Schutzschalter sichern elektrische Geräte ab und retten damit täglich Menschenleben. Aber die Energiewende stellt nun neue Herausforderungen an die Energietechnik: Sowohl die Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, etwa Photovoltaikanlagen, als auch viele Verbrauchergeräte wie PC, Fernseher oder LED-Beleuchtung basieren bereits heute auf Gleichstrom. Daher ist der Umstieg von den herkömmlichen Wechselstrom- auf Gleichstromnetze für Haushalte wie auch für die Industrie das Gebot der Stunde.
Doch die unterschiedlichen Eigenschaften von Wechselstrom und Gleichstrom erfordern neue Technologien, um elektrische Anlagen und Geräte zu schützen. Um sie in nur wenigen Mikro- oder Millisekunden abzuschalten, werden neuartige Schutzschalter benötigt.
Stromfluss künstlich unterbrechen
Die größte Herausforderung bei der Entwicklung eines Gleichstrom-Schutzschalters ist es, den Stromkreis in jedem erdenklichen Fehlerfall, etwa bei einem Kurzschluss, sicher und schnell abzuschalten. Nachdem der Fehler erkannt wurde, öffnen sich im Inneren des Schutzschalters Schaltkontakte und es entsteht ein Lichtbogen. Um nun den Stromfluss zu unterbrechen und einen Brand zu verhindern, muss dieser Lichtbogen umgehend gelöscht werden.
Während der Lichtbogen bei Wechselstrom spätestens in dem Moment von selbst erlischt, in dem der Strom seine Richtung ändert – dies geschieht 100-mal pro Sekunde –, muss bei Gleichstrom durch zusätzliche Maßnahmen dafür gesorgt werden, dass der Lichtbogen sozusagen künstlich gelöscht wird. Das wird nun im Fachgebiet Elektrische Geräte und Anlagen der TU Ilmenau unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Frank Berger erforscht.
Seine Idee: „Wir treiben den Lichtbogen mithilfe eines starken Magnetfeldes in eine Löschvorrichtung, die den Leistungsbedarf des Lichtbogens erhöht und dadurch auch dessen Widerstand.“ Keine leichte Aufgabe, denn um den Stromkreis schnell genug auszuschalten, muss der Lichtbogen möglichst früh, schon mit Öffnung der Kontakte, in nur wenigen Mikrosekunden in die Löschvorrichtung getrieben werden – und das in jedem einzelnen Fehlerfall absolut zuverlässig.
Drei Jahre Grundlagenforschung voraus
Begleitet wird die experimentelle Grundlagenforschung, die nötig ist, um die neuen Schutzschalter zu entwickeln, an der TU Ilmenau von den Fachgebieten Werkstoffe der Elektrotechnik sowie Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. Die Universität verfügt damit nicht nur über Know-how in der Schaltgerätetechnik und Datenanalyse, sondern auch über Wissen zu Veränderungen von Materialien durch Schaltvorgänge.
Die Aufgabenstellung der Ilmenauer Wissenschaftler ist klar. Nun stehen drei Jahre Grundlagenforschung vor ihnen, um das Verhalten von Lichtbögen in Abhängigkeit eines starken Magnetfeldes zu erforschen.
Projektpartner
Koordiniert wird das Projekt „FASS – Fast and Selective Switching“ von der Firma E-T-A Elektrotechnische Apparate aus Altdorf bei Nürnberg, einem Anbieter von Geräteschutzschaltern. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig bringt ihre Expertise in der Messtechnik ein. Unterstützend wirken auch die Unternehmen Siemens, Doduco und Heraeus mit.