„Die technische Basis der Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur funktioniert“, stellt Dr. Michal Sobótka, Geschäftsführer von GWAdriga, fest. Nachdem der Berliner Full-Service-Anbieter für die Smart-Meter-Gateway-Administration (SMGWA) und das Messdatenmanagement im vergangenen Jahr 1.000 Geräte in Summe für seine Kunden in Betrieb genommen hat, sind es inzwischen dieselbe Menge an Gateways jeden Monat. „Dabei zeigte sich, dass eine wirklich gute Datenkommunikation der Schlüssel für das Funktionieren dieser Infrastruktur ist“, berichtet Sobótka. Dass die dazu nötige Netzabdeckung in vielen Gebieten in Deutschland nicht überall gegeben ist, ist eines der Hemmnisse für einen schnellen Rollout.
Ganz entschieden gebremst wird dies aber auch durch den vom Gesetzgeber vorgegebenen Mindestansatz für den Ausbau. „Das Smart-Meter-Gateway ist zunächst einmal nur eine Infrastruktur. Das ist ähnlich wie beim Breitbandanschluss. Auch hier muss erst einmal in die Infrastruktur investiert werden. Steht sie flächendeckend zur Verfügung, kommen die Dienste von allein. Den Ausbau aus einer ‚Strom-only-Sicht‘ umzusetzen, wird schwierig“, erklärt Till Cremer, Leiter Geschäftsbereich Privat- und Gewerbekunden bei der RheinEnergie. Aus seiner Sicht sind entsprechende Mehrwertangebote für Privatkunden deswegen noch in recht weiter Ferne.
Nicht ganz anders sieht es in der Wirtschaft aus, speziell bei Industrie- und Bündelkunden. „Der Kunde will von uns kein Smart-Meter-Gateway. Er will Transparenz und er möchte Daten, die er dann in seinen Systemwelten weiterverarbeiten kann. Und das entspricht leider nicht dem Stand, auf dem wir heute noch sind. Wir haben gerade angefangen, die Infrastruktur aufzubauen, der Kunde verlangt aber schon nach fertigen und stabilen Lösungen“, erklärt Cremer.
Fertige und stabile Lösungen gefragt
Das bestätigt auch Dr. Ole Langniß, Geschäftsführer beim Technologie-Startup OLI Systems: „Der Funktionsumfang der Gateways ist eingeschränkt, es gibt viel zu wenige Tarifanwendungsfälle. Der Grund ist, dass die Politik zu sehr versucht, auf technische Dinge einzuwirken und dabei technologisch überfordert ist. Dies scheint aber nicht verstanden worden zu sein, sondern geht gerade so weiter. Stichwort CLS-Schnittstelle: Die muss offen sein. Wenn das nicht offen ist, sondern nur dazu dient, bestimmte Technologieträger voranzubringen und andere auszuschließen, dann fährt das Ding an die Wand.“
Blockchain Pilotprojekt
Was mit einer offenen Schnittstelle möglich wird, wollen GWAdriga und OLI-Systems gemeinsam mit weiteren Partnern im Dena-Pilotprojekt „Blockchain Machine Identity Ledger" demonstrieren. In diesem auf Blockchain-Technologie basierten Geräte-Identitäts-Verzeichnis sollen alle mit dem Energiemarkt verbundenen Geräte mit einer eindeutigen Identität erfasst werden. „Wenn das künftig funktioniert, kann man tatsächlich seine PV-Anlage auf dem Balkon selbst installieren. Sobald ich sie einstecke, ist die Anlage angemeldet und damit ansprech- sowie vermarktbar. Mit der Blockchain kommt dazu die sichere Dokumentation: Es gibt einen klaren Zeitstempel, die Kunden wissen, wann der Netzbetreiber ab- und wieder angestellt hat und vor allem auch, warum. Das ist für die Transparenz ungeheuer wichtig“, so Langniß weiter.
Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Zahl der dezentralen Anlagen deutlich zunimmt. „Es gibt heute zwei Millionen Prosumer mit ebenso vielen privaten PV-Anlagen in Deutschland. Das Zielmodell liegt bei vier Millionen. Dazu kommen Millionen an Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen und viele andere schaltbaren Lasten. Das sind in Summe mehrere zehn Millionen Einheiten, die sich hier aktiv einbringen wollen – nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich.“
SMGW und Blockchain ideale Partner
Die Kombination aus Smart Meter Gateway und Blockchain ist auch aus Sicht von GWAdriga ideal für eine solche Problemstellung. „Die Blockchain gilt als ausgesprochen manipulationssicher. Aber was nutzt das, wenn die gehandelten Werte nicht authentisch sind? Das Gateway und insbesondere der Gateway-Administrator bleiben deswegen auch im Zeitalter der Blockchain die Vertrauensinstanz, die über alle Zugriffe und Kommunikationswege der Gateways wacht“, erläutert Dr. Michal Sobótka.
„Wir kombinieren sichere Datenherkunft und Kommunikationswege mit einer sehr sicheren Datenspeicher- und Logikschicht. Auf dieser Basis können wir ganz unterschiedliche Mehrwertdienste schnell ausrollen, ob Peer-to-Peer-Handel, Mieterstrom oder Quartierstrommodelle für die neuen Energiegemeinschaften, die jetzt laut EU-Energienovelle in allen Mitgliedsländern umgesetzt werden müssen“, ergänzt Dr. Ole Langniß.
Wohnungswirtschaft als Treiber
Ein anderer Treiber für die Entwicklung von Mehrwertangeboten kann die Wohnungswirtschaft werden. „Das derzeitige Rolloutmodell funktioniert nur, wenn man schnell viel Nutzen aggregieren kann. Die Wohnungswirtschaft hat die Möglichkeit, das zu tun. Denn hier geht es nicht nur um Strom, sondern auch um Gas, Wasser und Wärme, die über eine Gateway-Infrastruktur gebündelt werden können“, so Cremer.
Dazu kommt die Steuerung der dazugehörigen Anlagen. „Von der Anlage im Keller ist der Schritt in die Wohnung relativ klein. Ob ich dort nur die Werte der Heizkörper abhole oder auch noch eine digitale Klingel anbiete, die im Ernstfall über den sicheren Kanal des Gateways den Notarzt alarmiert, spielt im Gesamtpaket keine Rolle mehr“, ergänzt Holger Mennigmann, Leiter Geschäftsbereich Energiedienstleistungen bei der RheinEnergie.
Sinnvoll ist nur ein Vollrollout
Sowohl aus Sicht des Gateway-Administrators GWAdriga als auch des Energieversorgers RheinEnergie und des Startups OLI Systems macht deswegen längerfristig nur ein Vollrollout der intelligenten Messsysteme Sinn. „Es ist eine Kernaufgabe von Stadtwerken, den Bürgern eine zeitgemäße Infrastruktur zur Verfügung zu stellen und damit Treiber der Energiewende zu sein. Aber dafür muss der Gesetzgeber auch die Möglichkeiten schaffen. Auf Regulierungsseite muss man sich des Themas annehmen“, so Till Cremer.
Für Dr. Michal Sobótka sind auch die Unternehmen selbst gefordert: „Im künftigen Internet der Energie kommt auf die Stadtwerke eine ganz wichtige Rolle zu – als Enabler und Systemdienstleister vor Ort. Diejenigen, die es schaffen, ihre Infrastruktur und Nähe zu Kunden und lokalen Partnern mit digitalen Kompetenzen zu verbinden und dabei auf effiziente Prozesse zu achten, werden zu den Gewinnern gehören. Der Weg dorthin erfordert Mut zu Experimenten und Veränderungen sowie die Fähigkeit zu kooperieren – auch über Bereichs- und Unternehmensgrenzen hinweg.“