Die Leistungsdichte von Transistoren ist eines der wichtigsten Kriterien für ihren Einsatz in Hochleistungsanwendungen im GHz-Bereich. Sie bestimmt die Baugröße von Verstärkermodulen und damit in hohem Maße auch die Systemkomplexität. Beide sind maßgeblich für die Herstellungskosten und den benötigten Ressourceneinsatz.
Um die Leistungsdichte von Transistoren zu erhöhen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Forscher am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF haben den Weg über eine Erhöhung der Betriebsspannung gewählt: Durch eine vertikale und laterale Skalierung des Transistor-Designs ist es ihnen erstmals in Europa gelungen, Hochfrequenztransistoren zu realisieren, die für Anwendungen bei einer Betriebsspannung von 100 V geeignet sind.
Labormessungen zeigen Rekord-Wirkungsgrad
Die neu entwickelten Bauelemente basieren auf dem Halbleiter Galliumnitrid (GaN) und zeichnen sich durch eine wesentlich erhöhte Leistungsdichte im Frequenzbereich von 1 bis 2 GHz aus. Diese Leistungsfähigkeit soll bereits im Labor nachgewiesen worden sein: Messungen ergaben eine Leistungsdichte von mehr als 17 W/mm und einen Leistungswirkungsgrad (PAE) von 77,3 Prozent bei einer Frequenz von 1 GHz.
Dies ist der höchste Leistungswirkungsgrad für einen 100‑V‑Betrieb in diesem Frequenzbereich, der bislang bekannt ist. In Versuchen konnten die Forscher ebenfalls zeigen, dass ihre Technologie bei 125 V eine Leistungsdichte von über 20 W/mm aufweist.
„Durch die Erhöhung der Betriebsspannung von 50 auf 100 V werden höhere Leistungsdichten ermöglicht. Das bedeutet, dass ein System mehr Leistung auf gleicher Fläche liefern kann, als dies mit kommerziell erhältlichen 50‑V‑ oder 65‑V‑Technologien möglich ist“, erklärt Sebastian Krause vom Fraunhofer IAF, einer der Hauptentwickler der Technologie.
Doppelte Spannung für vierfache Leistung
Durch die höhere Betriebsspannung wird es ebenso möglich, kompaktere und leichtere Systeme bei gleicher Leistung herzustellen. Denn um das gewünschte Leistungslevel zu erreichen, ist entsprechend weniger Chipfläche nötig. So weise „der Transistor eine vierfach höhere Ausgangsimpedanz für eine gegebene Leistung auf“, führt Krause aus.
Kleinere und damit weniger verlustbehaftete Anpassnetzwerke lassen sich in der Folge realisieren – was wiederum eine höhere Energieeffizienz des Gesamtsystems bewirkt.
Einsatz in industriellen Höchstleistungsanlagen
„Das langfristige Ziel unserer Entwicklung ist ein Betrieb bei bis zu 10 GHz“, berichtet Krause. Damit wäre das Fraunhofer IAF die erste Quelle solcher 100‑V‑Bauelemente auf GaN-Basis.
Interessant sind die Transistoren vor allem für Höchstleistungsanwendungen wie Teilchenbeschleuniger, industrielle Mikrowellenheizungen, Mobilfunkverstärker, Puls- und Dauerstrichradar sowie Verstärker für Plasmageneratoren. In der Regel benötigen solche Anlagen sehr viel Leistung bei gleichzeitig geringem Volumenbedarf der Komponenten – genau das, was die 100‑V‑Technologie ermöglichen soll.
Teilchenbeschleuniger spielen in der Forschung, Medizintechnik und der Industrie eine wichtige Rolle. Plasmageneratoren im Hochfrequenzbereich werden beispielsweise in industriellen Prozessen zur Beschichtung eingesetzt, um unter anderem halbleiterbasierte Chips, Datenspeichermedien oder Solarzellen herzustellen.
Leistungshalbleiter lösen Vakuumbauelemente ab
Ein weiterer großer Anwendungsbereich in der Industrie sind Leistungsgeneratoren für Mikrowellenheizungen. „Im Bereich der Plasmaerzeugung arbeitet die Industrie meistens mit höheren Frequenzen, allerdings nutzen viele Anwender nach wie vor Vakuumbauelemente wie etwa Magnetrone oder Klystrone“, sagt Krause. „Hier arbeiten wir daran, eine Alternative auf Halbleiterbasis bereitzustellen, da Halbleiter deutlich kompakter und leichter sind und sich damit beispielsweise Anordnungen wie Phased Arrays realisieren lassen.“
Lange Zeit haben röhrenbasierte Bauelemente, zum Beispiel Wanderfeldröhren, Elektroniksysteme mit hohem Leistungsbedarf dominiert. Inzwischen geht die Entwicklung jedoch in Richtung von Leistungshalbleitern. In der 100‑V‑Technologie auf GaN-Basis sehen die Wissenschaftler des Fraunhofer IAF eine effiziente Alternative für die Leistungssteigerung von Mikrowellengeneratoren.