Endanwender, Hersteller von Smartphones und Kameras, Unternehmen aus den Bereichen Automotive, Luft- und Raumfahrt, aus der Sicherheitstechnik oder auch der Automatisierungstechnik – sie alle stellen hohe Anforderungen an die Qualität der Bild- und Videoaufnahmen. Kameras werden deshalb in umfangreichen Tests nach bestimmten Bildmerkmalen bewertet. Zu diesen Merkmalen zählen zum Beispiel Auflösung, Kontrast, Farbe, Textur, Zoom, Autofokus, Belichtung und Bildstabilisierung.
Für jedes dieser Merkmale werden Tausende von Aufnahmen gemacht und ausgewertet, um statistisch signifikante Ergebnisse zu erhalten. Damit die Bildqualität vergleichbar ist, müssen Kameras und Kamerakomponenten immer unter den gleichen Bedingungen und nach den gleichen Methoden getestet werden.
Zuverlässige Analyseverfahren
Das Unternehmen Dxomark bietet komplette Laborlösungen für die Analyse, den Vergleich und die Optimierung der Bildqualität. Die Analyzer-Systeme bestehen aus Hardware, Software und umfangreichen Testroutinen gebündelt in mehreren Modulen, die wiederholbare und bedienerunabhängige Ergebnisse ermöglichen. Je nach Aufgabenstellung beziehungsweise den zu prüfenden Bildqualitätsmerkmalen können unterschiedliche Module ausgewählt und kombiniert werden.
Eine Besonderheit des Analyzers ist beispielsweise die visuelle Rauschmessung. Sie liefert eine Bildrauschmetrik, die direkt mit der visuellen Wahrnehmung korreliert. Die Videoanalyse umfasst Belichtung, Weißabgleich, Schärfe und Textur bei wechselnder Beleuchtung; für benutzerdefinierte Testanforderungen lassen sich auch automatisierte Beleuchtungsszenarien programmieren.
Die neueste Version des Analyzer-Systems ist zudem mit einem Selfie-Modul ausgestattet, um genaue und wiederholbare Frontkameratests zu ermöglichen. Die Messverfahren, die dabei der Dxomark-Bewertung zugrunde liegen, wurden gemeinsam mit mehreren Unternehmen der Imaging-Industrie entwickelt, die in internationalen Normungsarbeitsgruppen wie IEEE/CPIQ und ISO TC42-WG18 eng zusammenarbeiten.
Bildstabilisierung im Test
Beim Test der Bildstabilisierung wird beurteilt, wie gut die in Kameras eingebauten optischen und elektronischen Bildstabilisierungssysteme funktionieren. Denn diese sollen Bewegungen ausgleichen und damit Unschärfe beim Verwackeln vermeiden.
Um eine sehr stabile Bilderfassung zu gewährleisten, messen Sensoren die linearen und Winkelbeschleunigungen der Bewegung, also zum Beispiel in Kameras die Zitterbewegungen des Fotografen oder die Vibrationen eines Fahr- oder Flugzeugs, damit das Bildstabilisierungssystem sie automatisch ausgleichen kann. Die Wirksamkeit von Bildstabilisierungssystemen – ob optisch oder elektronisch – folgt dabei dem CIPA-Protokoll. Die CIPA (Camera and Imaging Product Association) ist ein Zusammenschluss japanischer Kamerahersteller, der Standards für die Testbedingungen bei der Bewegungssimulation definiert hat.
Bewegungssimulation mit hoher Wiederholgenauigkeit
Wichtig bei allen Testverfahren rund um die Bildstabilisierung ist die Reproduzierbarkeit des Kammerzitterns beziehungsweise der Vibrationen bei Fahr- oder Flugzeugen. „Wir müssen sicherstellen, dass bei jedem Test die simulierten Frequenzen und Bewegungen zum Beispiel um die Rotationsachsen θX, θY, θZ (Pitch, Yaw, Roll) gleich sind“, betont Nicolas Touchard, Vizepräsident Marketing bei Dxomark. „In der aktuellen Version des Analyzer-Systems setzen wir jetzt Hexapoden ein, die bei Frequenzen bis 30 Hz exakt reproduzierbare Bewegungsabläufe ermöglichen, was die genaue Anzahl der potenziellen Bildstabilisierungs-Testszenarien deutlich erweitert.“
Beim Test von Kameras und Smartphones beispielsweise sind Frequenzen bis circa 12 Hz typisch, während die Bildstabilisierung bei Fahrerassistenzsystemen oft deutlich höhere Frequenzen ausgleichen muss. Hexapoden sind aufgrund ihres sehr speziellen parallelkinematischen Aufbaus gleich aus mehreren Gründen für die präzise Simulation der Bewegungen oder Vibrationen geradezu prädestiniert.
Die Vorteile gegenüber seriellen, also gestapelten Systemen, sind vor allem die bessere Bahntreue und Wiederholgenauigkeit. Zudem ist die bewegte Masse geringer und ermöglicht dadurch eine verbesserte Dynamik, die für alle Bewegungsachsen gleich ist. Da keine Kabel bewegt werden, ist auch das Kabelmanagement unproblematisch und zu guter Letzt bietet das System einen deutlich kompakteren Aufbau.
Passende Spezifikationen und kompetente Unterstützung
Die in der neuen Analyzer-Version eingesetzten Hexapoden stammen von der Karlsruher Firma Physik Instrumente (PI). Der Hexapod H-840 beispielsweise ist für die Prüfung von Bildstabilisierungssystemen ausgelegt und gemäß dem Standard DC-011-2015 von der CIPA zertifiziert. Dieser Standard definiert Rotationsachsen sowie die Testfrequenzen und Schwingungsamplituden, die für die Zertifizierung nötig sind.
Seit Mitte 2019 ist ein weiterer Hexapod im Analyzer im Einsatz. Der H-860 ist auf die Belange der Prüfung von Bildstabilisierungssystemen ausgelegt. Er bietet Simulationsfrequenzen von bis 30 Hz und fährt vordefinierte Trajektorien, Sinuskurven und frei definierbare Bahnen mit hoher Bahntreue ab. Aufgrund reibungsfreier Voice-Coil-Antriebe und der Leichtbauweise aus hochsteifen Carbon-Frästeilen mit geringen bewegten Massen lassen sich besonders schnelle und sehr präzise Bewegungen und hohe Beschleunigungen problemlos realisieren.
Für die Tests wird der jeweilige Hexapod auf einer Grundplatte befestigt. Auf der Grundplatte wiederum sind die Halterungen für die Prüflinge montiert. Sie stellen sicher, dass das zu prüfende Gerät beim Schütteln fest mit dem Hexapod verbunden ist. „Wir haben uns aber nicht nur für diese Hexapoden entschieden, weil sie genau die richtigen Spezifikationen für die Simulation von Erschütterungen haben, sondern auch, weil wir vom Hersteller PI kompetente Unterstützung für unser Projekt bekommen, zum Beispiel bei der Anpassung der Softwaretreiber“, ergänzt Touchard.
Einfache Ansteuerung und frei definierbarer Pivotpunkt
Die Ansteuerung der Hexapoden übernimmt der leistungsfähige Digitalcontroller C-887, der durch eine bedienerfreundliche Software eine einfache Kommandierung ermöglicht. Die Positionen werden in kartesischen Koordinaten vorgegeben, alle Transformationen auf die sechs Einzelantriebe finden im Controller statt. Eine besondere Eigenschaft der Hexapoden ist der frei definierbare Rotations- oder Pivotpunkt. So kann die Bewegung der Hexapod-Plattform auf die Lage der Bildstabilisierungskomponente in der Kamera abgestimmt werden, damit der Bildsensor in der Mitte der Freiheitsgrade liegt.
Beim Test von Bildstabilisierungssystemen haben sich die Hexapoden mittlerweile bewährt. Die sechsachsigen Parallelkinematiken können aber auch in anderen Anwendungen, bei denen es um Bewegungssimulation geht, ihre Vorteile ausspielen, zum Beispiel beim Test mehrdimensionaler Positionssensoren sowie der Kalibrierung von Kreiselkompassen nach ISO 22090-1 für Schifffahrt und Meerestechnik.