Der Elektroantrieb gewinnt bei Autos immer mehr an Bedeutung. Im letzten Jahr waren hierzulande bereits rund 13 Prozent der Neufahrzeuge mit einem elektrischen Antrieb ausgestattet, teilweise in Kombination mit einem Verbrennungsmotor. Bis 2030 könnten weltweit fast 50 Millionen Elektroautos auf den Straßen unterwegs sein, wenn alle Ankündigungen wahr werden.
Dieser Trend, dem Klimawandel geschuldet, schafft ein Recycling-Problem: Es fallen immer mehr Batterien an, die aufgearbeitet werden müssen. Da ein Akku im Schnitt rund zehn Jahre hält, wird das Problem von Jahr zu Jahr drängender. Ein Team von Wissenschaftlern und Technikerinnen aus unterschiedlichen Instituten sucht deshalb nach einem Weg, dieser drohenden Flut Herr zu werden.
Das Forschungsprojekt „Industrielle Demontage von Batterien“ (DeMoBat), koordiniert vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, soll eine universelle Lösung liefern, die sich für alle Arbeitsschritte und Batterietypen eignet.
Batterien ein zweites Leben schenken
Die Bestandteile einer Batteriezelle sollen sortenrein demontiert und anschließend geprüft werden, ob sie noch gut genug sind für eine direkte Wiederverwendung. So sollen dereinst Second-Life-Batterien aus genutzten Komponenten entstehen. Wenn sich die gebrauchten Komponenten dafür nicht mehr eignen, sollen wenigstens ihre chemischen Bestandteile aufbereitet werden.
Denn ausgediente Batterien enthalten viele weiterhin nutzbare Rohstoffe wie Nickel, Kobalt, Mangan oder Lithium. Um an sie heranzukommen, muss man das Bauteil zunächst auseinandernehmen: Leitungen, Kabel, Stecker, Dichtungen, Schrauben, Batteriezellen, elektronische Komponenten, Halterungen – das alles muss demontiert werden.
Lorenz Halt von der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA ist für diesen Part des Forschungsprojekts verantwortlich. Die Herausforderung dabei: Kein Arbeiter, sondern ein Industrieroboter soll die Arbeiten übernehmen. Das ist umso schwieriger, als Autobatterien nicht genormt sind. In verschiedenen Automarken, sogar in verschiedenen Modellen, stecken jeweils andere Stromspeicher. Deshalb muss das Demontagesystem sehr flexibel sein. Halt vergleicht es deshalb mit einem Schweizer Taschenmesser.
Roboter schraubt oder fräst das Gehäuse auf
Als Arbeitsplatte dient ein zwei mal drei Meter großer Tisch mit einem flexiblen Spannsystem, das jeden Akku fest greifen kann. Dort öffnet der Roboter zunächst den Deckel, indem er die Schrauben aufdreht. Eine intelligente Bildverarbeitung weist ihm den Weg. Doch das klappt nicht immer, denn nach zehn Jahren bei Wind und Wetter ist manche Schraube korrodiert und lässt sich mit mehr lösen. Dank maschinellem Lernen erkennt der Roboter frühzeitig, ob er mit dem Schraubendreher ans Ziel kommt oder zur Fräse greifen muss.
„Er könnte natürlich auch sofort fräsen“, sagt Forscher Halt. „Aber das ist nicht die optimale Strategie, weil dabei Metallspäne anfallen, die zu einem Kurzschluss und letztlich zu einem Brand führen könnten.“ Aber auch für solche Fälle ist die Anlage gerüstet: Bricht ein Feuer aus, räumt ein Schieber kurzerhand sämtliche Teile, die auf dem Arbeitstisch liegen, in ein Löschbad.
Erster Demonstrator schon im Herbst
Wie bei den Schrauben steckt auch anderswo der Teufel im Detail. Halt und sein Team mussten zahlreiche Probleme lösen und neue Werkzeuge entwickeln. So dient eine Art Dosenöffner dazu, Dichtungen zu lösen. Und für das Herausheben der einzelnen Batteriezellen, die verklebt sind, haben die beteiligten Fachleute eine Art Mini-Wagenheber entwickelt. Einfallsreichtum erfordert auch das Hantieren mit Kabeln und Steckern, die sich nur schwer greifen lassen.
Das Forschungsprojekt DeMoBat, das insgesamt drei Jahre läuft, hat aktuell (November 2021) Halbzeit. Die Zwischenbilanz ist vielversprechend: Schon diesen Herbst soll ein erster Demonstrator zu sehen sein. „Künftig möchten wir auch Lösungen entwickeln, die es ermöglichen die zurückgewonnen und noch intakten Bestandteile einer Batterie für einen weiteren Lebenszyklus aufzubereiten und wieder zu einem neuen System zusammenzuführen“, kündigt Projektleiter Max Weeber an.