Mit seiner Unterstellung „Nicht wenige, die einen Kapazitätsmarkt fordern, verbergen dahinter ihr eigentliches Interesse: existierende Überkapazitäten auf Kosten der Stromverbraucher zu konservieren“, hat Bundesminister Sigmar Gabriel die Kraftwerksbetreiber in der Branche frontal angegriffen. Das Interview war zum Start der Jahrestagung Energiewirtschaft im Handelsblatt veröffentlicht worden.
Seine Teilnahme an der Veranstaltung hatte er schon vor einigen Tagen aus terminlichen Gründen abgesagt; sein Staatssekretär Rainer Baake (Bild: Dietmar Gust / Euroforum), der in seiner Vertretung sprach, versuchte sachlich, die Wogen zu glätten: „Es ist nicht Aufgabe von Kapazitätsmärkten, Überkapazitäten zu erhalten, sondern Versorgungssicherheit zu garantieren, also notwendige Kraftwerke zu erhalten“, sagte Baake am Dienstag. Er sehe sich da mit dem BDEW einig.
Der BDEW hatte bereits kurz nach Erscheinen des Interviews am Morgen den Minister ungewöhnlich scharf kritisiert: „Bundesminister Gabriel verweigert die von ihm selbst angekündigte ergebnisoffene Debatte. Er konterkariert damit den von ihm selbst angestoßenen Diskussionsprozess zum Strommarkt der Zukunft. Das ist mehr als erstaunlich. Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem dringlichsten Problem des Energiemarktes sieht anders aus“, ließ sich Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, zitieren.
Auch dem BDEW gehe es nicht um Subventionen. „Es geht allein um eine Fortentwicklung des bestehenden Marktsystems, um dauerhaft verlässliche Rahmenbedingungen für den Kraftwerkspark und damit auch für die Absicherung der Versorgungssicherheit am Wirtschaftsstandort Deutschlands zu garantieren. Der dezentrale Leistungsmarkt kann das leisten. Ein auf Preisspitzen beruhender Energy-Only-Markt (EOM), wie er offenbar vom Bundeswirtschaftsministerium favorisiert wird, kann dies laut Auffassung vieler Experten nicht“, so Müller.
„Der Minister hat einem ergebnisoffenen Diskussionsprozess eine klare Absage erteilt“, war auch das Verständnis auch von BDEW-Präsident Johannes Kempmann, Technischer Geschäftsführer der Städtischen Werke Magdeburg (SWM). „Da fällt mir nicht mehr viel ein“, ärgerte er sich in seinem Vortrag heute am 21. Januar vormittags auf der Handelsblatt-Jahrestagung. „Das ist unredlich, denn es geht nicht um Subventionen“ Alleredings gab Kempmann auch zu: „Staatssekretär Baake hat in Nuancen hier eine andere Darstellung gegeben“.
Dr. Urban Rid, Leiter Energiepolitik – Strom und Netze im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), betonte, dass es in Sachen Strommarkt-Design weiterhin ergebnisoffene Diskussionen gebe. Seinen Minister zu interpretieren lehnte er ab, der habe jedoch eine Einschätzung des aktuellen Standes gegeben.