Da heutzutage mehr als 40 Prozent der weltweit genutzten Energie als Abwärme verpufft, ist die Entdeckung neuer und verbesserter thermoelektrischer Materialien von entscheidender Bedeutung, um wachsenden Herausforderungen des Klimawandels entgegenzuwirken. Eine Möglichkeit, die thermoelektrische Effizienz eines Materials zu erhöhen, besteht darin, seine Wärmeleitfähigkeit zu reduzieren und somit das für den thermoelektrischen Effekt benötigte Temperaturgefälle aufrechtzuerhalten.
Da aber sowohl die experimentelle als auch die rechnerische Bestimmung des Wärmedurchsatzkoeffizienten (κ) kosten- und arbeitsintensiv ist, beschränkten sich bisherige Untersuchungen von κ auf nur eine verschwindend kleine Auswahl von Materialien. Mit dem von den Nomad-Forschern entwickelten KI-Ansatz lassen sich Materialien hierarchisch aussortieren, so dass die Kosten reduziert beziehungsweise bei gleichbleibenden Aufwand viel mehr Materialien untersucht werden können.
KI-Methoden beschleunigen die Materialsuche
Die kürzlich veröffentlichte Arbeit schlägt eine neue Methode vor, wie sich mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) die Suche nach neuen Materialien automatisieren und gezielt steuern lassen kann. Dabei werden Materialien nicht, wie sonst üblich, anhand von physikalischer oder chemischer Intuition du bekannten oder vermuteten Trends ausgewählt oder aussortiert.
Stattdessen nutzt das neue Verfahren fortschrittliche KI-Methoden, um aus vorhandenen Daten die Bedingungen zu lernen, die zum gewünschten Ergebnis führen. Diese Arbeit hat daher das Potenzial, die Suche nach neuen Materialien mithilfe von quantitativen Vorhersagen zu beschleunigen. Der erste Schritt bei diesem neuartigen Ansatz besteht darin, fortgeschrittene statistische KI-Methoden zu verwenden, um die gewünschte Eigenschaft – in diesem Fall κ – zu modellieren.
Zu diesem Zweck wird die „Sure-Independence Screening and Sparsifying Operator“ (Sisso) Methode verwendet, die die grundlegenden Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Materialeigenschaften aus einer Vielzahl möglicher Zusammenhänge enthüllt. Dabei ist dieser Ansatz im Vergleich zu anderen „Black-Box“ KI-Modellen ähnlich genau, liefert aber zusätzlich noch analytische Beziehungen zwischen verschiedenen Materialeigenschaften.
Dies ermöglicht es dann auch, mit modernen mathematischen Metriken herauszufinden, welche Materialeigenschaften unter welchen Umständen für welche Zieleigenschaft am einflussreichsten sind. Im Fall von κ sind dies das molare Volumen (Vm), die Debye-Temperatur im Hochtemperaturgrenzwert (θD,∞) und die Anharmonizitätsmetrik (σA).
Effiziente Suche nach Wärmeisolatoren mit statistischer Analyse
Darüber hinaus ermöglicht die beschriebene statistische Analyse, Regeln für die einzelnen Merkmale zu bestimmen, die es erlauben, a priori abzuschätzen, ob ein Material überhaupt ein Wärmeisolator sein kann. Auf diese Weise lassen sich dann hierarchische Entscheidungspyramiden erstellen, mit denen sich die Suche nach neuen Wärmeisolatoren effizient gestalten lässt, wie in Abbildung 2 gezeigt wird.
Dabei werden in jedem Schritt die benötigten Materialeigenschaften mithilfe von modernsten und genauesten Methoden der Elektronenstrukturtheorie berechnet. Basierend auf den im jeweiligen Schritt berechneten Eigenschaften, werden dann auch Materialien ausgesiebt, bei denen es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie gute Isolatoren sind.
Damit kann die Anzahl der Berechnungen, die benötigt werden, um Wärmeisolatoren zu finden, um mehr als zwei Größenordnungen reduziert werden. In diesem Fall konnten zum Beispiel 96 Wärmeisolatoren (κ < 10 Wm-1K-1) aus einem anfänglichen Satz von 732 Materialien gefunden werden. Für vier dieser Vorhersagen wurde anschließend eine hochakkurate Methode angewendet, um κ zu berechnen und die Zuverlässigkeit dieses Ansatzes zu demonstrieren.