Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE arbeitet seit Längerem an Mehrfachsolarzellen, bei denen zwei oder drei Teilzellen übereinander angeordnet werden, um unterschiedliche Wellenlängen des Sonnenlichts in Strom zu wandeln. Für den infraroten Anteil des Spektrums eignet sich Silizium als Absorber; darüber werden wenige Mikrometer dünne Schichten aus III-V-Halbleitern aufgetragen. Dies sind Materialien aus den Gruppen III und V des Periodensystems, welche das ultraviolette, sichtbare und nahe infrarote Licht effizienter in Strom umwandeln.
Reine III-V-Halbleiter-Solarzellen werden bereits im Weltraum und in der Konzentrator-Photovoltaik eingesetzt. Durch kostengünstigere Verfahren im Zusammenspiel mit Silizium als unterster Teilzelle soll die Tandem-Technologie in Zukunft auch für die breite Photovoltaik zugänglich gemacht werden. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.
Aufbau der neuen Rekord-Solarzelle
Es gibt unterschiedliche Ansätze, um Kombinationen aus III-V- und Siliziumsolarzellen herzustellen. So hält das Fraunhofer ISE seit 2019 den Weltrekordwert von 34,1 Prozent Wirkungsgrad (neu 34,5 Prozent) für eine Tandemsolarzelle, bei der die III-V-Halbleiterschichten von einem Galliumarsenid-Substrat auf Silizium übertragen werden. Die Schichten sind dabei durch einen sogenannten Wafer-Bond verbunden.
Diese Technologie ist effizient, aber teuer. Daher arbeitet das Forschungsinstitut seit mehreren Jahren an direkteren Herstellungsverfahren, bei denen die III-V-Schichten auf eine Siliziumsolarzelle abgeschieden beziehungsweise epitaxiert werden. Entscheidend hierbei ist, eine hohe Kristallqualität aller Schichten zu erhalten.
Für eine solche direkt auf Silizium gewachsene III-V/Si-Tandemsolarzelle wurde jetzt mit 25,9 Prozent ein neuer Weltrekord-Wirkungsgrad erzielt. Fraunhofer-ISE-Wissenschaftler Markus Feifel konnte seinen Erfolg jüngst auf der 47. IEEE Photovoltaic Specialists Conference, die wie derzeit viele Konferenzen online stattfindet, präsentieren und wurde dafür mit dem Student Award in der Kategorie Hybrid-Tandemsolarzellen geehrt.
„Von außen ist die komplexe innere Struktur der Zelle nicht sichtbar, da alle Absorber durch weitere Kristallschichten miteinander verbunden und elektrisch verschaltet sind“, erklärt der junge Solarzellen-Forscher, der damit in weniger als einem Jahr das Ergebnis seiner Arbeiten von 24,3 auf 25,9 Prozent verbessern konnte. „Gelungen ist dieser Erfolg durch das Austauschen einer einzigen dünnen Schicht innerhalb der Mehrfachzelle. Eine sorgfältige Analyse unserer Zellen ergab, dass diese Schicht zu einer Barriere für die Stromleitung geführt hat.“
Ein besonderes Highlight der neuen Tandemsolarzelle ist, dass die III-V-Schichten nicht wie bisher üblich auf einem chemisch-mechanisch polierten Substrat gewachsen wurden, sondern auf einem Silizium-Wafer, der nach dem Sägen des Kristalls in einem einfachen Verfahren nur mittels kostengünstiger Schleif- und Ätzprozesse behandelt wurde. Im Rahmen des europäischen Projekts „SiTaSol“ hatte die dänische Firma Topsil diese Silizium-Wafer entwickelt und damit einen wichtigen Schritt in Richtung einer wirtschaftlichen Produktion der neuen Mehrfachsolarzellen realisiert.
Schlüsseltechnologie für die Energiewende
In Zukunft wird es darum gehen, die Effizienz noch weiter zu erhöhen und auch die Abscheidung der Schichten noch schneller, mit höherem Durchsatz und damit kostengünstiger zu realisieren. Auf diese Weise soll die Tandem-Photovoltaik künftig einen wichtigen Beitrag zu dem für die Energiewende notwendigen Photovoltaik-Zubau leisten.
„Die europäische Photovoltaik-Forschung hat zahlreiche Konzepte in Arbeit, um die Effizienz dieser Schlüsseltechnologie für die Energiewende noch weiter zu entwickeln“, sagt Prof. Dr. Stefan Glunz, Bereichsleiter Photovoltaik-Forschung am Fraunhofer ISE. „Wir arbeiten nicht nur daran, die Produktion von Siliziumsolarzellen noch nachhaltiger und kostengünstiger zu machen, sondern gehen gleichzeitig neue Wege, um das bewährte Silizium in Verbindung mit anderen Halbleitermaterialien zu noch höheren Effizienzen zu führen. Dies gelingt uns mit der Tandem-Photovoltaik.“
Die Tandem-Photovoltaik eignet sich aufgrund ihrer höheren Spannung außerdem sehr gut für die Elektrolyse, die direkte Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Somit kann die Technologie auch einen Beitrag zur Gewinnung von Wasserstoff als Energiespeicher leisten und einen wichtigen Baustein für die Energiewende darstellen.