A&D:
Weshalb hat Wago eine SPS mit integriertem Mobilfunkmodem entwickelt?
Martin Paulick:
Als langjähriger Anbieter von elektrischer Verbindungstechnik, dezentralen Automatisierungskomponenten und Interface-Elektronik sind wir dazu übergegangen, auch fertig konfektionierte Systemverteiler anzubieten. Immer öfter wurden Infrastrukturanwendungen mit Kommunikationsanschaltung nachgefragt. Früher nutzten wir dafür externe GPRS-Router. Zur Messe SPS IPC Drives bringen wir nun eine Variante der Steuerung PFC200 auf den Markt, die bereits ein 3G-Modem an Bord hat. Das erhöht die Integration, was Platz im Schaltschrank spart und die Verkabelung einfacher macht.
Warum gab es diese Möglichkeit nicht schon früher?
Das hat vor allem zwei Gründe: Zum einen reagieren wir damit auf den zunehmenden Bedarf, zum Beispiel aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, den es so vorher gar nicht gab. Zum anderen haben die externen Modems eine VPN-Verschlüsselung an Bord, die gewisse Ressourcen erfordert. Damalige Steuerungen konnte diese Aufgabe nicht ohne Weiteres übernehmen.
Hat sich die Sicherheit der Datenübertragung nun geändert?
Mit Einführung des PFC200 bieten wir Steuerungsgeneration an, die in der Lage ist, die VPN-Verschlüsselung der Daten selbst zu übernehmen, bevor sie mit Hilfe des integrierten Mobilfunkmoduls übertragen werden. So ist ein Abgreifen der Daten außerhalb der SPS nicht mehr möglich.
Wo wird der Kommunikationsanschluss hauptsächlich eingesetzt?
Ein wichtiges Feld sind Infrastrukturen für die Stromerzeugung und -verteilung. Der Energiemarkt ist im Umbruch, und es entstehen Anforderungen, die es vor zehn Jahren so noch nicht gab. Um die Stromnetze zu stabilisieren, kann es nötig werden, Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energien, also Photovoltaik- oder Windkraftanlagen, herunterzuregeln. Früher wurde das bereits mit Rundsteuerempfängern realisiert, die waren allerdings unidirektional. Der Energieversorger konnte also nicht feststellen, ob das Gerät wie gewünscht reagiert hat. Umgekehrt haben wir es im Rahmen der Energiereserve mit virtuellen Kraftwerken zu tun, also mehreren kleinen Energieerzeugungsanlagen, die so vernetzt sind, dass sie wie ein großes Kraftwerk agieren. Die müssen bei Bedarf innerhalb von 15 Minuten hochgefahren werden können, und auch hier kommt die Anbindung per Mobilfunk zum Einsatz.
Wie sieht es bei industriellen Anwendungen aus?
Mit den Energieversorgern haben wir schon in der Vergangenheit entsprechende Projekte realisiert und unsere Erfahrungen gesammelt. Wir glauben, dass sich auch in der Fertigungs- und Prozessindustrie Anwendungen entwickeln, die diese Art der Kommunikation nutzen. In der Logistik beispielsweise kann das Wiederauffüllen von Gastankstellen mit einer solchen Mobilfunksteuerung koordiniert werden.
Geht es denn nur um die Fernsteuerung, oder auch darum, kontinuierlich Daten zu sammeln, vielleicht sogar für den Live-Betrieb?
Die Energieversorger hatten bereits in der Vergangenheit ihre Verteil- und Mittelspannungsnetze flächendeckend überwacht. Nun sind sie dabei, den Niedrigspannungsbereich, also die Ortsnetze, detailliert zu beobachten, indem ein Monitoring direkt in den Ortsnetzstationen installiert wird. Damit kann die Spannung kontinuierlich und live gemessen werden. So ist der Versorger stets im Bild, was auf dieser Netzebene passiert. Aufgrund der Einspeisung von selbsterzeugtem Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen sind hier größere Anstrengungen nötig, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Im Notfall muss der Energieversorger direkt eingreifen und einzelne Anlagen vom Netz nehmen können. In verschiedenen Pilotprojekten, beispielsweise mit dem Energieversorger Rheinenergie, die derzeit laufen, kommt unsere PFC200-Steuerung mit dem integrierten 3G-Modem genau für diese Applikation zum Einsatz.