Die menschliche Haut ist faszinierend und hat viele Funktionen. Eine davon ist der Tastsinn, bei dem vielfältige Informationen aus der Umgebung verarbeitet werden. Das funktioniert nur, weil die Hautoberfläche flexibel und bestens vernetzt ist.
Schon lange versuchen Wissenschaftler, diese Eigenschaften auch auf künstliche Haut zu übertragen, um zum Beispiel Roboter oder Prothesen damit auszustatten. Im Vergleich zu menschlicher Haut könnte elektronische Haut sogar zusätzliche Fähigkeiten haben, zum Beispiel einen Orientierungssinn im Magnetfeld.
Bevor diese Visionen Wirklichkeit werden können, ist viel Entwicklungsarbeit nötig. Die jüngsten Fortschritte in der Entwicklung von flexibler Elektronik und organischen Bauelementen liefern bereits wichtige Voraussetzungen: Es gibt bereits sehr dünne und biegsame Sensoren, die auch auf weichen und elastischen Oberflächen funktionieren, verschiedene physikalische Wechselwirkungen registrieren und über eine Art künstliches Nervensystem weiterleiten können.
Ein Hindernis: Vernetzung und Ansteuerung von Sensoren
Ein großes Hindernis für die Verwirklichung einer funktionierenden elektronischen Haut stellt bisher noch die praktikable Vernetzung und Ansteuerung der einzelnen Sensoren dar. Erste Demonstratoren funktionieren so, dass jeder einzelne Sensor einer flächenhaften Anordnung separat kontaktiert und adressiert werden muss.
Um die nötige Verkabelung zu umgehen, ist hier der Technologieschritt nötig, der seinerzeit die Schaltkreise zum integrierten Mikrochip gebracht hat: die Integration einzelner Magnetsensoren mit weiteren elektronischen Komponenten wie zum Beispiel Signalverstärker und die Entwicklung von vollintegrierten Systemen.
Neues magnetisches Sensorsystem
Forscher aus Dresden, Chemnitz und Osaka stellen in einem aktuellen Beitrag in der Zeitschrift Science Advances nun ein neues magnetisches Sensorsystem vor, das wegweisend für diese Integration ist. Es besteht aus einer Anordnung von 2 mal 4 Magnetsensoren, einem organischen Bootstrap-Schieberegister zur Ansteuerung der Sensormatrix und organischen Signalverstärkern. Alle elektronischen Komponenten basieren auf organischen Dünnschichttransistoren und sind in einer einzigen Plattform integriert.
Die Forscher konnten zeigen, dass das System eine hohe magnetische Empfindlichkeit aufweist und die zweidimensionale Magnetfeldverteilung in Echtzeit abbilden kann. Außerdem ist es sehr robust gegenüber mechanischer Verformung, wie Biegen, Knittern oder Knicken.
Neben der vollständigen Systemintegration ist auch die Verwendung von organischen Bootstrap-Schieberegistern ein wichtiger Entwicklungserfolg auf dem Weg zur elektronischen Haut.
Die nächsten Schritte
Prof. Dr. Oliver G. Schmidt, Direktor am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden und Dr. Daniil Karnaushenko zu den nächsten Schritten: „Unsere ersten integrierten Magnetfunktionen beweisen, dass sich flexible Dünnschichtsensoren in komplexe organische Schaltkreise integrieren lassen. Die Kompatibilität und Flexibilität dieser Geräte ist für moderne und zukünftige Anwendungen wie Soft-Robotics, Implantate und Prothetik unverzichtbar. Der nächste Schritt besteht darin, die Anzahl der Sensoren pro Oberfläche zu erhöhen und die elektronische Haut auf größere Oberflächen auszudehnen.“