Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Anpassungsfähigkeit einer Applikation aus. Anknüpfend daran wird jeweils nur eine Kombination respektive ein Beispiel repräsentativ herausgestellt. Dabei handelt es sich um eine linienbasierte, markerbasierte, laserbasierte und freie Navigation.

Linienbasierte Navigation

Die linienbasierte Navigation stellt eine der einfachsten Arten zur Steuerung eines FTS dar. Die Lokalisation beschränkt sich hier auf das Regeln der Position auf eine physikalische Linie, zum Beispiel induktive Schleifen im oder markierte Linien auf dem Boden. Eine zu erreichende Station kann durch weitere Maßnahmen – beispielsweise das Anbringen von QR-Codes - gekennzeichnet werden. Die Beschreibung der Route ist somit auf eine statische Menge von Segmenten begrenzt, die aus Kurven und Geraden bestehen. Der Vorteil dieser Lösung liegt in der geringen Komplexität und der daraus resultierenden hohen Widerstandsfähigkeit gegenüber Verzögerungen, insbesondere bei durchgetakteten Prozessen. Nachteile dieser Lösung sind der kostenintensive Aufbau und die Wartung des Streckennetzes, abhängig von dem gewählten physikalischen Linienmedium.

RFID-Tags als künstliche Marker

Bei der Navigation mit künstlichen Markern werden zum Beispiel RFID-Tags auf der zu befahrenden Umgebung befestigt. Das FTS lokalisiert sich dann in Abhängigkeit von den Tags. Zwischen mehreren Markern fährt ein FTS auf Basis der Odometrie. Die Route setzt sich, ähnlich wie bei der linienbasierten Navigation, aus einer im Vorfeld definierten Menge von RFID-Tags und deren Verbindungen zusammen, denen das FTS folgt. Dieser Ansatz erlaubt mehr Dynamik im Streckennetz, weil sich Routen leichter ändern lassen. Der Aufbau und die Wartung des RFID-Streckennetzes zeigen sich ebenfalls als nachteilig. Zudem muss die Odometrie eine hohe Genauigkeit aufweisen.

Laser als künstliche Marker

Eine andere Form der Navigation mit künstlichen Markern beruht auf dem Einsatz von Lasern. An den Wänden einer Umgebung werden Reflektoren in einem asymmetrischen Muster montiert. Auf dem Fahrzeug befindet sich ein rotierender Laser, der die Reflektoren erkennt. Lassen sich mindestens drei Reflexionen ermitteln, kann sich das System durch Triangulation in einer Umgebung lokalisieren. Eine Route basiert hier auf einer Folge von Abständen zu den detektierten Reflektoren. Die Routen sind genauso wie bei den vorherigen Methoden statisch. Folglich müssen die einzelnen Segmente zuvor aufgezeichnet werden. Durch die Verwendung von Lasern lässt sich besonders bei größeren Geschwindigkeiten eine höhere Genauigkeit erzielen. Im Vergleich ist diese jedoch auch kostenintensiver.

Freie Navigation

Freie Navigation wird in der Regel bei AMRs verwendet. Das System stützt sich auf den SLAM-Algorithmus (Simultaneously Localization And Mapping). Dieser löst eine wesentliche Herausforderung für das automatisierte Erstellen einer Karte. Wird die Kausalkette betrachtet, ist es für ein FTS nicht möglich, sich in einer unbekannten Umgebung ohne Karte zu verorten. Umgekehrt gilt ebenfalls, dass sich ohne Lokalisierung keine Karte erarbeiten lässt. Diese Herausforderung beseitigt der Algorithmus, indem das Verorten in der Karte und das Entwerfen der Karte zeitgleich durchgeführt werden. Das ist beispielsweise mit den Daten von 2D-LiDAR-Geräten (Light detection and ranging) und der Odometrie umsetzbar. Nach Abschluss der Kartierung lässt sich die Adaptive Monte-Carlo Localization (AMCL) einsetzen, um das FTS in dieser zu lokalisieren. Da das FTS nun über eine Repräsentation der Realität verfügt, können Navigations-Algorithmen genutzt werden, die auf der Grundlage von Heuristiken die effizienteste Route zu einem Ziel berechnen. Dieses Vorgehen bietet dem FTS den Vorteil, dass Routen nicht vorgegeben sein müssen und sich Hindernisse auf dem Weg selbständig umfahren lassen. Im Vergleich zu den vorherigen Navigationsmethoden weist die freie Navigation die höchste Flexibilität auf, weil keine Eingriffe in die Infrastruktur der Umgebung notwendig sind. In dynamischen Umgebungen birgt das freie Navigieren den Nachteil, dass die dynamische Zielerreichung die Planbarkeit reduziert. Gerade in durchgetakteten Prozessen kann dies zu Verzögerungen führen.

Elektrifizierung und Automatisierung

Beim Lösungsentwurf für FTS wird häufig das Robot Operating System (ROS) verwendet, denn es gehört zu den weitverbreitetsten Software Development Kits (SDKs) für die Realisierung von Robotik-Applikationen, wie etwa dem Navigieren eines FTS. Dabei stehen Entwickler vor der Herausforderung, industrielle Feldbusse, I/Os und Safety in ihre Applikationen zu integrieren. Phoenix Contact zeigt mit der PLCnext-ROS-Bridge eine einfache und performante Möglichkeit, eine bidirektionale Verbindung zum ROS zu etablieren. Die Prozessdaten werden im Global Data Space der PLCnext Runtime abgelegt und von dort aus über Googles Remote Procedure Calls (gRPC) mit einer containerisierten ROS Node übergeben. Abschließend findet ein Austausch der Daten über ROS-Topics statt. Die Schnittstelle lässt sich über eine Konfigurationsdatei auf den Anwendungsfall anpassen und ist für verschiedene ROS- und ROS 2-Distributionen verfügbar.

Neben der Auswahl und Implementierung einer applikationsbezogenen Navigationsform stellen auch die vollständige Elektrifizierung und Automatisierung eines FTS eine Herausforderung dar. Diese bestehen nicht nur darin, passende Komponenten zu finden. Es geht vielmehr um ein ganzheitliches System, in dem Komponenten aufeinander abgestimmt sein müssen sowie Funktionen flexibel und einfach adaptiert oder erweitert werden können. Abgeleitet von den großen Markttrends stellt Phoenix Contact zu den folgenden funktionalen Schwerpunkten eines FTS jeweils passende Produkte und Lösungen zur Verfügung: Control, Safety, Navigation, Electrification, Communication und Energy.

Fazit

Die Auswahl von Hard- und Softwarekomponenten für ein FTS hängt von der Applikation und den gegebenen Randbedingungen der Arbeitsumgebung ab. Unabhängig davon erlauben die Lösungen von Phoenix Contact eine Verbindung zur Automationswelt und vereinfachen somit die Entwicklung von FTS erheblich.

Bildergalerie

  • Die ROS-Bridge für die PLCnext-Steuerung ermöglicht einen performanten und skalierbaren Austausch von Prozessdaten mit ROS. Eine Demo der ROS-Bridge kann im PLCnext Store heruntergeladen werden.

    Die ROS-Bridge für die PLCnext-Steuerung ermöglicht einen performanten und skalierbaren Austausch von Prozessdaten mit ROS. Eine Demo der ROS-Bridge kann im PLCnext Store heruntergeladen werden.

    Bild: Phoenix Contact

  • In Kombination mit der linksanreihbaren Sicherheitssteuerung SPLC1000 stellt die PLCnext-Steuerung eine performante Lösung für FTS dar. Die I/O-Systeme Axioline SE und F erlauben eine individuelle Anpassung an die Applikation, beispielsweise mit dem CAN-Modul.

    In Kombination mit der linksanreihbaren Sicherheitssteuerung SPLC1000 stellt die PLCnext-Steuerung eine performante Lösung für FTS dar. Die I/O-Systeme Axioline SE und F erlauben eine individuelle Anpassung an die Applikation, beispielsweise mit dem CAN-Modul.

    Bild: Phoenix Contact

  • Fahrerlose Transportsysteme (FTS) und autonome mobile Roboter (AMR) stellen seit vielen Jahren ein wesentliches Element moderner, automatisierter Fertigungs- und Logistikprozesse dar.

    Fahrerlose Transportsysteme (FTS) und autonome mobile Roboter (AMR) stellen seit vielen Jahren ein wesentliches Element moderner, automatisierter Fertigungs- und Logistikprozesse dar.

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