„Die bisherige Netzentwicklungsplanung hat sich als zukunftssicher erwiesen. Wir halten alle Vorhaben des Bundesbedarfsplans weiterhin für erforderlich. Diese müssen zügig realisiert werden, damit die Umsetzung der Energiewende bewältigt werden kann“, erklärt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Er ergänzt: „Das Ziel der Bundesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen, wurde erstmalig dem Netzentwicklungsplan 2019-2030 zu Grunde gelegt. Zugleich haben wir die langfristigen Effekte eines Kohleausstiegs im Hinblick darauf berücksichtigt, ob sich die Netzausbaumaßnahmen auch nach einem vollständigen Kohleausstieg bis 2038 als energiewirtschaftlich notwendig herausstellen“.
Bedarf an neuen Stromleitungen
Der Netzentwicklungsplan Strom 2019-2030 umfasst im Vergleich zum geltenden Bundesbedarfsplan knapp 3.600 zusätzliche Trassenkilometer, von denen der Großteil als Verstärkung bereits bestehender Verbindungen geplant ist. Trotz der Berücksichtigung von Netzoptimierungsmaßnahmen wie dem sogenannten Freileitungsmonitoring und innovativer Technikansätze ist ein zusätzlicher Netzausbau erforderlich, um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Hierfür legt der Netzentwicklungsplan 2019-2030 die Grundlage.
Von den Übertragungsnetzbetreibern erstmals vorgeschlagen und von der Bundesnetzagentur bestätigt wurden Netzbetriebsmittel wie die Pilotanlagen für einen sogenannten Netzbooster. Dabei handelt es sich um reaktive Betriebsführungsansätze, die eine kurzfristige Überlastung des Netzes im Fehlerfall zulassen und somit die Transportkapazität im Netz erhöhen. Die Einhaltung der Netzsicherheit erfolgt dabei reaktiv und sehr schnell durch das Abschalten steuerbarer Erzeugungsanlagen beziehungsweise Zuschalten steuerbarer Verbrauchseinrichtungen vor einem Netzengpass sowie durch die Einspeisung von Strom durch entsprechend aktivierbare Batterien hinter dem Engpass.
Neue Maßnahmen
Die Bundesnetzagentur bestätigt 74 neue Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind unabhängig von zukünftigen Weichenstellungen in jedem Falle notwendig und nachhaltig. So ist bis 2030 ein zusätzlicher Höchstspannungs-Gleichstromübertragung-Korridor zwischen Schleswig-Holstein über Niedersachsen nach Nordrhein-Westfalen zu errichten, insbesondere auch um den zusätzlichen auf See und in Norddeutschland erzeugten Strom aus Windenergie zu den südlicher gelegenen Verbrauchszentren zu transportieren, wo Bedarf besteht.
Der NEP 2019-2030 beinhaltet erstmalig die Planung der Offshore-Anbindungssysteme und ersetzt insoweit den bisherigen Offshore-Netzentwicklungsplan (O-NEP). Dabei legt er die Festlegungen des Flächenentwicklungsplans (FEP) zugrunde. Der NEP ermittelt nach den Vorgaben des FEP die erforderlichen Offshore-Anbindungssysteme einschließlich der jeweiligen Inbetriebnahmejahre und landseitigen Netzverknüpfungspunkten.
Für die Anbindung von Offshore-Windparks werden je nach Szenario zwischen sieben und acht weitere Anbindungssysteme in Nord- und Ostsee bis zum Jahr 2030 als erforderlich bestätigt. Das Ziel bis zum Jahr 2030 Offshore-Windparks von 20 GW anzubinden wird damit ermöglicht.
Ausstiegspfad aus der Kohleverstromung berücksichtigt
Der Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ vom 26.01.2019 ist im aktuellen NEP insoweit berücksichtigt, dass das Szenario C 2030 den Ausstiegspfad aus der Kohleverstromung bis zum Zieljahr 2030 abbildet. Um auch den langfristigen Effekt des vollständigen Kohleausstiegs zu berücksichtigen, hat die Bundesnetzagentur ein zusätzliches Szenario C 2038 für die Prüfung verwendet, welches über die Szenarien des Szenariorahmens hinausgeht und in dem alle deutschen Kohlekraftwerke stillgelegt sind.
Der Bedarfsermittlung und der Erstellung des Umweltberichts ging eine zehnwöchige Beteiligung der Öffentlichkeit voraus. Im Rahmen dieser Konsultation erhielt die Bundesnetzagentur über 800 Stellungnahmen. Sämtliche Stellungnahmen wurden inhaltlich erfasst, ausgewertet und die Argumente auf ihre Bedeutung für die Entscheidungsfindung geprüft. Die Bundesnetzagentur begleitete die Konsultation zudem mit mehreren Informationsveranstaltungen in ganz Deutschland.
Netzentwicklungsplan und Bundesbedarfsplan
Bestätigte Netzentwicklungspläne können nach dem Energiewirtschaftsgesetz als Entwurf eines Bundesbedarfsplans dienen. Mit Erlass des Bundesbedarfsplans stellt der Gesetzgeber für die darin enthaltenen Vorhaben die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf verbindlich fest.