Storage & Batteries Der optimale Range Extender

Range Extender: Kleiner Motor, große Batterie

Bild: Bosch
04.08.2014

Auf die CO2-Emission eines Elektrofahrzeugs mit Range Extender hat die Größe der Batterie entscheidenden Einfluss. Der Einsatz moderner Berechnungswerkzeuge erlaubt es, die Batteriegröße unter Kosten-Nutzen-Aspekten zu optimieren.

Die Automobilhersteller präsentieren derzeit eine Vielzahl unterschiedlicher Hybridantriebe. Dabei wird deutlich, dass jedes Konzept spezifische Vor- und Nachteile aufweist. Da die Batteriekosten mit steigendem Energieinhalt stark ansteigen, werden aktuell nur Akkus mit relativ geringer Kapazität in die Fahrzeuge eingebaut. Der Preisunterschied zu einem konven­tio­nell motorisierten Fahrzeug kann somit im Rahmen gehalten werden. Die sich verschärfenden CO2-Grenzwerte fördern die Entwicklung zu höheren elektrischen Reichweiten. Der Grund hierfür liegt in der Mischkalkulation zwischen elektrischem und hybridem Fahren zur Berechnung der CO2-Emis­sio­nen. Demnach bedeuten höhere elektrische Reichweiten auch geringere CO2-Emissionen. Diese sind wiederum nur mit größeren Batteriekapazitäten darstellbar. Um sie optimal zu nutzen, werden die Fahrzeuge zusätzlich mit einem Ladegerät für die Batterie ausgestattet (Plug-in-Hybridfahrzeug).

Geeignet für die Umsetzung eines Plug-in-Hybridfahrzeugs sind alle Topologien eines stark elektrifizierten Hybridantriebs, zum Beispiel Parallelhybrid sowie leistungsverzweigter oder straßengekoppelter Hybrid. Gemeinsam ist diesen Antriebsstrangkonfigurationen, dass sie aufgrund der Anordnung von Verbrennungs- und Elektromotor sowie Getriebe verhältnismäßig viel Bauraum im Fahrzeug benötigen. Aus diesem Grund sind Plug-in-Konzepte aktuell meist bei Fahrzeugen der Mittel- und Oberklasse zu finden, wie zum Beispiel beim Porsche Panamera S E-Hybrid. Für Fahrzeuge im Kleinwagensegment ist ein Antriebsstrang mit Range Extender (Rex) hingegen eine Alternative. Die räumliche Trennung von Verbrennungsmotor und elektrischem Traktionsantrieb ermöglicht eine sehr flexible Integration ins Fahrzeug. Außerdem hat nur der elektrische Trak­tionsantrieb eine mechanische Verbindung zur Fahrzeugachse, wodurch zusätzliche Freiheitsgrade bei der Positionierung des Verbrennungsmotors im Fahrzeug entstehen.

Die Leistung des elektrischen Trak­tions­antriebs wird beim Rex-Fahrzeug so gewählt, dass alle Fahrzustände rein elektrisch dargestellt werden können. Erst bei entladener Batterie wird der Traktions­antrieb durch den am Verbrennungsmotor angekoppelten Generator mit Energie versorgt und die Batterie wieder aufgeladen. Im Vergleich zu einem rein batterie­betriebenen Elektrofahrzeug kann beim Rex-Fahrzeug die Reichweite mit Hilfe des Verbrennungsmotors und des elek­trischen Generators erhöht werden. Somit können die Batteriekapazität und in Folge die Batteriekosten deutlich reduziert werden. Mehrkosten des Generators lassen sich somit überkompensieren.

CO2-Gesetzgebung

Einflussfaktoren auf die Festlegung der Batteriekapazität sind neben der geforderten elektrischen Reichweite auch weitere Randbedingungen, wie beispielsweise die CO2-Gesetz­gebung. In Europa gilt aktuell ein durchschnittliches Fahrzeugflottenziel für den Kohlendioxidausstoß von 130 g CO2/km. Ab 2020 wird diese Anforderung auf 95 g CO2/km verschärft. Anreize, besonders emissionsarme Fahrzeuge anzubieten, liefert das „Super Credits“-Programm, das für Fahrzeuge mit einem CO2-Ausstoß unter 50 g/km eine Mehrfachanrechnung ermöglicht.

Innerhalb der europäischen Union regelt die Vorschrift ECE-R 101, wie die CO2-Emissionen zu bestimmen sind. Die Messung besteht aus zwei Phasen: In der ersten Phase durchfährt das Fahrzeug nach einer Vorkonditionierung auf dem Rollenprüfstand den neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) mit maximal geladenem Energiespeicher. Falls die Batteriekapazität so groß ist, dass der Zyklus von etwa 11 km Länge rein elektrisch zurückgelegt werden kann, entstehen für diese erste Phase keine CO2-Emissionen. In der zweiten Phase wird nach einer weiteren Fahrzeugkonditionierung der Zyklus erneut durchfahren, allerdings mit einer entladenen Batterie. Bei einem Rex-Fahrzeug springt der Verbrennungsmotor sofort an, um die Batterie zu laden. Die CO2-Emissionen, die während der Phasen entstehen, werden gemessen und mit der elektrischen Reichweite gewichtet.

Außerhalb Europas gelten teilweise andere Grenzwerte und Messvorschriften. Daher wird seit einigen Jahren versucht, einen weltweit gültigen Standard zu entwickeln, die so genannte „World-Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure“ (WLTP). Der dazugehörige Fahrzyklus „Worldwide Harmonized Light-duty Driving Test Cycle“ (WLTC) basiert auf realen Fahrzyklen. Im Vergleich zum NEFZ weist der WLTC deutlich höhere Beschleunigungswerte sowie eine höhere Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeit auf, so dass sich für das Fahrzeug in der Regel höhere CO2-Emissionen im Fahrzyklus ergeben.

Neben dem Fahrzyklus wird in der WLTP auch eine geänderte Berechnungs­vorschrift zur Bestimmung der CO2-Emissionen aus den Messdaten vorgeschlagen. Dazu wird die Messung in die zwei Abschnitte Batterieentladung (Charge Depleting) und Ladungserhaltung (Charge Sustaining) unterteilt und entsprechend der verschiedenen Teilstrecken des Zyklus gewichtet und schließlich addiert. Mit der Verabschiedung der WLTP ist nicht vor 2017 zu rechnen (siehe RDE-Artikel S. 40). Bis dahin sind noch Änderungen möglich. Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse beruhen auf dem derzeitigen Stand des WLTP und sind deshalb als vorläufig zu betrachten.

Antriebsstrang und Betriebs­strategie

Das Rex-Konzept eignet sich besonders für Fahrzeuge im Kleinwagensegment: Neben dem geringen Bauraumbedarf und der Flexibilität in der Komponentenanordnung im Fahrzeug spricht auch die verhältnismäßig geringe Höchstgeschwindigkeit bei entladener Batterie und aktivem Generator dafür, Range Extender in dieser Fahrzeugklasse einzusetzen. Daher wird für die durchgeführte Simulation ein Fahrzeugleergewicht von etwa 1100 kg ohne Batterie zugrunde gelegt, vergleichbar dem Gewicht eines Fiat 500. Als Rex-Generator kommt ein Hubkolbenmotor mit einer Leistung von 35 kW mit einem dieser Leistung entsprechenden Elektromotor zum Einsatz. Der Traktionsantrieb verfügt über eine Leistung von 80 kW. Die Batteriekapazität variiert zwischen 2 und 20 kWh, um den Einfluss auf die CO2-Emissionen zu analysieren. Diese Auslegung ermöglicht lange Autobahnfahrten mit einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 140 km/h in der Ebene und eine Beschleunigung in etwa 10 s von 0 auf 100 km/h.

Die Betriebsstrategie, die unter anderem das Ein- und Ausschalten des Verbrennungsmotors und die Höhe der abgegebenen Leistung des Generators regelt, ist von einer Vielzahl von Parametern abhängig, die nur mit Hilfe leistungsstarker Simulationswerkzeuge optimiert werden können. Beispielhaft werden hier vier mögliche Varianten vorgestellt:

  • Leistung des Verbrennungsmotors ist proportional zur Fahrzeuggeschwindigkeit (Strategie A)

  • Leistung des Verbrennungsmotors ist proportional zum Entladezustand der Batterie (Strategie B)

  • Betrieb des Verbrennungsmotors ausschließlich im Arbeitspunkt mit maximaler Leistung (Strategie C)

  • Betrieb des Verbrennungsmotors nur im Arbeitspunkt mit maximalem Wirkungsgrad (Strategie D)

Bei allen vier Strategien ist das Ein- und Ausschalten des Verbrennungsmotors gekoppelt an feste Grenzen des Batterie­ladezustandes und als weitere Nebenbedingung an eine Fahrzeug-Mindestgeschwindigkeit. Darüber hinaus sind in der Strategie weitere Betriebssituationen berücksichtigt, wie zum Beispiel das Katalysatorheizen oder ein Notladen der Batterie, falls der Ladezustand einen kritischen Wert unterschreitet.

Ergebnisse der Simulation

Für das Simulationsfahrzeug wurden auf Basis der ECE-R 101 die jeweiligen CO2-Emissionen in Abhängigkeit unterschiedlicher Betriebsstrategien berechnet. Auffällig ist der große Einfluss der Batteriekapazität: Entsprechend der Berechnungsvorschrift in der ECE-R 101 ergibt sich mit zunehmender Kapazität der Batterie eine hyperbelförmige Reduzierung der Emissionen. Der Einfluss der Betriebsstrategie auf die CO2-Emissionen liegt je nach Batteriekapazität zwischen sechs und neun Prozent. Erwartungsgemäß weist die Strategie D, bei der der Verbrennungsmotor ausschließlich in seinem Wirkungsgradmaximum betrieben wird, die geringsten CO2-Emissionen auf. Bereits eine Batteriekapazität von etwa 3,5 kWh genügt, um die Emissionen auf weniger als 50 g/km zu reduzieren und somit Super-Credits in Anspruch nehmen zu können.

Die CO2-Emissionen wurden für die „Betriebsstrategie A“ auch nach dem vorläufigen WLTP-Entwurf berechnet, um einen Ausblick auf zukünftige Emis­sions­werte zu erhalten. Im Vergleich zum NEFZ ist die benötigte Antriebsleistung beim WLTC höher, so dass sich bei gegebener Batteriekapazität eine geringere elektrische Reichweite ergibt. Folglich ergeben sich höhere CO2-Emissionen, wenn statt des NEFZ der WLTC durchfahren wird. Der Unterschied beträgt für das simulierte Fahrzeug für eine Batteriekapazität von 2 kWh fast 40 Prozent. Eine Umstellung der CO2-Emissionsvorschriften von der ECE-R 101 zur WLTP hätte für das simulierte Beispielfahrzeug somit eine Erhöhung der Batteriekapazität von etwa 3,5 auf 5,6 kWh zur Folge, wenn eine Mehrfachzählung für den Flottenverbrauch erreicht werden soll. Mit größeren Batteriekapazitäten gleichen sich die Werte aber an. Dadurch ergeben sich für eine Batteriekapazität von 20 kWh CO2-Emissionswerte von etwa 18 g/km, unabhängig davon, ob die Ermittlung nach ECE-R 101 oder WLTP erfolgt.

Fazit

Im Vergleich zu batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen kann die Batterie­kapazität bei Fahrzeugen mit einem Verbrennungsmotor als Range Extender bei gleichzeitig hohem Alltagsnutzen deutlich reduziert werden. Die zusätzlichen Kosten für den Verbrennungsmotor und den Generator lassen sich somit überkompensieren. Leistungsfähige Simula­tions­werkzeuge wie sie zum Beispiel Bosch Engineering entwickelt hat, ermöglichen die Optimierung der Fahrzeugauslegung und der Betriebsstrategie, so dass die Anforderungen hinsichtlich Fahrperformance und CO2-Emissionen in der Fahrzeugentwicklung erreicht werden können.

Weitere Informationen

[1] Regelung Nr. 101 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE)

[2] UNECE: Proposal for a new UN Global Technical Regulation on Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedures (WLTP)

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