Marc Grünewald, MAN: Power-to-X ist ein riesiges Thema für die Strom- und Gaswirtschaft, aber auch für den Anlagenbau. Laut einer entsprechenden Dena-Studie ist die Einbindung synthetischer Kraftstoffe alternativlos. Auch die Anlagenbauer müssen jetzt ihre Stimme erheben, damit diese Potenziale nicht verschlafen werden. Ein weiterer positiver Aspekt der Technologie ist der direkte Einsatz von CO2 aus Rauchgasen oder sonstigen industriellen Prozessen in den PtX-Anlagen. Industrieunternehmen bekommen so auch die Möglichkeit, ihre CO2-Bilanzen global zu verbessern. Es gibt Regionen, die aufgrund ihrer klimatischen Bedingungen ganz anders kalkulieren können als wir in Deutschland. Aber die Technologiekompetenz ist zumindest bisher hier zuhause. Mit den geplanten Reallaboren vermeiden wir, PtX als reines Forschungsthema zu sehen.
Dr. Arthur Heberle, Mitsubishi: Erst ein technologieoffener Ansatz ermöglicht Innovationen und wettbewerbsfähige Lösungen. Das Motto sollte lauten: „Wasserstoff und Methan und flüssige Energieträger“ statt „Wasserstoff oder Methan oder flüssige Energieträger“. Global betrachtet wird sich langfristig ein Netzwerk aus PtX-Erzeuger- und Verbraucherregionen etablieren müssen. Dies treibt den Ausbau erneuerbaren Energien schneller voran und stellt den Verbraucherregionen schneller CO2-arme Energieträger zur Verfügung. Das ist eine einzigartige Chance zur globalen Verringerung von CO2-Emissionen. In anderen Regionen lässt sich PtX deutlich kostengünstiger herstellen. Von den Reallaboren erwarten wir uns, dass endlich großskalige, kommerzielle Anlagen gebaut werden können, die eine wirtschaftliche Perspektive auch nach dem Ende einer Förderung haben
Dr. Volkmar Pflug, Siemens: Mit der neuen Regelung zu CO2-Grenzwerten für PKW wurde die Chance vertan, auch Bestandsfahrzeuge zu defossilisieren. Der starre Tank-to-Wheel Ansatz schränkt Fahrzeughersteller in der Wahl der Technologien ein, ihre Flottenziele zu erreichen – ein Cherry-Picking, das sich Europa aufgrund des Klimawandels nicht erlauben kann. Mit einem Well-to-Wheel Ansatz könnten E-Fuels ganz im Sinne der Sektorenintegration einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. Die geplanten Reallabore helfen die Systemtransformation in Deutschland voranzutreiben und den erreichten technologischen Vorsprung international zu vermarkten. Dies gilt es jetzt zügig umzusetzen und auch Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Investoren hierin einen positiven Business Case sehen können.
Peter Müller-Baum, VDMA: Mittlerweile ist die Notwendigkeit der Sektorenkopplung in Berlin wirklich angekommen. Es hapert aber an der Umsetzung konkreter Maßnahmen. Je länger wir warten, desto höher der Einsatz und Aufwand, um später die Klimaziele zu erreichen. Eine Befreiung von Steuern, Umlagen und Abgaben springt zu kurz. Strom ist heute im Vergleich zu fossilen Energieträgern viel zu teuer. Eine Energiewende in allen Sektoren kann aber nicht allein aus dem Strombereich bezahlt werden. Hier braucht es ein umfassendes Konzept. Wichtig sind klare, verlässliche und vor allem technologieneutrale Rahmenbedingungen. Aber man muss der Bundesregierung zu Gute halten, dass Sie mit den Reallaboren ein smartes Instrument auf den Weg bringt, um Power-to-X in großindustriellem Maßstab, abgekoppelt von den investitionshemmenden Realbedingungen, produzieren zu können.