Ein Bereich, der vielen Entwicklungen gemeinsam ist und oft Schwierigkeiten bereitet, ist die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Die Prüfung der EMV besteht grundsätzlich aus zwei Teilbereichen, welche jeweils wieder in zwei weitere aufgeteilt ist. Zum einen wird die Immunität gegen, von außen eingebrachte elektromagnetische Strahlung untersucht und zum anderen die Messung der vom Produkt abgegebenen elektromagnetischen Leistung. Die zweite Teilung bezieht sich auf die Art und Weise der eingebrachten oder vom Objekt abgegebenen Energie. Hier unterscheidet man zwischen Leitungsgebunden und Ab- oder Einstrahlung. Um eine Zulassung zu erhalten, muss das Produkt, die von der zuständigen Aufsichtsbehörde festgelegten Regeln erfüllen. Produkte, die diese Beschränkungen nicht erfüllen, können nicht legal auf den Markt gebracht werden.
EMV-Zulassungsmessung
Die Zulassungsmessungen für den Teilbereich „Emission“ werden mit CISPR-konformen EMV-Testreceivern in abgeschirmten Umgebungen, wie EMV-Kammern durchgeführt. Es ist sehr budgetintensiv, eine entsprechende Umgebung aufzubauen. Da die Wartezeiten für Termine bei zertifizierten Laboren lang sind und die Kosten pro Testdurchlauf nennenswert sind, können im Vorfeld der Zulassungsmessung sogenannte Pre-Compliance-Messungen durchgeführt werden. Der Spektrumanalysator ist hierbei das zentrale Instrument zur Durchführung dieser Vormessungen. Analysatoren mit EMV-spezifischen Eigenschaften sind in den letzten Jahren sehr erschwinglich geworden und werden unter anderem auch mit speziellen „EMI-Optionen“ verkauft.
Start der EMV-Vormessung
In diesem Artikel sollen grundlegende Testkonzepte für die EMV-Vormessung vorgestellt werden. Es soll auch auf die spezifischen Einstellungen der Messgeräteparameter eingegangen werden. Die Analysatoren enthalten eine Vielzahl von Parametereinstellungen und diese müssen für die Vormessungen so nah wie möglich an den Anforderungen der spezifischen EMV-Normen liegen. Zu den wichtigen EMV-normenbezogenen Anforderungen zählen die Einstellungen des RBW-Filters, der Videobandbreite (VBW), des Detektortyps, des Frequenzbereichs und die Sweep-Zeit. Die Strahlungslimits und Wandlereigenschaften wirken sich auch auf die erforderlichen Einstellungen aus. Die Geräteeinstellungen müssen optimiert sein, um einen guten Kompromiss zwischen hoher Empfindlichkeit und geringer Verzerrung zu erzielen. Die in dieser Anwendungsbeschreibung dokumentierten Messkurven wurden mit einem Spektrumanalysator von Siglent durchgeführt. Alle Erklärungen und Hinweise sollen einen Einblick geben, so dass der finale Konformitätstest ohne böse Überraschungen von statten gehen kann und damit eine schnellere Markteinführung erzielt werden kann.
Normen beachten
Es beginnt damit, dass die relevanten Normen gefunden werden müssen. Es existieren mehrere Normen, welche EMV-Testaufbauten und Anforderungen an Messgeräte spezifizieren. Am prominentesten sind die Standards CISPR 16 und EN 61000-4. Es gibt weitere relevante Standards wie CISPR 25, Mil-461, DO 160 und noch weitere. Zusätzlich gibt es spezifische Normen, welche die Limits und Test für die entsprechenden Anwendungsbereiche, wie CISPR 14 (Haushaltsgeräte, elektrische Werkzeuge oder CISPR22 (Geräte der IT) festlegen. Da es in diesem Artikel hauptsächlich um die konkreten Einstellungen des Messgeräts geht, wird im Folgenden hauptsächlich auf den CISPR 16-Standard referenziert.
Im Folgenden werden die einzelnen oben genannten Einstellungen erklärt und Hinweise zu den Einstellungen gegeben.
Die Auflösebandbreite (RBW)
In der Regel findet man bei Spektrumanalysatoren gaußförmige Filter mit einstellbaren Bandbreiten, die einer 1 -3 -10 Sequenz folgen, zum Beispiel 1kHz, 3kHz, 10kHz, 30kHz, ... . Um den CISPR-Standards zu entsprechen, muss der Spektrumanalysator zusätzlich sogenannte CISPR-Filter zur Verfügung stellen. Viele Analysatoren verwenden standardmäßig gaußförmige Filter. Für EMV-Vormessungen sollten daher die Filter der EMI-Filteroption verwendet werden. Neben der Angabe der Filterform, Impulsantwort und Nebenkeulenunterdrückung spezifiziert CISPR die Frequenz Bänder und die entsprechenden zu verwendenden Filterbandbreiten. Mit sinkender Auflöse-Bandbreite (RBW) sinkt auch der Grundrauschpegel (Displayed Average Noise Level - DANL). Eine Daumenregel ist: Faktor 10 kleinere RBW entspricht 10 dB niedrigerer DANL.
Die Frequenzauflösung
Der Sweep eines Spektrumanalysators wird in diskreten Schritten mit äquidistantem Abstand durchgeführt. Normalerweise ist die Anzahl der Frequenzschritte pro Sweep identisch mit der Anzahl der Anzeigepixel in X-Richtung. Die Siglent SSA3021X beispielsweise hat eine Auflösung von 751 Frequenzpunkten pro Sweep. Andere gebräuchliche Spektrumanalysatoren haben 601 Messpunkte pro Sweep. Nach dem Start ist beim Spektrumanalysator normalerweise der komplette Bereich sichtbar die RBW auf 1 MHz eingestellt.
Legt man jetzt ein Signal an, kann es sein, dass Frequenz und Amplitude nicht richtig angezeigt werden. Der Grund dafür ist bei der Einstellung des Frequenzbereichs und der RBW zu suchen. Eine kurze Berechnung und Betrachtung der Filterkurven und Abstände zwischen benachbarten Frequenzpunkte zeigt den Grund. Teil man den vollen Frequenzbereich des Siglent SSA3021X Plus (2,1 GHz) durch die Anzahl der dargestellten Punkte 751, erhält man einen Abstand zwischen zwei Frequenzpunkten von 2.8 MHz. Mit einer RBW von 1 MHz entstehen nicht abgedeckte Lücken und es ist nicht möglich die Signale richtig zu erfassen. Es entstehen Fehler in der Amplitude und eine Verschiebung der Frequenz hin zu einem der diskreten Punkte.
Leitungsgebundene Emissionsmessung
Nehmen wir ein weiteres Beispiel und betrachten eine typische leitungsgebundene Emissionsmessung. Die Messung deckt den Frequenzbereich bis 30 MHz ab und erfordert eine CISPR RBW von 9 kHz. Mit der gleichen Rechnung (fstep = 30 MHz / 751 Punkte) ergibt sich ein Abstand von 39,9 kHz. Das heißt, ein erheblicher ein Teil des Spektrums würde gar nicht gemessen werden. Um das gesamte Spektrum innerhalb der Spanne eines Frequenzsweeps abzudecken, schreibt CISPR 16 vor, dass benachbarte Frequenzpunkte nicht mehr als die Hälfte der Auflösebandbreite voneinander entfernt sein dürfen. Im Falle von im obigen Beispiel darf der Abstand nicht mehr als 9 kHz / 2 = 4,5 kHz betragen. Unter Berücksichtigung dieser Informationen müssen die Frequenzbereichseinstellungen so gewählt werden, dass der Frequenzabstand und RBW-Spezifikationen von CISPR 16 entsprechen.
Folglich muss eine leitungsgebundene Messung für den Frequenzbereich 150 kHz bis 30 MHz in mindestens 29,85/3,38 = 9 Segmente mit einer Spanne von 3,38 MHz aufgeteilt werden. Eine solche Messung manuell durchzuführen wäre ein langwieriger Prozess. Bei manchen Geräten kann die Standardanzahl der Messpunkte auf einen höheren Wert eingestellt werden und somit sind weniger Segmente notwendig. Neuere Analysatoren bieten auch die Möglichkeit standardkonforme EMI-Messroutinen auszuwählen. Diese stellen sicher, dass benachbarte Messpunkte den richtigen Frequenzabstand haben. Der Nachteil ist, dass der resultierende Graph immer noch auf die Anzahl der verfügbaren Anzeigepixel limitiert ist. Hier empfiehlt sich die Verwendung einer externen Software wie Sie zum Beispiel von TekBox angeboten wird.
Sweep-Zeit
CISPR 16 unterscheidet zwischen Breitband- und Schmalbandrauschen. Schmalbandrauschen wird typischerweise durch Taktsignale verursacht. Breitbandrauschen wird meist durch Datensignale verursacht. Das liegt daran, dass Datensignale eine mehr oder weniger willkürliche Bitfolge sind und deren Spektrum daher dynamisch und breitbandig erscheint. Darüber hinaus gibt es noch Signale, die nicht immer auftreten. Deren Erscheinen ist abhängig von der Aktivität und den Aufgaben, die etwa ein Controller ausführt. Ein „zu schnell“ ausgeführter Sweep, kann Pulse verfehlen und würde das Breitbandrauschspektrum nicht richtig messen. Folglich spezifiziert CISPR 16 minimale Sweep-Zeiten, ebenfalls abhängig vom Frequenzbereich und Detektor. Längere Sweep-Zeiten wirken sich mittelnd aus und reduzieren den Rauschpegel.
Detektoren
Bei den meisten EMV-Tests sind für verschiedene Detektoren unterschiedliche Grenzwerte definiert. Während Scans mit Mittelwert- und Spitzenwertdetektoren relativ schnell durchgeführt werden können, benötigen Quasi-Peak-Detektoren eine wesentlich längere Messzeit. Bei Messempfängern ist 1 Sekunde pro Messpunkt üblich. Bei Spektrumanalysatoren ist das ebenso. Ein einzelner, vollständiger Messscan kann mit dem Quasi-Peak-Detektor so beispielsweise mehrere Stunden dauern. Es gibt jedoch einen Workaround, der die Messzeit deutlich verkürzt:
Das Messergebnis mit dem Peak-Detektor ist immer höher als das Messergebnis mit dem Mittelwert Detektor. Das Messergebnis des Quasi-Peak-Detektors liegt immer zwischen den Ergebnissen der Mittelwert- und der (positiven) Spitzenwertdetektor-Messung. Das Ergebnis der QP-Detektor-Messung wird nie höher sein, als das Messergebnis des (Positiv-)Peak-Detektors.
Führt man nun einen kompletten Scan mit dem Peak-Detektor durch und bewertet das Ergebnis dann mit den Quasi-Peak-Limits, lassen sich folgende Schlussfolgerungen treffen. Liegen die Signale innerhalb der QP-Limits, hat der Prüfling die Prüfung bestanden. Liegen einige Signale der Peak-Detektor-Messung über dem QP-Limit, besteht immer noch die Möglichkeit, dass das Quasi-Peak-Ergebnis innerhalb der Grenzen liegt. Falls die Störspitzen jedoch 10 dB oder mehr oberhalb der Grenze liegen, ist die Chance des Bestehens ziemlich gering.
Finale Verifizierung
Zur finalen Verifizierung muss nur noch eine selektive Nachmessung mit dem Quasi-Peak-Detektor durchgeführt werden. Hier müssen aber eben nur die Frequenzpunkte, an denen die Peak-Detektor-Messung die Grenzwertlinie gekreuzt hat, gemessen werden. Bei der selektiven Nachmessung von Störspitzen mit kritischen Amplituden ist zu berücksichtigen, dass die Störspitzen in der Zeit zwischen den beiden Messungen in der Frequenz gedriftet sein können.
Spitzen, welche durch Schaltregler entstanden sind, können im Zeit- und Temperaturverlauf sogar erheblich driften. Würden nur die einzelnen Frequenzen nachgemessen werden, bestünde die Möglichkeit, dass die Energie der Spitzen nicht vollständig detektiert werden kann. Daher sollte die Nachmessung auch an mehreren benachbarten Frequenzpunkten durchgeführt werden. Die Zeitersparnis im Vergleich zu einem vollen QP-Sweep ist trotzdem noch immens.
Interner Abschwächer, Vorverstärker
Beim Einstellen des Spektrumanalysators für EMV-Messungen ist eine sorgfältige Auswahl des internen Dämpfungsglieds ist unabdingbar. Der Screenshot unten zeigt die Auswirkung der internen Dämpfungs- und Vorverstärkereinstellungen auf die DANL des Analysators.
Bei der Durchführung von leitungsgebundenen Emissionsprüfungen besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für Störsignale mit hoher Amplitude. Die Wahl von 0 dB Eingangsdämpfung und eventuelles gleichzeitiges Einschalten des Vorverstärkers kann zu Intermodulationsverzerrungen und/oder ADC-Sättigung führen. Folglich sind die Standardeinstellungen für die meisten durchgeführten Emissionstests folgende: 20 dB Eingangsdämpfung und Vorverstärker ausgeschaltet. Einige Standards wie CISPR 25, Klasse 5 leitungsgebundene Emissionen (Spannungsmethode), haben sehr niedrige Grenzwerte und erfordern daher die Reduzierung der Eingangsdämpfung.
Strahlungsemissionsmessungen erfordern eine sehr hohe Empfindlichkeit. Entsprechende Standardeinstellungen hier sind normalerweise 0 dB Eingangsdämpfung und Vorverstärker an. CISPR 16 schreibt vor, dass das Grundrauschen des Messaufbaus mindestens 6 dB unter dem Grenzwert liegen muss, denn es muss ein ausreichend großer Dynamikbereich zur Verfügbarkeit stehen, um auch kritische Störsignale zuverlässig messen zu können.
Der Eingangsschutz
Bei der Arbeit mit Spektrumanalysatoren ist immer zu beachten, dass übermäßige Eingangsleistung, Spannungstransienten oder ESD das HF-Frontend zerstören kann. Spektrumanalysatoren erlauben normalerweise eine maximale Eingangsleistung (CW) im Bereich von +20 dBm bis +30 dBm. Im Gegensatz zu Oszilloskopen sind die Eingänge des Spektrumanalysators nicht oder nur leicht geschützt.
Die Dioden am Eingang dienen typischerweise als ESD-Schutzdioden. Um den Durchlassstrom im Fall von zu hoher Eingangssignalleistung zu begrenzen, müssten Shunt-Dioden mit einem Vorwiderstand kombiniert werden. Folglich kann eine klassische Widerstandslösung zur Strombegrenzung nicht implementiert werden, da dies die Eingangsimpedanz des Analysators erhöhen würde. Ein Begrenzer könnte durch Kombination mit einem Abschwächer implementiert werden, dies würde jedoch die Empfindlichkeit des Analysators reduzieren und die Verwendung einschränken. Das erste schwache Element in der Eingangsstufe ist der HF-Schalter. Typische EMI-Spektrumanalysatoren verwenden integriertes GaAs Schalter. GaAs-Schalter sind bei niedrigen Frequenzen von Natur aus schwach. Viele GaAs-Schalter sind in Bezug auf die maximale Eingangsleistung bei niedrigen Frequenzen überhaupt nicht spezifiziert.
Kritische Zustände beachten
Bei der Durchführung von leitungsgebundenen Messungen an Schaltnetzteilen treten die höchsten Störpegel bei relativ niedrigen Frequenzen auf. Subharmonische sind sogar noch kritischer. Diese liegen in der Regel bei Frequenzen deutlich unter 100 kHz und bleiben oft völlig unbemerkt, da die meisten Tests bei 150 kHz beginnen. Es kann vorkommen, dass eine leitungsgebundene Messung, welche leistungsmäßig scheinbar unkritisch ist, einen ADC-Fehler und einen Warnton des Analysators hervorruft.
Um zu verhindern, dass der Analysator beschädigt wird, sollte immer zuerst das Testobjekt unter besonderen Schutzbedingungen untersucht werden. Hierzu wird empfohlen einen 20 dB Abschwächer vorzuschalten und dann das Spektrum bei sehr niedrigen Frequenzen zu bewerten.
Tipps zu Emissionsmessungen
Zum Schluss noch einige Hinweise für die Durchführung von leitungsgebundenen Emissionsmessungen mit einer Netznachbildung (LISN):
HF-Ausgang der LISN unbeschaltet lassen
Prüfling an die LISN anschließen
LISN mit dem Trenntransformator verbinden
Prüfling einschalten
Überprüfung des HF-Ausgangs der LISN dem Analysator mit einem externen 20-dB-Dämpfungsglied
HF-Kabel vom LISN-Ausgang mit dem Eingang des Spektrumanalysators verbinden
Durchführung der leitungsgebundenen Messungen
HF-Kabel vom Spektrumanalysator entfernen
Ausschalten des Prüflings
Hinweis: Das Trennen des Analysators vor dem Ein- und Ausschalten des Prüflings soll verhindern, dass Spannungstransienten, welche aufgrund von Gegen-EMK, insbesondere von hochinduktiven Lasten wie Motoren oder Schaltnetzteilen entstehen, den Analyzer beschädigen.
Überlegungen zur Verzerrung
Wenn am HF-Eingang des Spektrumanalysators zu starke Signale angelegt werden, können in der Eingangstufe des Analysators, an den dort verbauten Elementen mit nicht-linearem Verhalten (Mischer, Verstärker) Verzerrungsprodukte entstehen. Diese sind im Messspektrum sichtbar und können als Störung des Testobjektes (fehl-)interpretiert werden. Der Anwender muss verstehen, wie die Entstehung der Verzerrungen mit dem Eingangssignal zusammenhängen. Dies ist notwendig, um das Messergebnis richtig interpretieren zu können und um die vom Analysator verursachten Verzerrungen von den Störungen des Testobjekts unterscheiden zu können.
Die dominantesten nicht-linearen Verzerrungen sind die Harmonischen zweiter und dritter Ordnung. Die Verzerrung zweiter Ordnung nimmt zum Beispiel quadratisch mit der Amplitude des Grundsignals zu. Wenn etwa die Grundleistung um 1 dB erhöht/verringert wird, erhöht/verringert sich die Verzerrung zweiter Ordnung um 2 dB. Mit Hilfe von Dämpfungsgliedern kann festgestellt werden, ob Störsignale von der Signalquelle stammen oder ob sie vom Spektrumanalysator erzeugt werden.