In der Tat kann diese Arbeit einen guten Schritt vorwärts machen bei den weltweiten Bemühungen, Öl und Gas als Energierohstoffe zu ersetzen und CO2-neutrale Verfahren einzusetzen. Wasserstoff ist als künftige Basis für den Energiesektor zwar mittlerweile akzeptiert, wie Dr. Henrik Junge erklärt, aber seine Speicherung ist noch problematisch.
Wasserstoff ist in Anwesenheit von Sauerstoff explosiv und als Gas unter normalen Bedingungen flüchtig und hat unter normalen Bedingungen eine geringe Dichte, weshalb führende Forschungslabors vor allem chemische Möglichkeiten der Speicherung erforschen.
Ameisensäure als Speichermedium
Dr. Duo Wei, Postdoktorand am LIKAT in Rostock, nutzte Ameisensäure und ihre Salze, die so genannten Formiate, als Speichermedium für Wasserstoff. Vor einem Jahr beschrieben die Rostocker Chemiker, wie sie mittels Kohlendioxid aus der Luft und der Aminosäure L-Lysin katalytisch Wasserstoff in Formiaten speichern.
Junge erklärt: „Natürlich wäre es elegant, wenn wir den Wasserstoff im gleichen System wieder freisetzen könnten, wenn wir ihn brauchen.“ Das ist genau das, was in der aktuellen Arbeit gelungen ist. Die Chemiker entwickelten den Katalysator, der alle notwendigen chemischen Reaktionen ermöglicht, auf der Basis eines Mangankomplexes, so dass im Gegensatz zu den meisten bisherigen Hydrierverfahren kein Edelmetall benötigt wird. Es gibt noch weitere Vorteile, wie LIKAT-Direktor Prof. Dr. Matthias Beller erläutert.
Normalerweise wird bei der Gewinnung von Wasserstoff aus Formiaten das zur Speicherung verwendete Kohlendioxid wieder freigesetzt. „Wir hingegen halten das CO2 dauerhaft in unserem Reaktionssystem zurück.“ Der Trick: Die Forscher binden das CO2 an eine gemeinsame Aminosäure, die in der Natur und in uns selbst vorkommt.
Hohe Ausbeuten von 80 bis 90 Prozent
Das neu entwickelte Reaktionssystem folgt dem Prinzip einer elektrischen Batterie, mit dem Unterschied, dass anstelle von elektrischem Strom Wasserstoff verwendet wird. Eine solche Batterie wird also zu Beginn einmalig mit CO2 aus der Luft gefüllt. Sie kann dann den Zyklus der Hydrierung (H2-Speicherung) und Dehydrierung (H2-Freisetzung) mehrmals durchlaufen, wobei immer wieder neuer Wasserstoff in den Speicher geladen wird.
Unter anderem die hohen Ausbeuten dieses Prozesses – mehr als 90 Prozent bei der H2-Speicherung und 80 Prozent bei der H2-Freisetzung – sind als sehr erfolgreich in der Entwicklungen zu bewertet. Interessant ist auch die intensive Aktivität des Katalysators und der hohe Gesamt-TON (Umsatzzahl) selbst nach zehn Ladezyklen. In Zukunft wird ein Verfahren auf dieser Basis seinen ganzen Charme vor allem dann entfalten, wenn der zu speichernde Wasserstoff aus regenerativen Quellen der Region stammt, etwa aus Windkraft oder Photovoltaik.
Junge erläutert: „Solche Quellen sprudeln nicht kontinuierlich. Deshalb braucht die grünbasierte Wasserstoffwirtschaft große Speicherkapazitäten, vorzugsweise chemischer Natur, auch vor Ort.“
Patentanmeldung bei der APEX-Gruppe
Das alles ist Grundlagenforschung, wie Junge betont, aber sie ist bestens geeignet, um die Wirtschaft und den Energiesektor mit klimaneutralen Verfahren zu transformieren. Hinzu kommt, dass die Chemie das Kohlendioxid in der Atmosphäre zunehmend als Rohstoffquelle und Ausgangsmaterial für eine Vielzahl nützlicher Produkte erkennt, wie Henrik Junge sagt.
Die Zusammenarbeit des LIKAT mit der Apex-Gruppe wird dafür sorgen, dass ihre Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden. Die Anmeldung eines gemeinsamen Patents durch das Apex läuft derzeit.