Reichweite von Elektrofahrzeugen um 70 Prozent steigern „Masselose“ Batterietechnologie ebnet den Weg für energieeffiziente Fahrzeuge

Forschern der Chalmers University of Technology ist es gelungen, eine Batterie aus Kohlefaserverbundwerkstoff herzustellen, die so steif wie Aluminium und energiedicht genug ist, um kommerziell genutzt zu werden.

Bild: Chalmers University of Technology / Henrik Sandsjö
26.09.2024

Wenn Autos, Flugzeuge, Schiffe oder Computer aus einem Material gebaut werden, das sowohl als Batterie als auch als tragende Struktur fungiert, werden das Gewicht und der Energieverbrauch radikal reduziert. Eine Forschungsgruppe der Chalmers University of Technology in Schweden stellt nun einen weltweit führenden Fortschritt bei der so genannten masselosen Energiespeicherung vor – eine strukturelle Batterie, die die Reichweite eines Elektroautos mit einer einzigen Ladung um bis zu 70 Prozent erhöhen könnte.

„Es ist uns gelungen, eine Batterie aus Kohlefaserverbundwerkstoff zu entwickeln, die so steif wie Aluminium und so energiedicht ist, dass sie kommerziell genutzt werden kann. Wie ein menschliches Skelett hat die Batterie mehrere Funktionen gleichzeitig“, sagt Chalmers-Forscherin Richa Chaudhary.

Chalmers forscht seit vielen Jahren an Strukturbatterien, in einigen Phasen auch gemeinsam mit Forschern der KTH in Stockholm, Schweden. Als Professor Leif Asp und Kollegen 2018 ihre ersten Ergebnisse darüber veröffentlichten, wie steife, starke Kohlenstofffasern elektrische Energie chemisch speichern können, erregte dieser Fortschritt große Aufmerksamkeit. Die Nachricht, dass Kohlenstofffasern als Elektroden in Lithium-Ionen-Batterien fungieren können, fand weite Verbreitung und wurde von der renommierten Zeitschrift Physics World als einer der zehn größten Durchbrüche des Jahres eingestuft.

Geringeres Gewicht erfordert weniger Energie

Seitdem hat die Forschungsgruppe ihr Konzept weiterentwickelt, um sowohl die Steifheit als auch die Energiedichte zu erhöhen. Der letzte Meilenstein wurde 2021 erreicht, als die Batterie eine Energiedichte von 24 Wh/kg aufwies, was etwa 20 Prozent der Kapazität einer vergleichbaren Lithium-Ionen-Batterie bedeutet. Jetzt sind es bis zu 30 Wh/kg. Das ist zwar immer noch weniger als bei den heutigen Batterien, aber die Bedingungen sind ganz anders. Wenn die Batterie Teil der Konstruktion ist und zudem aus einem leichten Material hergestellt werden kann, wird das Gesamtgewicht des Fahrzeugs stark reduziert. Dann wird nicht mehr so viel Energie benötigt, um zum Beispiel ein Elektroauto zu betreiben.

„Die Investition in leichte und energieeffiziente Fahrzeuge ist eine Selbstverständlichkeit, wenn wir Energie einsparen und an künftige Generationen denken wollen. Wir haben Berechnungen angestellt, die zeigen, dass Elektroautos bis zu 70 Prozent länger fahren könnten als heute, wenn sie über wettbewerbsfähige Strukturbatterien verfügten“, sagt Forschungsleiter Leif Asp, Professor am Department of Industrial and Materials Science von Chalmers.

Bei Fahrzeugen werden natürlich hohe Anforderungen an die Konstruktion gestellt, um den Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden. Hier hat die strukturelle Batteriezelle des Forscherteams ihre Steifheit, genauer gesagt den Elastizitätsmodul, der in Gigapascal (GPa) gemessen wird, von 25 auf 70 deutlich erhöht. Das bedeutet, dass das Material genauso belastbar ist wie Aluminium, aber ein geringeres Gewicht hat. „In Bezug auf die multifunktionalen Eigenschaften ist die neue Batterie doppelt so gut wie ihre Vorgängerin – und sogar die beste, die je auf der Welt hergestellt wurde“, sagt Leif Asp, der seit 2007 an Strukturbatterien forscht.

Weg zur Kommerzialisierung

Von Anfang an bestand das Ziel darin, eine Leistung zu erreichen, die eine Kommerzialisierung der Technologie ermöglicht. Parallel zu der Tatsache, dass die Forschung nun fortgesetzt wird, wurde die Verbindung zum Markt gestärkt – durch das neu gegründete Chalmers-Venture-Unternehmen Sinonus AB mit Sitz in Borås, Schweden. Es ist jedoch noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten, bevor die Batteriezellen den Schritt von der Laborfertigung in kleinem Maßstab zur Produktion in großem Maßstab für unsere technischen Geräte oder Fahrzeuge geschafft haben.

„Man kann sich vorstellen, dass kreditkartendünne Mobiltelefone oder Laptops, die nur halb so viel wiegen wie heute, zeitlich am nächsten dran sind. Es könnte auch sein, dass Komponenten wie die Elektronik in Autos oder Flugzeugen durch Strukturbatterien betrieben werden. Es erden großen Investitionen nötig sein, um den anspruchsvollen Energiebedarf der Verkehrsindustrie zu decken, aber hier könnte die Technologie auch den größten Unterschied machen“, sagt Leif Asp, der ein großes Interesse der Automobil- und Luftfahrtindustrie festgestellt hat.

Bildergalerie

  • Multifunktionales Material: Das entwickelte Batteriekonzept basiert auf einem Verbundwerkstoff und hat Kohlenstofffasern als positive und negative Elektroden – wobei die positive Elektrode mit Lithiumeisenphosphat beschichtet ist. Die im Elektrodenmaterial verwendeten Kohlenstofffasern sind multifunktional. In der Anode dient sie als Verstärkung sowie als elektrischer Kollektor und aktives Material. In der Kathode dient sie als Verstärkung, Stromkollektor und als Gerüst für das Lithium, auf dem es sich aufbauen kann. In der Abbildung sind dünne Stromanschlüsse an den Elektroden angebracht.

    Multifunktionales Material: Das entwickelte Batteriekonzept basiert auf einem Verbundwerkstoff und hat Kohlenstofffasern als positive und negative Elektroden – wobei die positive Elektrode mit Lithiumeisenphosphat beschichtet ist. Die im Elektrodenmaterial verwendeten Kohlenstofffasern sind multifunktional. In der Anode dient sie als Verstärkung sowie als elektrischer Kollektor und aktives Material. In der Kathode dient sie als Verstärkung, Stromkollektor und als Gerüst für das Lithium, auf dem es sich aufbauen kann. In der Abbildung sind dünne Stromanschlüsse an den Elektroden angebracht.

    Bild: Chalmers University of Technology / Henrik Sandsjö

  • Entwicklung eines einzigartigen Batteriekonzepts: Die Forscher Zhenyuan Xia, Richa Chaudhary und Leif Asp im Graphenlabor.

    Entwicklung eines einzigartigen Batteriekonzepts: Die Forscher Zhenyuan Xia, Richa Chaudhary und Leif Asp im Graphenlabor.

    Bild: Chalmers University of Technology / Henrik Sandsjö

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