So wie eine humane Intelligenz im Laufe der Zeit Erfahrungen sammelt und lernt, Entscheidungen zu treffen, muss die KI auf der Grundlage großer Datenmengen diesen Prozess ebenfalls durchlaufen. Folgerichtig finden diese Methoden Eingang in mehr und mehr Anwendungen. ERP- und MES-Systeme als Lieferant von Daten und Informationen, aber auch als Werkzeug der am Produktionsprozess beteiligten Menschen, sind prädestiniert für die Anwendung dieser Techniken. Gerade im Umfeld der produktionsnahen Anwendungen sind drei Technologien mit großem Einfluss auf die zukünftige Gestaltung dieser Systeme identifizierbar: Cognitive Automation, Intelligent Automation und Computer Vision.
Drei Technologien mit großem Einfluss
Cognitive Automation ist auf die wissensbasierte Ablaufsteuerung fokussiert. Beispiele sind Abfrageprozeduren bei Servicefällen oder auch die Überwachung von Dateneingaben im Umfeld der Stamm- und Bewegungsdaten. Das System lernt typische beziehungsweise sinnvolle Dateneingaben und kann den Anwender auf in dem Moment der Eingabe unplausible Konstellationen aufmerksam machen. Denkbar sind auch komplett automatisch ablaufende Prozesse. Anwender können so von Routineaufgaben entlastet werden (Robot Process Automation).
Intelligent Automation geht einen Schritt weiter. Es geht nicht mehr nur um vorhersehbare und auf mehr oder weniger bekannten Regeln basierende Prozesse und Entscheidungen sondern um das Handling von unvorhersehbaren Ereignissen oder Situationen. Eine populäre Implementierung ist die Spracherkennung und damit verbunden die Steuerung von Anwendungen. Hierbei handelt es sich allerdings häufig um sehr spezifische Anwendungen.
Computer Vision ist fokussiert auf Themenbereiche wie Texterkennung oder die automatisierte Analyse von Trendgraphen oder Charts (Pattern Recognition, Visual Computing). Weitverbreitet im Umfeld von ERP ist die OCR-basierte (Optical Character Recognition) Belegverarbeitung. Computer Vision geht allerdings darüber hinaus und ermöglicht daneben zum Beispiel auch Bilderkennung (Analyse von Schadensbildern, Gesichtserkennung). Die Technologie basiert auf Deep Learning Mechanismen und ist auf dem Weg zur Reife und damit breiteren Anwendbarkeit.
Anwendungsfälle in der Produktion
Ein weites Feld für die Nutzung von KI-Techniken ist der Bereich der Produktionsplanung und -steuerung im weitesten Sinne. Die Ermittlung von technologisch sinnvollen Abarbeitungsreihenfolgen (Sequenzierung) in einer Fließfertigung mittels Fuzzy-Logic ist ein Beispiel. Die Prognose von Materialbedarfen auf der Basis von Absatzprognosen ein anderes.
Die wachsende Vielfalt an und der Verbau von Sensoren in Fertigungsanlagen lässt weitere Möglichkeiten entstehen. Die automatische und flexible Zusammenführung vieler Sensordaten (Sensor Fusion) erlaubt beispielsweise die Ermittlung von Korrelationen zwischen einer Vielzahl von unterschiedlichen Sensorwerten durch neuronale Netze. Die gezielte Vorhersage von Störungen oder Qualitätsabweichungen kann den Fertigungsprozess absichern. In der Folge ist es möglich, im Vorfeld unbekannte Zusammenhänge zu erkennen und zur Stabilisierung der Prozesse zu nutzen. Schon heute ist es möglich, die vorausschauende Wartung mit Fuzzy-Logic Technologien zu unterstützen. Die Verwendung von künstlichen neuronalen Netzen zur Erkennung auch unbekannter Zusammenhänge ist dann der konsequente nächste Schritt.
Chancen für Unternehmen
Die Verkürzung von Entscheidungsprozessen bei gleichzeitiger Erhöhung der Entscheidungsqualität ist in einem zunehmend komplexen, volatilen und unsicheren Umfeld, insbesondere der Fertigungsindustrie, von eminent wichtiger Bedeutung. Die Komplexität, die mit der Globalisierung des Wettbewerbs einhergeht, erfordert schnelle und richtige Entscheidungen. Lokale oder regionale Benchmarks werden durch einen World Benchmark abgelöst. Hierzu sind automatisierte und KI-basierte Verfahren ein geeigneter Weg, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen abzusichern.
Ein zusätzlicher Aspekt zur Begründung automatisierter Entscheidungsprozesse sind die immer kürzer werdenden Vorlaufzeiten in der Auftragsabwicklung. Die kontinuierliche Verfügbarkeit der Produktionstechnik kann wirkungsvoll durch die Anwendung von Fuzzy Logic oder künstlichen neuronalen Netzen bei der Anlagenüberwachung erreicht werden. Die schnellere Erschließung internationaler Märkte durch KI-gestützte Lokalisierung und Übersetzung der Anwendungen dient nicht zuletzt auch der Generierung von Neugeschäft oder der Absicherung des Bestandes.
KI-Anwendungsmöglichkeiten im Bereich von MES und ERP
Die genannten Beispiele sind ein Ausschnitt aus den Anwendungsmöglichkeiten von KI-Technologien im Umfeld von MES und ERP-Systemen. Mit der fortschreitenden Reife und breiten Verfügbarkeit dieser Technologien werden sich diese im Bereich von Business Software für die Fertigung allmählich durchsetzen. Ein Schlüsselfaktor ist dabei die Verfügbarkeit einer geeigneten und verlässlichen Datenbasis. Insofern sind Daten tatsächlich das „neue Öl“ der Fertigungsindustrie. PSI Software verfügt bereits über vielfältige Erfahrungen in der Nutzung von KI-Techniken sowohl in der Produktion als auch in anderen Gebieten wie der Absicherung kritischer Infrastrukturen. Hier seien beispielsweise die Steuerung der Einspeisung regenerativer Energiequellen in die Übertragungsnetze oder die Leckerkennung bei Pipelines genannt.
Bereits heute für die Produktion verfügbar sind umfangreiche und vielfache erprobe Lösungen für die Reihenfolgebildung in der Fließfertigung und das Tuning der Prozesse auf der Basis von Key Performance Indikatoren. Diese finden auch Anwendung in den MES-Komponenten der PSI Automotive & Industry. Etablierung, Betrieb und Optimierung von logistischen Netzwerken in einem globalen Rahmen ist unter dem Aspekt der Entwicklung von Wertschöpfungsnetzwerken ein weiterer wichtiger Aspekt. Hierbei werden sowohl unternehmensübergreifende Netzwerke betrachtet bis hin zu lokalen Anwendungen wie die Steuerung von fahrerlosen Transportsystemen.