Halbzeitbilanz Innovation-City Ruhr will 100.000 Tonnen CO2 einsparen

Vorstellung der Ergebnisse: Dirk Opalka, Geschäftsführer der Initiativkreis Ruhr, Burkhard Drescher, Geschäftsführer Innovation City Management, Michael Groschek, Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW, Bernd Tischler, Oberbürgermeister der Stadt Bottrop, Manfred Fischedick, Vizepräsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, Bernd Tönjes, Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft sowie Klaus Strehl, Bürgermeister der Stadt Bottrop, (v.l.).

Bild: Innovation City Management GmbH/Alina-Cara Tobi
01.12.2015

Die energetische Modernisierungsquote der Wohngebäude beträgt über 15 Prozent in fünf Jahren.

In Bottrop werden die CO2-Emissionen bis 2020 um mindestens 38 Prozent gesenkt. Das ist ein Ergebnis, dass die Projektverantwortlichen der Innovation-City Ruhr vorstellten. Seit rund fünf Jahren trägt die Ruhrgebietsstadt den Titel „Innovation-City Ruhr“ und ist damit eine Modellstadt für den klimagerechten Stadtumbau. Das vom Initiativkreis Ruhr (IR) ins Leben gerufene Projekt hat zum Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 aber sogar um 50 Prozent zu reduzieren um so die Lebensqualität der Bürger zu steigern.

Inwieweit sich die Stadt diesem ambitionierten Ziel zur Halbzeit 2015 genähert hat, erläuterte Manfred Fischedick, Vizepräsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Im Rahmen der durch das Land Nordrhein-Westfalen geförderten wissenschaftlichen Begleitforschung evaluierte der wissenschaftliche Beirat unter Leitung des Wuppertal Instituts für die Halbzeitbilanz die bisherigen Projekte und Ergebnisse der Innovation-City Ruhr. Dazu wurden zum einen die bisher erreichten CO2-Einsparungen, die ausgelösten Investitionen sowie Produktions- und Beschäftigungseffekte untersucht. Zum anderen betrachteten die Forscher den Innovation-City-Prozess sowie die Beteiligung von Wirtschaft und Bevölkerung.

Durch abgeschlossene und bereits initiierte Maßnahmen und Projekte, deren Realisierung heute gesichert ist, ergibt sich danach eine Reduktion der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 (seit 2010) um rund 38 Prozent, das heißt um rund 100.000 Tonnen. Zum Vergleich: Diese Einsparung entspricht der CO2-Absorption eines gewachsenen Waldes von der Größe des gesamten Bottroper Stadtgebiets (100 Quadratkilometer) innerhalb eines Jahres. Entsprechend müssen bis zum Ende des Projekts in den kommenden fünf Jahren noch zwölf Prozentpunkte der CO2-Emissionen durch neue Projekte eingespart werden. Im Zuge des Masterplans der Innovation-City gibt es nach Angaben der Projektverantwortlichen genügend Ideen, aus denen konkrete Projekte entwickelt werden könnten.

Einen wichtigen Beitrag zu dieser Einsparung leistet die energetische Modernisierung von Wohngebäuden. Durch die umfangreichen Beratungsmaßnahmen der Innovation-City Ruhr konnte eine jährliche energetische Modernisierungsrate von durchschnittlich drei Prozent erreicht werden, die damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von knapp einem Prozent liegt. Dies entspricht einer energetischen Modernisierungsquote von 15,8 Prozent aller Wohngebäude im Pilotgebiet.

Der Schlüssel für diesen Erfolg liegt unter anderem in einem mehrstufigen Ansprachekonzept und einem kostenlosen Erstberatungsangebot, das alle Bottroper Hauseigentümer in Anspruch nehmen können. Bis Herbst 2015 nutzten 1872 Sanierungsinteressierte aus dem Stadtgebiet dieses Angebot. Bezogen auf das untersuchte Pilotgebiet haben 56 Prozent der Beratenen auch Maßnahmen in den eigenen vier Wänden durchgeführt. Eine Analyse der Partizipationsprozesse ergab darüber hinaus, dass in den verschiedenen Informationsveranstaltungen nicht nur Faktenwissen, sondern auch Handlungswissen zu klimaschonendem Verhalten im Alltag vermittelt wurde.

Darüber hinaus steht im Pilotgebiet ein neues Förderinstrument der Stadt zur Verfügung, bei dem Städtebaufördermittel erstmalig direkt an Immobilieneigentümer für energetische Modernisierungsmaßnahmen ausgezahlt werden können. Abhängig vom Gebäudetyp und dem CO2-Minderungspotenzial der jeweiligen Maßnahmen ist so eine Förderung von bis zu 25 Prozent möglich. Von April 2014 bis September 2015 profitierten 111 Antragsteller von dieser Förderung mit einem Gesamtantragsvolumen von 3,58 Millionen Euro, wobei bereits 2,6 Millionen Euro durch die Stadt bewilligt und 382.000 Euro Fördermittel ausgeschüttet wurden. Dies bedeutet eine durchschnittliche Förderquote von 14,7 Prozent.

Durch die abgeschlossenen und bislang initiierten Projekte sowie die energetischen Modernisierungsmaßnahmen werden gesichert bis zum Jahr 2020 über 290 Millionen Euro im Rahmen des Projekts investiert, davon entfallen 183 Millionen Euro auf bereits realisierte Vorhaben. Von diesen Investitionen profitieren vor allem die lokalen Unternehmen: Schätzungsweise 110 Millionen Euro sind über Aufträge an Bottroper Firmen geflossen. Hinzu kommen rund 26 Millionen Euro an Vorleistungs- und Konsumgüterproduktion (Steigerung der regionalen Produktion durch Erhöhung der regionalen Einkommen und damit der Konsumausgaben).

Mit den Investitionen sind zudem Effekte auf die Beschäftigungsrate verbunden. Als direkter Beschäftigungseffekt ergibt sich für den gesamten Zeitverlauf in Bottrop eine Steigerung um 924 Erwerbstätigenjahre. Die indirekten Effekte führen nochmals zu weiteren 276 Beschäftigungsjahren. Insgesamt wurden somit 1200 Erwerbstätigenjahre neu geschaffen. Über die reinen Zahlen hinaus wurde durch die wissenschaftliche Begleitforschung auch die Ausgestaltung des Innovation-City-Prozesses sowie die Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Wirtschaft analysiert.

Festgestellt wurde, dass der hohe Rückhalt und die Verbindlichkeit im Handeln aller beteiligten Akteure, beispielsweise Gesellschafter, kommunale Verwaltung und Landesregierung, ein Garant für den Erfolg des Projekts sei. Auch überzeuge das neuartige Steuerungskonzept in Form der Innovation City Management GmbH (ICM) durch hohe Flexibilität und Entscheidungskompetenz. Dabei spiele die größere Unabhängigkeit von kommunal-politischen Entscheidungsstrukturen bei gleichzeitig starker Verzahnung mit den Akteuren vor Ort eine wichtige Rolle. Dies schlägt sich, so die Analyse, auch in innovativen Projektdesigns nieder. Viele der Umsetzungsprojekte im Modellgebiet haben den Charakter von Systeminnovationen: Sie verbinden die Implementierung neuartiger Technologien in bestehende Infrastrukturen mit der gleichzeitigen Erprobung sozialer Innovationen, wie neuen Geschäftsmodellen oder innovativer Beteiligungsmuster.

Darüber hinaus ist nach den durchgeführten Untersuchungen auch die Bürgerschaft eng in den Innovation-City-Prozess eingebunden: Bei etwa einem Viertel der Veranstaltungen hatten Bottroper Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, ihr Wissen, ihre Ansichten und ihre Zukunftsvorstellungen einzubringen. Die Kooperation mit verschiedenen Wirtschaftsunternehmen über den Raum Bottrop hinaus ist nicht nur durch die enge Bindung an den Initiativkreis Ruhr, sondern auch durch die zahlreichen Projekte und Partnerschaften von großer Bedeutung und in dieser Form ein Alleinstellungsmerkmal für das Projekt. So betonen die Wirtschaftspartner in einer Befragung, dass das Projekt eine klare Zielvision verfolge und über eine hohe Ausstrahlung verfüge – beides zentrale Aspekte, die eine erfolgreiche Kooperation ermöglichen. Die ICM bilde zudem ein geeignetes Format, um die spezifischen Ressourcen der Kommunen und der Wirtschaftspartner projektbezogen und professionell zusammenzuführen.

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