Die in der Oberpfalz ansässigen Goldsteig Käsereien haben 2017 mit dem Bau eines zusätzlichen Standorts im niederbayerischen Stephansposching begonnen. Da für das Gebäude keine separate Wärmeversorgung geplant war, musste eine Anbindung an benachbarte Energienetze erfolgen, die zudem modernen Anforderungen im Energiemanagement genügen sollte. Ein eigenes Kesselhaus erschien finanziell nicht kosteneffizient und hätte zudem einen höheren CO2-Ausstoß bedeutet.
Der Molkereierzeuger hat sich deshalb an die Spezialisten von Gammel Engineering gewandt, die bereits für den Hauptstandort in Cham ein ähnliches Konzept umgesetzt haben. Die Energieexperten empfahlen eine intelligente Ferndampfversorgung durch Anbindung an eine benachbarte Papierfabrik. Dazu wurde eine Fernwärmeleitung gelegt, die überschüssigen Dampf aus der Fabrik zur Molkerei transportiert. Dieser wird somit nicht wie bisher über Bilanzkühler einfach abgefahren, sondern sinnvoll in einem regionalen Energiekreislauf gehalten.
Bei Goldsteig wird der Dampf mit einem Reindampferzeuger und Heizkondensator so aufbereitet, dass eine Nutzung als Heizwasser möglich ist. Um Wärmeverluste beim Transport zu minimieren, wurden die Fernwärme-Kunststoffmantelrohre mit einer zweifachen Wärmedämmung ausgeführt.
Win-Win-Partnerschaft
Der 2017 begonnene Goldsteig-Neubau in Stephansposching sollte den alten Standort im nahegelegenen Plattling ersetzen, da dieser den gestiegenen Produktionskapazitäten nicht mehr gerecht werden konnte. Bereits am Anfang der Planung stellte sich die Frage, inwiefern eine eigene Wärmeversorgung auf dem Werksgelände sinnvoll sei – insbesondere in Bezug auf die CO2-Bilanz. Der Betrieb eines eigenen Heizkessels beispielsweise hätte einen erheblichen Brennstoffverbrauch und auch ein erhöhtes Emissionsaufkommen bedeutet.
„Wir haben uns daher gleich zu Beginn mit den Ingenieuren von Gammel in Verbindung gesetzt, da wir in vorangegangen Projekten bereits gute Erfahrungen mit deren Know-how gemacht haben“, berichtet Matthias Kiendlbacher, Niederlassungsleiter bei Goldsteig Käsereien Bayerwald. „Von Gammel kam dann auch die Idee, vorhandene Wärmequellen in der Nachbarschaft einzubinden.“ So wird eine benachbarte Papierfabrik vom Kraftwerk E.on/Bayernwerk Plattling bereits mit Dampf versorgt, der dort jedoch nicht vollständig verwertet wird.
Es bestand die Möglichkeit, den überschüssigen Dampf abzuzweigen, direkt zur Molkerei über teils in der Erde, teils oberirdisch auf Sleepern verlegte Fernwärme-Leitungen zu transportieren und dort schließlich Heizwasser für die Produktion zu erzeugen. Goldsteig überzeugte dieser Ansatz, und die Energiepartnerschaft wurde schließlich umgesetzt.
„Auf diese Weise profitieren alle Beteiligten von der Vernetzung, da keine Wärmeenergie in Form von Dampf verloren geht oder aufwendig über Bilanzkühler vernichtet werden muss“, erläutert Thomas Zweier, zuständiger Projektleiter bei Gammel Engineering.
Rohrlegung bei schwieriger Einbausituation
Das Projekt bestand aus insgesamt vier Bauabschnitten, wobei die Kommunikation zwischen den Parteien ausschlaggebend für den Erfolg war, da unter anderem die unterschiedlichen Geländesituationen und Zufahrtswege bei den einzelnen Partnern berücksichtigt werden mussten. In einem ersten Schritt musste ein oberirdischer Dampfanschluss bei der Papierfabrik hergestellt werden, der anschließend wiederum mit der in einem zweiten Schritt verlegten Fernwärmeleitung zur Käserei Goldsteig verbunden wurde.
„Die größte Herausforderung dabei war der Trassenverlauf entlang eines Feldwegs mit anliegenden Grundstücken eines Landwirts“, berichtet Zweier. „Zwar konnten wir eine Zustimmung zum Verlegen der Fernleitung aushandeln, jedoch durften wir dabei die Felder nicht als Baufläche nutzen.“
Zudem verliefen unter dem Feldweg bereits andere Leitungen, sodass Gammel mit besonderem Ingenieurgeschick ans Werk gehen musste: Da für einen guten Abtransport des Dampfs eine gerade Leitung erforderlich war, mussten die vorhandenen Gas- und Wasserleitungen auf engstem Raum umgelegt werden. Hierfür wurden die beiden Leitungen circa 1,5 m seitlich verschoben, um Platz zu schaffen für eine Dampfleitung in Sägezahnausführung zur optimalen Entwässerung der zwei gegenläufigen Kondensatleitungen.
Verluste kompensieren
Neben diesen bauseitigen Herausforderungen musste bei der Planung auch der Druckverlust in der Ferndampfleitung berücksichtigt werden. Während der Überdruck in der Papierfabrik 3,2 bar betrug, standen bei Goldsteig nur noch 2,5 bar zur Verfügung. Da ein geringerer Dampfdruck auch weniger Heizleistung und somit weniger Kondensat bedeutet hätte, musste dieser Verlust kompensiert werden.
„Wir haben uns hier für eine zweigleisige Taktik entschieden“, erklärt Zweier. „Zum einen wurde ein Wärmetauscher mit einer besonders großen Tauscherfläche installiert, um einen besseren Wärmeübergang fast ohne Druckverlust zu erzielen. Zum anderen ist das Erdrohr mit Mineralfaser und Polyurethanschaum doppelt gedämmt, wodurch der Wärmeverlust an das Erdreich minimiert wird.“
Zudem ist das Mantelrohr schlag- und bruchfest sowie resistent gegen im Untergrund vorkommende chemische Verbindungen. Um dennoch eventuelle Leckagen frühzeitig erkennen zu können, sind Kontrolldrähte in die Dämmschicht eingearbeitet, deren Signal kontinuierlich überwacht wird.
Dampf prozesstauglich machen
Schließlich wurden in einem dritten und vierten Bauabschnitt die Versorgung auf dem Goldsteiggelände sowie die Technikzentrale umgesetzt, sodass der Dampf auf dem Molkereigelände sicher zum Reindampferzeuger beziehungsweise zum Heizkondensator im Untergeschoss befördert werden konnte. Gammel projektierte auch die objektspezifische Mess-, Steuer- und Regeltechnik.
Der Dampf gelangt nun von der Fernwärmeleitung über eine Rohrbrücke zum Technikgebäude der Molkerei, wo er in Reindampf für Produktionsprozesse und 95 °C heißes Wasser zum Heizen umgewandelt wird. Dafür sorgen ein Reindampferzeuger mit einer Leistung von 500 kg/h und ein Heizkondensator. Dabei anfallendes Kondensat wird wiederum zur Papierfabrik zurückgefördert, um dort erneut als Speisewasser für die Dampferzeugung verwendet werden zu können.
So bleiben keine Wärme und kein Dampf ungenutzt. Der große Win-Win-Effekt dieser Dampfumformung soll sein, dass der Strom des Bayernwerks sozusagen zusatzvergütet wird, da die Restwärme nach der Turbine genutzt und dafür ein entsprechender KWK-Bonus gewährt wird.
Die Verantwortlichen der Käserei Goldsteig zeigten sich nach finaler Abnahme zufrieden mit dem Dampfumformungskonzept der Abensberger Ingenieure. „Anstatt in einen eigenen Heizkessel für die Wärmegenerierung zu investieren, der wiederum bis zu 30 Prozent höhere Emissionswerte und zusätzliche Abstrahlverluste bedeutet hätte, nehmen wir längere Leitungen in Kauf und nutzen die überschüssige Wärme der nahen Papierfabrik“, erklärt Kiendlbacher. „Dadurch können wir die benötigte Wärme günstiger erzeugen und zwischen den Beteiligten sind ein effizienter Wärmekreislauf und eine Energiepartnerschaft entstanden.“
Obwohl eine umfangreiche Abstimmung mit der Papierfabrik und Goldsteig notwendig war, konnte Gammel alle Anforderungen im zeitlich gegebenen Rahmen umsetzen. „Es war eine sehr konstruktive und kooperative Teamarbeit, mit einem Ergebnis, auf das wir alle stolz sind. Dieses Leuchtturmprojekt hat uns bei Gammel daher umso mehr Spaß gemacht“, resümiert Zweier.