Verfahrenstechnik Kühlwasser desinfizieren

Links ein Wärmetauscher, der mit südamerikanischem Flusswasser gekühlt wurde. Biofilm und Muschelbeläge mussten alle drei Monate mechanisch entfernt werden. Rechts ist derselbe Wärmetauscher samt Deckel nach drei Monaten Betriebszeit, in denen das Kühlwasser kontinuierlich mit 0,3 ppm Ozon versetzt wurde. Eine dreimonatliche Betriebunterbrechung zur Reinigung ist nicht mehr erforderlich.

Bild: Prominent
28.05.2014

Chlor und Brom sind zwar günstige Desinfektionsmittel. Aber mit ihnen können zahlreiche Desinfektionsnebenprodukte entstehen. Eine Alternative dazu sind Chlordioxid und Ozon. Mit diesen Bioziden werden energetische Effizienz und hygienischer Betrieb von Kühlsystemen bei bester Ökobilanz dauerhaft erzielt.

Für die Desinfektion in Kühlkreisläufen gibt es wirtschaftliche und hygienische Gründe. Zum einen müssen Wärmetauscher frei von biologischen Belägen sein, die den Wärmeübergang reduzieren und somit zu höheren Energiekosten eines Kühlsystems führen. Zum anderen muss vor allem bei offenen Verdunstungskühlern wie Kühltürmen gewährleistet sein, dass keine Krankheitserreger austreten und die Gesundheit der in der Nähe wohnenden Menschen gefährden – vergleiche die Legionellen-Skandale der vergangenen Jahre in Ulm und Warstein. Gleichzeitig geraten klassische Desinfektionsverfahren wie die Chlorung aufgrund ökologischer Bedenken zunehmend in Misskredit. Gefragt sind deswegen Lösungen, die eine effiziente Desinfektion von Kühlsystemen ohne ökologische Belastung ermöglichen.

Auf den ersten Blick scheinen die hygienischen Anforderungen an Kühlwasser nicht sehr hoch zu sein. In Deutschland fordert die Richtlinie VDI 3803 für das Umlaufwasser offener Rückkühlwerke eine Keimbelastung von <10.000 KBE/ml (kolonienbildende Einheiten pro Milliliter). Im Vergleich zum Trinkwasser keine große Herausforderung. Gleichzeitig muss die Belastung mit Legionellen <10 KBE/ml betragen. Allerdings muss beachtet werden, dass Trinkwasser am Ende seiner Aufbereitungskette ein sauberes Produkt ist, das mikrobiologisch nur noch stabilisiert werden muss. Insbesondere beim offenen Kühlturm ist aber der reguläre Betrieb mit einem enormen Eintrag an Schmutz verbunden. Im Grunde genommen funktioniert ein Kühlturm wie ein Luftwäscher, durch den möglichst viel Umgebungsluft gebracht wird, um möglichst viel Wasser zur Verdunstung zu bringen. Neben Staub und gasförmigen Luftverunreinigungen werden so auch zwischen 1.000.000 und 25.000.000 Keime je Megawatt Kühlleistung pro Stunde ins Kühlwasser eingebracht.

Zusätzlich sorgen warme Temperaturen zusammen mit einem Überangebot organischer Nährstoffe für optimale Wachstumsbedingungen von Mikroorganismen bis hin zu Algen, Schleimpilzen und anderen Lebensformen. Sehr schnell bilden sich Biofilme nicht nur im Kühlturm selber, sondern auch im ganzen Kühlsystem und in den Wärmetauschern. Dabei haben Biofilme eine ausgezeichnete Isolierwirkung: Eine Schichtdicke von nur einem Millimeter kann bereits Energieverluste von 30 Prozent erzeugen. Durch die hohe Temperatur beherbergen diese Schichten auch für den Menschen gefährliche Keime wie zum Beispiel die berüchtigten Legionellen.

Um die geforderten maximal 10.000 KBE/ml einhalten zu können, sind desinfizierende Maßnahmen unumgänglich. Die Auswahl des richtigen Verfahrens wird von vielen Parametern bestimmt. Dabei spielt die Qualität des Nachspeisewassers ebenso eine Rolle wie der potenzielle Schmutzeintrag aus der Umgebungsluft oder aus dem Kühlprozess selbst. Des Weiteren müssen potenzielle Desinfektionsnebenprodukte und damit verbundene gesetzliche Vorschriften etwa bei der Einleitung in Gewässer beachtet werden. Und schließlich ist ein entscheidender Parameter, wie teuer die ganze Behandlung ist.

Allen physikalischen Desinfektionsmethoden wie etwa Filtration, Zentrifugation oder UV-Bestrahlung ist gemein, dass sie über keinerlei Depotwirkung verfügen. Sie können somit nur als Barriere eingesetzt werden, sind aber nicht zum Schutz weit verzweigter Leitungssysteme geeignet. Hier sind chemische Verfahren von Vorteil, da sie auch an kritischen Stellen des Kühlkreislaufs wie im Wärmetauscher und im Kühlturm wirken.

Chlor und Brom als Desinfektionsmittel

Das weltweit gebräuchlichste Desinfektionsmittel für Wasser ist Chlor. Es ist preiswert, leicht verfügbar und wird auch bei der Behandlung von Kühlwasser oft eingesetzt. Egal, welche Ausgangschemikalie verwendet wird, die aktive desinfizierende Spezies im Wasser ist Hypochlorige Säure. Abhängig vom pH-Wert des Wassers, steht sie im Gleichgewicht mit dem kaum desinfizierend wirkenden Hypochlorit-Ion.

Betreiber von Kühltürmen haben aber Interesse an einem pH-Wert >8, um Sicherheit gegen Korrosion zu haben und um Säure zur Einstellung des pH-Werts zu sparen. Bei solchen pH-Werten steht aber nur ein kleiner Teil des Chlors zur Desinfektion bereit. Oft wird deswegen mit bromhaltigen Chemikalienmischungen gearbeitet, aus denen im Wasser Hypobromige Säure freigesetzt wird. Beim Brom ist das in der Abbildung oben dargestellte Dissoziationsgleichgewicht um zirka eine pH-Einheit nach rechts verschoben, wodurch auch bei hohem pH-Wert eine gute Desinfektionswirkung besteht. Allerdings ist die korrespondierende Bromchemie wesentlich teurer.

Aufgrund seiner hohen, aber unspezifischen Reaktivität können bei der Wasserdesinfektion mit Chlor und Brom zahlreiche Desinfektionsnebenprodukte entstehen. So wird beispielsweise Ammonium zu Chloramin chloriert. Aber auch viele organische Substanzen werden halogeniert und erhalten dadurch gesundheitsgefährdende Eigenschaften. Hierzu gehören zum Beispiel die als krebserregend verdächtigten Trihalogenmethane (THM), die besonders in huminstoffhaltigen Wässern auftreten. Die Gesamtheit aller halogenierter Substanzen (AOX) wird immer mehr reglementiert, vielerorts wird Abwasser nicht mehr nach Volumen sondern nach dessen AOX-Fracht mit Gebühren belegt.

Neben den klassischen Chlor- und Bromprodukten gibt es noch eine Vielzahl Biozide, die in wechselnden Mischungen und Zusammensetzungen als spezifischer „Cocktail“ für Kühlwasseranwendungen konzipiert wurden. Viele von ihnen haben eine ausgezeichnete Standfestigkeit im Kühlwasser und wirken somit über längere Zeiträume im System als das mit Chlor oder Brom der Fall ist. Allerdings führt das auch dazu, dass diese Chemikalien beim Absalzen des Kühlwassers ins Abwasser oder in die Umwelt gelangen und dort zur ökologischen Belastung werden.

Chlordioxid und Ozon als Biozide

Chlordioxid ist ebenfalls ein Mitglied der Chlorfamilie, unterscheidet sich aber in seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften grundlegend vom Chlor. Als physikalisch in Wasser gelöstes Gas ist seine Wirkung vom pH-Wert des Wassers unabhängig. Auch ist sein Reaktionsverhalten mit Wasserverunreinigungen viel spezifischer als das des Chlors. Chlorierungsreaktionen finden nicht statt, wodurch keine gefährlichen Desinfektionsnebenprodukte auftreten. Bei pH 8 ist seine Wirksamkeit rund fünfmal höher als die des Chlors, sodass die Gesamtmenge an benötigtem Biozid reduziert werden kann.

Ozon ist das stärkste in der Wasseraufbereitung bekannte Oxidationsmittel. Es wird wie Chlordioxid vor Ort erzeugt und als Gas im Kühlwasser gelöst. Auch hier entfaltet sich die biozide Wirkung ohne Einschränkung auch bei hohen pH-Werten, selbst bei geringen Anwendungskonzentrationen lassen sich dauerhaft biofilmfreie Kühlsysteme erzielen. Trotz der starken Wirkung fällt die Ökobilanz von Ozon besonders gut aus, weil es aus (Luft-)Sauerstoff generiert wird und nach getaner Arbeit auch wieder zu Sauerstoff zerfällt. Damit entfällt Lagerung und Handhabung gefährlicher Chemikalien sowie die Berücksichtigung potenziell gefährlicher Desinfektionsnebenprodukte.

Nachhaltiger Schutz

Während sich bei vielen Mikroorganismen Resistenzen gegen Chlor und Brom bilden können, tritt dieser Effekt bei Chlordioxid und Ozon nicht auf. Dadurch wird in Kühlsystemen ein nachhaltiger Schutz vor Biofilm-Belägen samt potenziell pathogener Keime möglich.

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  • Die Desinfektionswirkung von Chlor ist vom pH-Wert des zu behandelnden Wassers abhängig.

    Die Desinfektionswirkung von Chlor ist vom pH-Wert des zu behandelnden Wassers abhängig.

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