Der Transport von Spinströmen von einem Material in ein anderes ist mit großen Verlusten behaftet. Wie sich diese umgehen lassen, zeigt jetzt ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik und der Freien Universität Berlin. Sie haben eine aus wenigen Atomen bestehende Zwischenschicht entwickelt, die die Spin-Übertragung energieeffizienter gestaltet.
Energieübertragung und Isolation – ein Widerspruch?
Ob elektronische Bauteile, Handys oder Speichermedien: In der Mikroelektronik wird die Ladung von Elektronen als Informationsträger genutzt. Für den Ladungstransport ist relativ viel Energie nötig, zudem entsteht Wärme. Die Grundidee der Spintronik ist es, zusätzlich den sogenannten Spin für die Informationsverarbeitung zu nutzen. Dabei handelt es sich um den Eigendrehimpuls von Elektronen, der ein magnetisches Moment bewirkt. So wird der Magnetismus erzeugt, der letztlich für die Informationsverarbeitung verwendet werden soll.
In der Spintronik müssen auch Spinströme von einem Material ins nächste übertragen werden. „Oft sind diese Übergänge mit starken Verlusten behaftet“, sagt der Physiker Prof. Dr. Georg Woltersdorf von der MLU, der die Studie leitete. Das Team suchte nach einem Weg, diese Verluste abzuschwächen, und nutzte dabei einen Ansatz, der zunächst widersprüchlich klingt: Die Forschenden integrierten an der Grenzfläche zweier Materialien eine isolierende Barriere. „Dazu haben wir den Isolator auf der Ebene einzelner Atome so gestaltet, dass er metallisch wurde und die Spinströme leiten konnte. So lassen sich die Spinströme besser übertragen und die Grenzflächeneigenschaften optimieren“, erklärt Woltersdorf.
Die Materialproben wurden am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik hergestellt. Durch Messungen des Spin-Transports an der MLU und der Freien Universität Berlin wurde der überraschende Effekt gefunden. Das Team liefert auch die theoretischen Grundlagen für die neue Entdeckung. Diese lasse sich mit vergleichsweise einfachen Modellen ohne die sogenannte Spin-Bahn-Kopplung beschreiben, sagt Woltersdorf.
Einsatz in Kommunikation, Materialprüfung und Medizin
Die Ergebnisse sind für verschiedene spintronische Anwendungen von Relevanz. Beispielsweise könnten spintronische Terahertz-Emitter verbessert werden. Terahertzstrahlung kommt neben der Forschung in der Hochfrequenzelektronik, Medizin, Materialprüfung oder Kommunikationstechnologie zum Einsatz.
Mit ihrer Arbeit liefern die Forschenden somit wichtige Erkenntnisse dafür, wie unter anderem zukünftige, ultraschnelle Speichertechnologien aussehen könnten. Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Europäischen Union gefördert.