Strommärkte und Netzausbau Nachhilfe für Seehofer

Rainer Baake. Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie kommentierte die bayerischen Alleingänge in Sachen Netzausbau.

Bild: Energy 2.0 / K.Klotz
09.02.2015

Mit der Formel „2-x“ will der bayerische Ministerpräsident mindestens eine Stromtrasse in den Freistaat verhindern. Hochrangige Fachleute konterten im Vorfeld der E-World.

„Man muss dafür sorgen, dass der Strommarkt frei funktionieren kann. Dazu müssen Preissignale unverfälscht bei Erzeugern ankommen“ warb Rainer Baake, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, für das im Grünbuch beschriebene Modell „Strommarkt 2.0“. Beim Führungstreffen Energie heute in Essen sagte er, die Politik müsse sich gesetzlich verpflichten, nicht in die Preisbildung einzugreifen.

Die Alternative sei ein Kapazitätsmarkt; eine Mischung aus beiden Modellen funktioniere jedoch nicht: „Entweder wir gehen in Richtung Strommarkt 2.0 oder wir müssen uns einen Kapazitätsmarkt aussuchen, der finanziell am günstigsten ist“. Keine Hilfestellung sei von der Wissenschaft zu erwarten, und auch in der Wirtschaft gebe es sehr divergierende Positionen.

Der daher noch bis Ende Februar laufende breite Konsultationsprozess werde danach ausgewertet und in die Position der Regierung dann in Eckpunkten in einem Weißbuch zusammengefasst. Erst danach gebe es einen Gesetzentwurf.

Mit Blick auf die bayerischen Alleingänge beim Netzausbau fragte Baake, welchen Sinn es haben soll, wenn einzelne Bundesländer Netzengpässe einplanen. Versteigerungen beispielsweise sollten in einem möglichst großen einheitlichen Marktgebiet stattfinden können. Kontraproduktiv sei es wenn dann das Kraftwerk, das den Strom am günstigsten liefern kann, aufgrund von Netzengpässen durch teurere lokale Kraftwerke ersetzt werden müsse. Dieser Redispatch koste Geld, was auf die Kunden umgelegt werden müsse. Ein solcher Redispatch sollte jedoch ein Übergangsphänomen bleiben. Im Wirtschaftsministerium wolle man jedenfalls die Marktgebiete nicht trennen.

Gefahr, dass die Energiewende scheitert

Deutlicher wurde Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur
„Wenn wir nicht vorankommen mit dem Netzausbau, droht die Energiewende genau an dieser Stelle zu scheitern“, sagte er. „Redispatch ist ein teurer Spaß: Das kostet uns inzwischen dreistellige Millionenbeträge pro Jahr.“

„Für uns würde die E-Wende ad absurdum geführt, wenn man die Windkraft im Norden abregelt und dafür teure Gaskraftwerke im Süden baut“, führte Homann weiter aus und wies auf Inkonsistenzen der bayerischen Überlegungen hin: Ein Ergebnis des Energiedialogs sei eine 25-TWh-Lücke, die mit einer 2-GW-HGÜ-Leitung rechnerisch nicht geschlossen werden könne, selbst wenn man Vollauslastung unterstelle. In der Praxis könne es selbst bei zwei Leitungen zu Engpasssituationen kommen.

Die Folgerung des BNetzA-Präsidenten zur bayerischen Verhandlungsposition, man rede über „zwei minus x“ Leitungen: „Im Zweifel muss Seehofers x mit Null angesetzt werden. Aber das wird die weitere Situation zeigen.“

„Wer würde denn die Gaskraftwerke bauen?“, fragte Homann abschließend rhetorisch. Da das niemand machen würde, sei die bayerische Vorstellung, dass Berlin das machen solle. Umgekehrt werde aber nicht diskutiert, ob im Winter überhaupt die Pipelines für die Gaskraftwerke reichen würden. Homanns Fazit jedenfalls: „Wir bekommen die Energiewende nicht hin, wenn wir auf Zeit spielen.“ (kk)

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