„Anbieter vermitteln gerne den Eindruck, dass die Jahresverbrauchsprognose in Stein gemeißelt sei und sie sich bei der Berechnung der Preisbremsen penibel an die Gesetzeslage hielten“, sagt Energie-Experte Benjamin Weigl von Finanztip
So schreiben etwa die Unternehmen Maingau Energie, Montana Energie und Vattenfall auf ihren Webseiten, dass die Jahresverbrauchsprognose und damit auch die Preisbremsen-Entlastung nicht angepasst werden könne. „Das verschleiert die tatsächliche Gesetzeslage“, mahnt Weigl.
Denn laut der Strom- und Gasnetzzugangsverordnung (§13 StromNZV, §24 GasNZV) ist eine Anpassung der Jahresverbrauchsprognose in begründeten Ausnahmefällen durchaus möglich. „Weicht der reale Verbrauch deutlich von der Prognose ab, kann das als begründeter Ausnahmefall gelten“, sagt Weigl. Der Energieversorger ist dem Gesetz zufolge dafür zuständig, die fehlerhafte Prognose gegenüber dem Netzbetreiber zu melden. Oft stellen sich Energieversorger dabei aber quer und lehnen eine nachträgliche Anpassung ab.
Vattenfall räumt ein: Korrektur theoretisch möglich
Sowohl Finanztip als auch den Verbraucherzentralen in NRW sind mehrere Fälle bekannt, bei denen sich Energieversorger weigerten, fehlerhafte Prognosen und damit zu niedrige Preisrabatte zu korrigieren. Auf Nachfrage räumt Vattenfall gegenüber Finanztip ein: „Eine rückwirkende Änderung der Jahresverbrauchsprognose durch den Netzbetreiber ist in der Theorie zwar möglich, organisatorisch und auch aus Gründen der Gleichbehandlung für uns jedoch nicht abbildbar.“
Montana wiederum teilt gegenüber Finanztip mit, dass man sich „bei offensichtlich unzutreffenden Werten und auf Kundenwunsch“ gegenüber dem Netzbetreiber für eine Korrektur einsetze.
Hartnäckig bleiben oder Anbieter wechseln
„Stellen Verbraucher fest, dass der Wert deutlich unter ihrem tatsächlichen, früheren Jahresverbrauch liegt, sollten sie widersprechen und den Anbieter zur Korrektur auffordern“, rät Weigl. Benachteiligte Verbraucher sollten sich nicht abspeisen lassen und auf die Gesetzeslage berufen. „Unterstützung kann man dabei von Verbraucherzentralen bekommen, die zu den Preisbremsen beraten und auch die Kommunikation mit dem Anbieter übernehmen können“, sagt Weigl.
Kommt keine Einigung mit dem Anbieter zustande, kann kostenlos ein Verfahren bei der Schlichtungsstelle Energie eröffnet werden. Eine Möglichkeit ist laut Weigl auch der simple Wechsel zu einem Energieversorger mit einem Tarif, der so günstig ist, dass die Preisbremse unnötig wird. „Das spart nicht nur Ärger, sondern auch eine Menge Geld“, sagt Weigl.
Verbraucher zahlen dank der Preisbremsen für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs maximal 40 Cent/kWh beim Strom und 12 Cent/kWh beim Gas. Die Strom- und Gasanbieter sollen für die Berechnung die sogenannte Jahresverbrauchsprognose heranziehen. Diese wird vom Netzbetreiber erstellt. Diese Verbrauchsprognose wiederum soll in der Regel auf dem Vorjahresverbrauch basieren. Verbraucher müssen selbst nachprüfen, ob ihr Anbieter den korrekten Verbrauchswert verwendet hat. Die Verbraucherzentralen stellen dafür Rechenhilfen zur Verfügung.