Bauelemente Keine Angst vor zu viel Spannung

publish-industry Verlag GmbH

18.03.2014

Suppressordioden schützen elektronische Schaltungen vor Spannungsimpulsen, die die darin verbauten Halbleiter zerstören können. Was bei der Wahl der geeigneten Diode zu beachten ist und Tipps für deren Anordnung auf der Leiterplatte sind im Folgenden beschrieben.

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Für die Mehrzahl der Elektronik-Endgeräte ist die Erlangung des CE-Zeichens zwingend vorgeschrieben, um es im internationalen Markt zu platzieren. In jedem Fall signalisiert das CE-Zeichen dem potentiellen Anwender, dass das entsprechende Produkt genau definierte Qualitätsanforderungen hinsichtlich der Betriebssicherheit erfüllt und daher einem Gerät ohne CE überlegen ist.

Im Rahmen der CE-Kompatibilität sind für elektronische Geräte naturgemäß sowohl die EMV- als auch die Niederspannungs-Richtlinie von besonderer Bedeutung. Für zuverlässiges Arbeiten innerhalb einer technisierten Umgebung ist insbesondere die Prüfnorm zur Störfestigkeit gegen Stoßspannungen (auch Surge genannt) wichtig. Die Prüfnorm besteht zunächst aus der Messnorm IEC 61000-4-5, in der der Aufbau der Prüfeinrichtung festgelegt ist. Weiterhin gibt es verschiedene Produktnormen, worin die je nach Produktart anzuwendenden Prüfkriterien definiert sind.

Stoßspannungen bedrohen das Gerät

Leitungsgebundene Störspannungen können über jeden Anschluss in ein Gerät eindringen und so die Betriebsfähigkeit bis zum Totalausfall beeinträchtigen. Für deren Entstehung gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten:

  • Atmosphärische Entladungen (wie direkte oder indirekte Blitzeinwirkungen)

  • Ansprechen von Sicherungen

  • Schalten von induktiven Lasten in Niederspannungsanlagen

  • Schalten von kapazitiven Lasten in Hochspannungsanlagen

  • Kurzschlüsse

  • Schalten von Resonanzkreisen

Die dabei entstehenden hohen Impulsspannungen können Halbleiter-Bauteile in einer Elektronik zerstören. In der Norm IEC61000-4-5 und der zugehörigen Produktnorm ist festgelegt, bis zu welchen Impulsspannungen ein Gerät ausfallsicher arbeiten muss. Je nach Anwendungsklasse liegen die Spannungswerte zwischen 0,5 und 8 kV. Um die erforderliche Störfestigkeit zu erreichen, müssen also Schutzelemente in die Schaltung eingebaut werden, die diese für sämtliche Geräteanschlüsse sicherstellen. Naturgemäß ist für solche Elemente im Gerät kaum zusätzlicher Platz vorhanden, auch sollen die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Deshalb ist vielfach zu beobachten, dass die Surgeprüfung nach Norm IEC61000-4-5 einfach „vergessen“ (oder nur mit reduzierten Anforderungen durchgeführt) wird und gleichwohl das CE-Zeichen auf einem Gerät prangt, was natürlich keine Lösung und im Übrigen nicht zulässig ist.

Lösung in Sicht

Zum Schutz von Elektronik-Endgeräten stellen Suppressordioden eine einfache und platzsparende Lösung dar. Sie werden auch als TVS- oder TransZorb-Dioden bezeichnet und sind spezielle Bauteile, welche beim Überschreiten einer bestimmten Spannungsgröße leitend werden und den Impulsstrom nach Masse ableiten. Ihre herausragende Eigenschaft ist das hohe Ableitvermögen innerhalb weniger Mikrosekunden bei gleichzeitig kleiner Bauform für Leiterplattenmontage.

Die Dioden werden parallel zum schutzbedürftigen Schaltungsbereich gelegt. Im Normalbetrieb beeinflussen sie die Schaltung nicht, abgesehen von einer kleinen Eigenkapazität. Suppressordioden werden für eng tolerierte Durchbruchspannungen von unter 1 bis über 600 V in einem Leistungsbereich von unter 1 W bis über 140 kW bei Temperaturbereichen von –65 bis 185 °C gefertigt. Die vielfältigen Gehäusebauformen erstrecken sich von SMD-Dioden in Größe 0201 über bedrahtete Ausführungen bis hin zu schraubbaren Elementen. Handelsüblich sind neben Einzeldioden auch Diodenarrays bzw. Module. Der Preis für gebräuchliche Suppressordioden mit
6 V Sperrspannung und einer Impuls-Verlustleistung von 1.500 W liegt bei 12 Cent. Bei den meisten Diodentypen sind sowohl unidirektionale Dioden für Gleichstromanwendungen sowie bidirektionale Dioden für bipolare oder Wechselstrom-
anwendungen im gleichen Gehäuse erhältlich.

Auswahlverfahren

Der erste Schritt zur Auswahl einer geeigneten Suppressor-
diode ist die Bestimmung des im Normalbetrieb höchstens möglichen Spitzen-Spannungswertes. Hierunter fallen sämtliche Gleichspannungen und Wechselspannungs-Spitzenwerte. Es ist praktikabel, diesen Wert mit einem Oszilloskop zu ermitteln. Nach diesem Wert wird aus dem Dioden-Datenblatt der Wert für die maximale Sperrspannung VWM abgelesen, er sollte gleich oder geringfügig höher sein. Zu beachten ist, dass der Datenblattwert für einen bestimmten Temperaturbereich angegeben ist, dieser sollte den Betriebsbereich der Elektronik einschließen.

Als Nächstes wird die minimale Durchbruchspannung VBR ermittelt. Da sie etwas temperaturabhängig ist, wird sie circa 10 Prozent über der maximalen Sperrspannung VWM festgelegt. Nun wird die maximale Klemmspannung VC spezifiziert. Bei einem Stoßspannungsimpuls wird die Diode leitfähig und begrenzt die Spannung auf diesen Wert, daher müssen sämtliche Schaltungsbauteile für diesen Spannungswert noch geeignet sein. Er ist circa 50 Prozent höher als die maximale Sperrspannung VWM.

Hinweis: Die Spannungswerte in den Typenbezeichnungen der Hersteller folgen nicht der gleichen Logik. Es gibt Hersteller, welche die maximale Sperrspannung verwenden, andere wiederum benutzen die Durchbruchspannung, beispielsweise: SMBJ8.5A (Microsemi) entspricht SM6T10A (STM), P6SMBJ8.5A (Diotec) entspricht P6SMB10A (OnSemi). Man sollte daher die technischen Daten genau beachten.

Weiterhin muss man die passende Impuls-Verlustleistung PPPM festlegen. Sie wird von den Herstellern für einen definierten Stromimpuls von 10/1.000 oder 8/20 µS angegeben. Die in der Schaltung benötigte Verlustleistung ist allerdings zunächst nicht ohne Weiteres bezifferbar. Sie lässt sich zwar für jeden Anschluss berechnen, die Kalkulation ist jedoch recht komplex (zum Beispiel sind die jeweiligen Eingangs- und Leitungsimpedanzen zu berücksichtigen). Es ist daher sinnvoll, die Elektronik mit einem laut Norm IEC61000-4-5 hierfür geeigneten Impulsgenerator und in einem dort beschriebenen Prüfaufbau zu beaufschlagen und die erforderliche Verlustleistung so zu ermitteln. Man kann etwa mit einer Diode für
PPPM = 1.500 W beginnen und die Diodengröße über die Tests so wählen, dass einerseits die Schaltung geschützt ist und andererseits keine unnötig große Bauform verwendet wird. Diese Prüfanordnung wird auch für den Test anderer EMV-Kriterien benötigt, so dass eine entsprechende Investition nötig ist. Alternativ kann man die Prüfungen natürlich auch in einem EMV-Prüflabor vornehmen lassen.

Letztlich ist noch die Kapazität der ausgewählten Diode zu beachten. In den weitaus meisten Fällen ist diese zwar vernachlässigbar, es gibt jedoch Ausnahmefälle, beispielsweise bei Eingängen für hohe Datenraten. Für diese Anwendungen sind spezielle Suppressordioden mit Eigenkapazitäten bis hinunter auf 0,2 pF erhältlich. Natürlich ist abschließend unter den geeigneten Diodentypen noch die passende Bauform zu wählen.

Obwohl eine Suppressordiode sehr hohe Störimpulse aushält (eine Suppressordiode im Gehäuse DO-201 kann eine Energiemenge I2t von 16.000 A2s verarbeiten), kann sie bei einer ständig anliegenden Überspannung beschädigt werden. Der zulässige Dauerstrom ICP durch die Diode ist in den Datenblättern zu finden und beträgt zum Beispiel für ein DO-201-Gehäuse circa 4,5 A. Die Beschädigung ist mit einer Unterbrechung innerhalb der Diode verbunden, was dadurch naturgemäß die normale Funktion der zu schützenden Schaltung nicht beeinträchtigt. Es ist allerdings auch keine Schutzwirkung mehr vorhanden. Wenn also mit unzulässigen Dauerspannungen oder die Spezifikation der Norm IEC61000-4-5 übersteigenden Impulsbelastungen gerechnet werden muss, so sollte die Diode durch ein in Reihe zum Schaltungseingang gelegtes und auch entsprechend dimensioniertes Sicherungselement geschützt werden.

Layouttipps

Die Anordnung von Suppressordioden auf einer Leiterplatte sowie die Leiterbahnführung haben einen wichtigen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit. Folgende Tipps sollten beachtet werden:

  • Dioden so nahe wie möglich an den Leiterplattenanschlüssen platzieren,

  • SMD-Ausführungen bevorzugen,

  • Leiterbahnen zu den Dioden so kurz wie möglich halten,

  • Leiterbahnen zu den Dioden möglichst breit gestalten und

  • beim Anschluss der Dioden an Masse eine separate Verbindungsstelle nahe den Leiterplattenanschlüssen verwenden.

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