Der Ausbau erneuerbarer Energien bringt das deutsche Stromnetz zunehmend an seine Grenzen. Insbesondere in Norddeutschland werden große Mengen an Windstrom eingespeist. Zu Spitzenzeiten oftmals auch mehr, als über Stromleitungen in den Süden und Westen des Landes transportiert werden kann, wo viele große Verbraucher sitzen. Experten des Jülich Supercomputing Centre (JSC) haben nun gemeinsam mit dem Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO ein spezielles Computersystem entwickelt. Dieses soll dazu beitragen, das Stromnetz an die gestiegenen Anforderungen, durch die Energiewende, anzupassen. Der Netzbetreiber nutzt für den Ausbau Computersimulationen der Lastflüsse im Stromnetz, die sich mit dem neuen System um das 30-fache beschleunigen lassen.
Zahlreiche Berechnungen parallel ausführen
Das Jülich Supercomputing Centre (JSC) hat in der dreijährigen Kooperation mit TenneT ein hybrides Rechnersystem entwickelt. Das sogenannte: „Smart Performance Cluster“, ist speziell auf die vom Unternehmen eingesetzten Anwendungen zugeschnitten und stellt Ressourcen für Windows- und Linux-Software unter einer Oberfläche bereit. Das System ermöglicht es, zahlreiche Berechnungen parallel auszuführen. Dadurch bleibt mehr Zeit, die Berechnungsergebnisse in weiteren Dimensionen zu analysieren und neue Erkenntnisse zu erhalten.
Netzstabilisierung kostete 2017 rund 1,4 Milliarden Euro
Der Netzbetreiber setzt umfangreiche Simulationswerkzeuge ein, um den Bau und die Dimensionierung neuer Stromleitungen zu planen. Zur Stabilisierung des Netzbetriebs ist es wegen Netzengpässen immer wieder notwendig, dass Kraftwerke, Windräder und Photovoltaik-Anlagen zeitweise leistungsbegrenzt werden müssen. Die Abregelung erneuerbarer Energien erfolgt dabei nur im Notfall, als letzte Maßnahme, bei andauernder Überlastung. Dennoch nahm die Menge an Ökostrom, in erster Linie aus der Windkraft, die durch das sogenannte Einspeisemanagement verloren geht, in den letzten Jahren rapide zu. Im Rekordjahr 2017 entsprach sie in etwa 5 Prozent des gesamten erzeugten Windstroms.
Deutschlandweit entstanden für die Netzstabilisierung im Jahr 2017 Kosten von rund 1,4 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich um zusätzliche Aufwendungen, die sich nach Aussagen der Bundesnetzagentur langfristig nur durch einen Netzausbau senken lassen. Für die Anpassung und Auslegung neuer Leitungen strebt TenneT eine Simulation und Optimierung der Lastflüsse im gesamten Netz über ein ganzes Jahr hinweg an. Mit der bisherigen Technik wäre die dazu notwendige, massive Steigerung der Rechenleistung allerdings nicht zu realisieren gewesen. Das liegt auch an der Komplexität des deutschen Energiesystems, die im Zuge der Energiewende gestiegen ist.
Simulationen beschleunigen
Experten des JSC konnten nun im Rahmen einer Auftragsarbeit für die TenneT TSO GmbH ihre Kenntnisse im Bereich des High Performance Computing (HPC) einbringen und ein System entwickeln, das sich der Problemstellung annimmt. Gemeinsam mit einem IT-Dienstleister und Entwicklern der Simulationssoftware haben sie die TenneT-Anwendungen für die parallele Bearbeitung durch eine Vielzahl von Prozessoren angepasst und einen Parallelrechner mit intelligenter Ressourcenverwaltung auf die Anforderungen des Bayreuther Unternehmens abgestimmt, mit dem sich die Simulationen und weitere Anwendungen signifikant beschleunigen lassen.