Der überwiegende Teil der Photovoltaikanlagen weltweit ist mit Solarzellen aus kristallinem Silizium bestückt. Dank bedeutender Fortschritte in der CIGS-Dünnschichttechnologie (Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid) könnte sich dies künftig ändern. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung, die das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) gemeinsam mit internationalen Experten aus Forschung und Industrie durchgeführt haben. Die CIGS-Dünnschichttechnologie als am weitesten entwickelte Silizium-Alternative mit den höchsten Wirkungsgraden wird derzeit immer effizienter und preiswerter. Die Zeit für Unternehmen, hier Produktionskapazitäten auszubauen, sei gerade besonders günstig. Für die Solarindustrie in Europa eröffnen sich dadurch große Chancen, so die Partner in einem „White Paper“.
Die Zahlen sind beeindruckend: Im Jahr 2015 wurden weltweit 52 Gigawatt (GW) Solarstromleistung neu installiert – ein neuer Rekord. Insgesamt beträgt die global installierte Leistung mindestens 220 GW. Die jährliche Nachfrage soll in den nächsten Jahren auf über 100 GW steigen, die Überkapazitäten schwinden. Das macht bald neue Solarfabriken nötig. Der Platzhirsch unter den Photovoltaiktechnologien mit einem Marktanteil von über 90 Prozent ist immer noch die kristalline Silizium-Photovoltaik (PV). Die Fortschritte der Dünnschicht-Photovoltaik auf Basis von Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) lassen aber aufhorchen. Nach dem Eintritt in die Massenproduktion im Gigawattmaßstab inklusive schlüsselfertiger Produktionsanlagen sollen derzeit Rekorde purzeln. Während multikristalline Siliziumzellen heute Wirkungsgrade von 21,3 Prozent erreichen, kommen CIGS-Solarzellen inzwischen schon auf 22,3 Prozent. Bei den Modul-Wirkungsgraden ist die Silizium-PV nur noch geringfügig besser, die beiden Technologien liegen mit 15 bis 17 Prozent Effizienz nah beieinander. Die Produktionskosten der CIGS-Module sind mittlerweile sogar auf das Niveau der Siliziumtechnologie gesunken – 40 US-Cent pro Watt.
Da die Produktionskapazitäten der recht jungen Dünnschicht-PV noch nicht so groß sind wie bei ihrer Konkurrenz, sind nach einem Ausbau deutlich bessere Werte möglich. Wirkungsgrade von 18 Prozent und mehr sowie Kosten von rund 25 US-Cent pro Watt sind laut Aussagen der Industrie bei CIGS-PV-Fabriken mit einer jährlichen Kapazität von 500 bis 1.000 Megawatt (MW) erreichbar. Die konkurrenzfähigen Kosten stellen sich, anders als bei der Silizium-PV, bereits bei einem vergleichsweise geringen Produktionsvolumen ein. Für Investoren bedeutet das niedrigere Einstiegsinvestitionen. Die Dünnschicht-Technologie besitzt darüber hinaus technische Vorteile: Die Module liefern höhere Erträge unter Schwachlichtbedingungen. Der geringere Energie- und Materialverbrauch bei der Herstellung hat zudem kürzere Energierücklaufzeiten zur Folge – es muss weniger Energie aufgewendet werden, um die Module herzustellen. Auch die höhere Schattentoleranz ist ein Pluspunkt für Anlagenbesitzer. Da die Module homogen erscheinen, lassen sie sich optisch attraktiv in Hausdächern oder Fassaden integrieren. Auch flexible Varianten, die mit der hohen CIGS-Effizienz punkten können, werden entwickelt.
„Solarstrommodule auf Basis von Silizium werden noch eine Weile den übergroßen Marktanteil besitzen“, sagt ZSW-Vorstand Michael Powalla. „Die Chancen für die CIGS-Dünnschichtphotovoltaik sind aber wieder gestiegen.“ Gerade für Modulhersteller und den Anlagen- und Maschinenbau in Deutschland und Europa sei das jetzt eine Chance. Die neuen Informationen hat eine Allianz aus 25 internationalen CIGS-Experten mit Michael Powalla und seinem Kollegen Rutger Schlatmann vom HZB zusammengetragen und in einem White Paper veröffentlicht: Das vier Seiten umfassende Dokument steht in englischer Sprache unter www.cigs-pv.net als Download zur Verfügung.