In jedem Unternehmen gibt es Bereiche, in denen unverhältnismäßig viel Energie verbraucht wird. So auch am Konzernstandort von DMG Mori in Bielefeld. Der Hersteller von Werkzeugmaschinen verfolgt daher mit seinem „DMG Mori 15/30“-Projekt das Ziel, 30 Prozent der Energiekosten bis Ende 2015 einzusparen. Also hieß es zunächst, große Verbraucher aufzuspüren. Als Ausgangspunkt, um Effizienzmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, starteten die Berater der Gildemeister Energy Solutions mit einer detaillierten Analyse des Standorts mit Bestandsaufnahmen sowohl während als auch außerhalb der Produktions- und Arbeitszeiten. Damit verschafften sie sich ein umfassendes Bild der Gebäudesubstanz und der technischen Infrastruktur.
In ausführlichen Gesprächen mit den Verantwortlichen aus den Bereichen Produktion, Logistik, Facility Management und IT sowie durch Auswerten historischer Energieverbrauchsdaten ergab sich ein umfassendes Gesamtbild der Energiesituation aus technischer und organisatorischer Perspektive. Auf dieser Basis entwickelten die Energieberater einen individuellen Maßnahmenkatalog, der mit Gebäudehülle, Beleuchtung, Heizung, Raumklimatisierung und -lüftung, Druckluftsystemen, Fertigung, Rechenzentrum und Verwaltungsgebäuden alle Aspekte eines produzierenden Unternehmens abdeckt.
Hebel mit maximaler Wirkung
Als größte Hebel, Energie einzusparen, wurden – mit jeweils etwa einem Drittel des Gesamtstromverbrauchs des Standorts – die Hallenbeleuchtungssysteme sowie die Klimatisierungs- und Lüftungsanlagen identifiziert. Würden alle erarbeiteten Maßnahmen umgesetzt, könnte der Konzern Energiekosten von über einer Million Euro pro Jahr sparen, was mehr als 60 Prozent der gesamten Energiekosten am Standort entspricht. Durch das koordinierte, schrittweise Umsetzen der ermittelten Potenziale nach Maßgabe der Wirtschaftlichkeit wurden am Standort Bielefeld vor allem in der Klimatisierung und Lüftung, Beleuchtung, Fertigung und Verwaltung bisher jährliche Energiekosteneinsparungen im hohen sechsstelligen Bereich realisiert.
DMG Mori will nicht nur den Energieverbrauch reduzieren, sondern auch den lokalen Energieverbrauch mit erneuerbaren Energien abdecken. Hierzu wurde beispielsweise am Standort Bielefeld ein Solarpark mit einer Leistung von über 790 kWp installiert, der bis zu 15 Prozent der am Standort benötigten Energie bereitstellt. Am Konzernstandort in Winterthur sorgt eine Solaranlage für eine bilanzielle Autarkie des dortigen Bürogebäudes. Die 42 installierten solaren Nachführsysteme produzieren pro Jahr rund 330.000 kWh Strom – genug, um 100 Haushalte ein Jahr lang zu versorgen. Zusätzlich hat der Konzern eine E-Tankstelle errichtet, die vom internen E-Fuhrpark genutzt wird und externen Besitzern von Elektrofahrzeugen gratis zur Verfügung steht.
Weiterhin wurde ein Cellcube-Energiespeichersystem integriert, das ermöglicht, ein Elektrofahrzeug in unter 30 Minuten zu laden und dies täglich an 24 Stunden mit grünem Strom. Das Vanadium-Redox-Flow-Speichersystem Cellcube FB 200-400 verfügt über eine Leistung von 200 kW und eine Kapazität von 400 kWh. Es versorgt nicht nur die E-Tankstelle, sondern maximiert vor allem den Eigenverbrauch am Standort. Weiterhin wird der Speicher zum Absichern sensibler Bereiche genutzt, um Lastspitzen zu glätten oder für eine netzunabhängige Komplettlösung. Ist das Speichersystem in Winterthur mit 400 kWh voll geladen, wäre es in der Lage, 40 Haushalte 24 Stunden lang mit Energie zu versorgen, oder Elektroautos für eine Fahrleistung von rund 2800 km aufzuladen.
Intelligentes Monitoring-Konzept
Zur Überwachung aller Energieverbraucher und -erzeuger wird am Standort Winterthur das Energiemonitoring-System Gildemeister Energy Monitor eingesetzt. Mit den 50 installierten Messpunkten, die unter anderem die Büroräumlichkeiten, die Druckluftkompressoren für die Maschinen im Showroom, sowie die E-Ladestation und die Solaranlagen erfassen, werden sowohl die Energieerzeugung als auch der -verbrauch erfasst und kontinuierlich überwacht. Der Energieverantwortliche erhält von dem Monitoring-System automatisiert erzeugte Energieberichte, mit denen er die Messergebnisse standardisiert auswerten kann. Der beispielhaft abgebildete Lastgang in der Abbildung oben auf dieser Seite zeigt die Auswertung für den Gesamtstandort Winterthur: Die aus dem Netz bezogene Energie für den Standort ist in Blau dargestellt, die gelbe Kurve repräsentiert die lokale Stromproduktion des Energieparks. Die Lade- und Entladevorgänge des Speichersystems schließlich sind lila und die Ladungen an der E-Tankstelle orange dargestellt.
Aus der Auswertung wird ersichtlich, dass das Gebäude am 14. Juli zwischen 10 und 18 Uhr autark von den lokalen Erzeugungssystemen versorgt wurde. Zusätzlich zeigt die Grafik, dass über den Tag verteilt zwischen 7 und 23 Uhr die E-Tankstelle acht Mal genutzt wurde. Es wird deutlich, dass die Ladungen an der E-Tankstelle über das Cellcube-Speichersystem abgedeckt werden, was im Diagramm durch die Abhängigkeit zwischen der lila und der orangefarbigen Kurve ersichtlich ist. Das Zusammenspiel der Photovoltaikanlage mit dem Speicher ist ebenfalls erkennbar: Gegen 14 Uhr bricht die Stromerzeugung aufgrund einer kurzzeitigen Verschattung des Standorts durch Wolken ein, was zur Folge hat, dass die Beladung des Cellcube im gleichen Maß dynamisch zurückgenommen und der erzeugte Strom zur direkten Abdeckung des Bedarfs im Gebäude genutzt wird.
Der Gildemeister Energy Monitor überwacht und wertet Stromerzeugung und -verbrauch aus. Darüber hinaus schafft er auch die Datenbasis für ein unternehmensweites Energiemanagement und -controlling. Im Rahmen des Effizienzkonzepts des Konzerns DMG Mori wird an vielen Standorten weltweit das Monitoring-System eingeführt, um die Gesamtenergiekosten des Konzerns im Blick zu behalten.