Bis 2050 wird sich der Strombedarf weltweit verdoppeln. Auf dem Weg zur globalen Dekarbonisierung werden klimaschonende Energiesysteme und ein möglichst effizienter Einsatz von Strom umso wichtiger. Und die Zeit drängt. Zwar sind die Klimaschutzziele auf EU- und nationaler Ebene formuliert – der Weg zu einer umfänglichen Reduzierung der Treibhausgase aber noch weit. Während in der Energiewirtschaft schon vergleichsweise viel unternommen wurde (Stichwort erneuerbare Energien) und auch Bereiche wie die Landwirtschaft und private Haushalte daran arbeiten, ihren CO2-Ausstoß zu drosseln, hinken andere hinterher. Das gilt für Verkehr, Gebäude – und selbst für energieintensive Industriezweige, wo die Bemühungen um eine effektive CO2-Reduktion vielfach stagnieren. Und das, obwohl über ein Drittel des Energieverbrauchs auf den Industriesektor entfällt.
Im Zuge der Pandemie könnte sich dieser Trend wenden: Laut einer aktuellen Erhebung des Energieeffizienz-Index (EEI) messen immer mehr deutsche Industrieunternehmen Energieeffizienz hohe Bedeutung bei – auch und vor allem wegen Corona. Nach einer eher zögerlichen Haltung zu Beginn der Pandemie plant die Mehrheit, an ihrer Energieeffizienzstrategie festzuhalten oder diese sogar auszubauen. Klingt verwunderlich? Mitnichten. Wenn Unternehmen für die Zukunft gerüstet sein wollen, müssen sie nachhaltige Energiekonzepte in ihre Aufschwungs- und Wachstumsstrategien einbeziehen. Denn das kommt nicht nur der Umwelt zugute, sondern auch ihrer eigenen Bilanz. Investitionen in Energieeffizienz lohnen sich allein durch den geringeren Stromverbrauch, aber auch wegen steuerlicher Erleichterungen.
Auf technologischer Seite sehe ich drei Hebel, mit Hilfe derer Firmen energieeffizienter werden und CO2-Emmissionen signifikant reduzieren können. Erstens gilt es, die Energienutzung per se ressourcenschonender und flexibler zu gestalten, etwa durch den Einsatz von erneuerbaren Energien, Speicherlösungen und virtuellen Kraftwerken. Der Effekt ist beträchtlich, die Logik simpel: Werden Gebäude und Anlagen, für die zuvor emissionsintensive Technologien wie Dieselgeneratoren genutzt wurden, künftig mit sauberem Ökostrom angetrieben, werden diese nahezu emissionsfrei.
Zweitens müssen wir betriebliche Abläufe weiter digitalisieren, damit Energie wirklich effizient genutzt werden kann. Das geschieht unter anderem durch den Einsatz von IoT-fähigen Geräten, Sensoren und Software. Und drittens benötigen wir – im Zusammenspiel mit dezentralen Energiesystemen und Digitalisierung – smarte Elektrifizierungslösungen über alle betrieblichen Prozesse hinweg.
Wir brauchen dazu auch IoT-Plattformen, die Energiedaten aus unterschiedlichen Systemen und Anlagen sammeln, verarbeiten und analysieren können. Dadurch lassen sich Optimierungspotenziale identifizieren – und dies im Übrigen nicht nur zur Verbesserung der Energieeffizienz, sondern auch zur Steigerung der betrieblichen Resilienz und Anlagenverfügbarkeit: Auf Basis der Daten können Rückschlüsse auf den Stromverbrauch wie auch auf sich anbahnende Störungen gezogen und teure Stillstände vermieden werden. So werden auch vorausschauende und damit kosten- und energieeffiziente Wartungs- und Servicekonzepte möglich.
Die Chancen, die sich Unternehmen eröffnen, sind immens. Coca Cola beispielsweise konnte kürzlich den Energieverbrauch und CO2-Ausstoß einer seiner schwedischen Produktionsanlagen um rund 13 Prozent senken, unter anderem mithilfe eines neuen Gebäudemanagementsystems. Ähnlich Rexel Deutschland: In einem Logistikcenter des Elektrogroßhändlers kann der Energieverbrauch dank eines systematischen cloudbasierten Energiemanagements um bis zu 15 Prozent pro Jahr gesenkt werden. Die Liste an Beispielen ließe sich beliebig fortsetzen und zeigt: Intelligentes Energiemanagement kann den ökologischen Fußabdruck von Unternehmen erheblich reduzieren und zu einem deutlich nachhaltigeren Industriebetrieb beitragen – zugunsten der Wirtschaft, Gesellschaft und vor allem unseres Klimas.