Da der Einsatz von Zement für das Jahr 2026 mit einem Weltmarktvolumen von 463 Milliarden Dollar – das sind rund sechs Gigatonnen Zement pro Jahr – veranschlagt wird, ist eine Reduktion der dabei freiwerdenden Emissionen ein entscheidender Hebel. Etwa 60 Prozent der Emissionen aus der Zementindustrie sind prozessbedingt, weil sie bei der Kalzinierung von Kalkstein entstehen.
Das Brennen von Kalk ist der namensgebende Prozess für die Kalzinierung. Hierbei wird Kalkstein durch hohe Temperaturen das Kohlendioxid entzogen, wodurch überwiegend Kalziumoxid zurückbleibt. Hierbei sind Emissionen besonders schwierig zu reduzieren, da entweder der gesamte Prozess durch emissionsarme Alternativen ersetzt werden oder das CO2 aus dem Prozess aufgefangen und dauerhaft gespeichert werden müsste.
Während der Ersatz von Zement und Beton durch alternative Baumaterialien wie Holz eine wohl unrealistisch rasche Änderung der gesamten Wertschöpfungskette im Bauwesen erfordern würde, stellen Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung eine Alternative für die Dekarbonisierung dar, verursachen aber zusätzliche Produktionskosten.
Daher muss die Zementindustrie Strategien finden, bei denen die Minderung der CO2-Emissionen zu zusätzlichen Einnahmen führt, anstatt Kosten zu verursachen. Hierbei könnte die CO2-Mineralisierung in Zukunft eine große Rolle spielen, wobei abgeschiedenes CO2 mit Mineralien (zum Beispiel Magnesium- oder Kalziumsilikate) reagiert und so dauerhaft gespeichert werden kann.
Positive Geschäftsszenarien
Die Autoren der Studie – gerade veröffentlicht in „Communications Earth & Environment“ (Nature Portfolio) – zeigen, dass unter bestimmten Umständen positive Business Cases entstehen, wenn CO2-Mineralisierungsprodukte eingesetzt werden, die Einnahmen erbringen. Die Autoren entwickelten dabei existierende Mineralisierungsprozesse weiter, um Zementzusatzstoffe in unterschiedlichen Zusammensetzungen zu produzieren, welche gewöhnlichem Zement beigemischt werden können.
Mittels eines integrierten techno-ökonomischen Modells konnte identifiziert werden, unter welchen Umständen positive Geschäftsszenarien aufzufinden sind. Darüber hinaus haben die Wissenschaftler bei einer globalen Unsicherheitsanalyse die wichtigsten Faktoren für die Weiterentwicklung und großskalige Implementierung dieser Technologien erfasst.
Förderung durch Zertifikathandel entscheidend
Das Fazit: Eine CO2-Emissionsreduzierung von 8 bis 33 Prozent kann durch die Integration von CO2-Mineralisierung im Zementproduktionsprozess erreicht werden. Dies kann zu einem zusätzlichen Gewinn von bis zu 32 Euro pro Tonne Zement führen, sofern zwei Bedingungen erfüllt sind, sagt Erstautor Till Strunge: „Die entstehenden Produkte müssen als Zementersatzstoff in Zementmischungen in der Bauindustrie etwa für Brücken oder Gebäude verwendet werden, wobei gegebenenfalls eine Anpassung der Zementstandards von Nöten sein könnte. Und das Speichern von CO2 in Mineralien muss für Emissionszertifikathandel (zum Beispiel ETS) oder ähnliches anerkannt werden.“ Außerdem seien der Mineralientransport und die Zusammensetzung des Produkts entscheidend, so Strunge.
Strunge ergänzt, dass das Studienergebnis zu der Schlussfolgerung führe, dass ETS oder auch CO2-Steuern allein nicht ausreichen werden, um mehr Lösungen mit geringem Kohlenstoffausstoß in der Zementindustrie auf dem Markt zu etablieren. Er und seine Mitautoren empfehlen daher Mechanismen wie beispielsweise Subventionsprogramme wie einst bei der Wind- und Solarenergie. „Außerdem sollten Regierungen in kohlenstoffarme Erstanbieter-Zementwerke investieren.“